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Der Staat, der es besser wisse – Zwischen Mündigkeit und dem BER

Berlin – Schönefeld.

Lütke Daldrup ist der Mann mit der bunten Krawatte. Zwischen roten Helmen und gelben Westen huscht dieser, der wie eine Melange aus einem jüngeren Woody Allan und einem jung gebliebenen Bill Gates daherkommt, nach vorne zu den Mikrofonen.

Es ist Richtfest für das Terminal 2 des wiederum vermaledeiten BER. Und Herr Daldrup ist der erste Flughafenchef ohne Flughafen. 11581 Fehler finden sich auf der aktuellen Mängelliste des Tüvs. Für die Prüfer sicher ein Umsatzorgasmus sondergleichen. Für den Staat, für das Land, für Deutschland ist dieses betongewordene Desaster eben dieses: Desaströs.

Ich mag mich gar nicht beteiligen am ewigen Berlinbashing. Jeder weiß: Berlin ist unregierbar. Eine „Failed City“. Was für den Anarchisten in mir irgendwie beruhigend ist, würde an dem Tag enden, an dem ich in Mitten Linksradikaler stehe und zusehe, wie die Polizei nichts tut. Arm, aber sexy gilt vor allem für Linksbesaitete, für die Grünbürgerlichen, die längst die sexy Stadtteile mit ihren Bio-Vegan Wahnsinn sterilisiert haben, wo jeder Urberliner nur so kotzt.

Grünenwähler fliegen im Gegensatz zu anderen zwar am häufigsten, dafür haben sie aber auch ein mega schlechtes Gewissen. Das ist wie fremdgehen und anschließend dem Partner vorheulen, wie scheiße man sich dabei gefühlt hat. Ich saufe ne Kiste Warsteiner und denke dabei unentwegt an den Regenwald. Ich fahre mit dem SUV zum Bäcker, höre aber dabei Bono. Läuft.

Was Grünbesaitete und Linksbewegte gemeinsam haben, im Übrigen auch viele Rechte – Stichwort Hufeisentheorie – ist ein fast schon kindliches Vertrauen in den Staat. Diese Einstellung ist zutiefst reaktionär, weil jeder Fortschritt jenseits des Staates, dezentrale Lösungen, individuelle Lösungen als Teufelszeug gesehen werden. So muss der Wohungsbau staatlich geregelt und organisiert sein. Die Bahn muss ein irres Staatsgebilde bleiben, das ineffektiv ist und langsam, aber sicher verrottet. Freien Menschen mit freien Entscheidung, die für ihre Taten haften, wird dies nicht zugetraut.

Stattdessen muss das alles, Flughafen, Wohnungen, Netzausbau, Autobahnen wie selbstverständlich der Staat erledigen, sprich Politiker, die eben nicht, wie Nikolaus Taleb sagt, skin in the game sind. Kein Politiker haftet, keiner steht mit seiner Verantwortung in der Kreide. Und diesem Prinzip vertrauen Linke eher, als Individuen, an deren im Zweifel die Existenzen hängen? Erstaunlich. Dabei ist es doch so, dass moralisches Handeln nur dann stattfinden kann, wenn Menschen für dieses Verhandeln in die Verantwortung gezogen werden. Wer nichts riskiert, riskiert etwas von anderen. Irgendwas steht immer auf dem Spiel.

Ich denke über dieses Thema seit mehreren Monaten nach. Ich komme zu dem Ergebnis, dass der Staat in vielerlei Hinsicht ein tauber Dirigent ist. Ich unterstelle den allermeisten Politikern keinen bösen Willen oder gar Korruption. Die meisten meinen es gut. Dennoch bleiben Sie wie ein Uhrmacher der blind ist oder eben, wie ein Dirigent, der nichts hört. Sie erahnen, dass es irgendwo von irgendwem irgendwie ein Bedürfnis gibt. Und dann versuchen sie dies mit dieser dünnen Informationslage zu lösen. Wie ein Gärtner, der auf einer Wiese einen Baum stehen hat, den er gießen möchte und dafür den Rasensprenger nutzt.

Es ist unmöglich, ein Orchester ohne Gehör zu dirigieren. So wie dem Dirigent die Informationen, die Töne fehlen, so fehlen Politiker Informationen über die Bedürfnisse, was in sozialistischen Staaten zu Mangelversorgung, Inflation und in der EU zu Butterberge führte. Die Idee eines deutschlandweiten Zentralabitur ist da nur die Spitze des Eisbergs der Hybris. Denn gerade Wissen ist dezentral. Alle Schüler hier über einen Kamm zu scheren – unabhängig regionaler Prägung und Besonderheiten, ist ein Hilfeschrei zentralistischer Politiker oder, und das ist zweifelsohne schlimmer, der Versuch an mehr Macht zu gelangen. „Wehret den Anfängen“ krakeelen Linke gerne. Wie wäre es, die Anfänge sozialistischer Projekte, die stets ins Elend führten, zu bekämpfen? Das wären dann Straßenschlachten wie die Antifa, in diesen Zeiten ja als neue Gutmenschenbürgerwehr gefeiert, Enteignungen, Verstaatlichungen. Das waren immer die Anfänge des sozialistischen Übels.

Die privaten Investoren haben übrigens beim BER ihren Teil der Gebäude längst fertig gestellt. Hotels stehen leer und laut den Mythen der Berliner soll es einen Hausmeister geben, der nach Plan in die Zimmer der Hotels geht, um die Wasserhähne eine Weile aufzudrehen, damit die Leitungen nicht einrosten. Wenn es ein Symbol gegen staatlichen Interventionismus gibt, dann ist es der BER. Dieses Urvertrauen in den Staat kann ich mir neben dem erwähnen reaktionären Denken auch durch etwas anderes versuchen, zu erklären: Mangelndes Vertrauen in sich und in die Menschen.

Man traut es dem Menschen schlicht nicht zu, richtige Entscheidungen zu treffen. Also muss der Staat ran, der zwar ebenfalls aus diesen insuffizienten Menschen besteht, aber dennoch die Bedürfnisse von oben befriedigen soll. So lange die Parole stimmt, so lange die Ideologie passt, werden sie schon die korrekten Entscheidungen treffen. Bis dann der ewig zitierte „Neue Mensch“ erschaffen worden ist. Da der Alte es nicht mehr bringt, wird durch Erziehung, Nudging, durch Befehl und Gehorsam der Bessermensch kreiert. Ich glaube, die Sache funktioniert so nicht und ist ziemlich entmündigend.

Die einfachste Definition von Liberalismus ist schlicht: „Ich weiß nicht, was für den Menschen das Beste ist.“ Aufgabe der Politiker soll sein, neben für Sicherheit zu sorgen, eben diese Entscheidungsfähigkeit der Individuen zu fördern.

Und wenn die Politik nicht in der Lage ist, einen Flughafen zu bauen, dann sollen es eben freie Menschen tun.