Er war der Stachel in seinem Fleisch, er war der Napoleon des Verbrechens und dem Verstand von Holmes durchaus ebenbürtig. Am 4. Mai 1891 ließ Sir Conan Arthur Doyle den Professor Moriarty in die Schlucht des Reichenbachfalls stürzen. Ursprünglich sollte auch der Meisterdetektiv verenden, aber die Fans protestierten ob des Endes der Serie, sodass der Autor den Ermittler in „das leere Haus“ wieder ins fiktive Leben zurückholte.
Obwohl Moriarty in Holmes Geist omnipräsent ist, tritt er in nur einer einzigen Erzählung in Erscheinung. Weder sein Gefährte Watson, noch Inspektor Lestrade glaubten an die Gefahr, die von ihm ausgeht. Gerade der Polizist kritisierte häufig Sherlocks vermeintliche Obsession für den Professor. Am Ende sollte er recht behalten, denn, zumindest für einige Jahre, verschwand Holmes in der Folge „das letzte Problem“.
Doyle beschreibt Lestrade als durchschnittlichen britischen Beamten: Überschaubar intelligent, träge und bequem. Im Oberstübchen mit eher wenig Fantasie ausgestattet, dafür Befehl und Gehorsam in jeder Handlung implementiert. Dem Inspektor konnte aufgrund seines Wesens gar nicht auffallen, wie gefährlich Moriarty war. Was nicht sein kann, existiert nicht. So ein kultivierter und gebildeter Mann kann gar kein Mafiabosss sein. Niemals. Er doch nicht.
In diesen Tagen erlebe ich eine ebenso tragische Verharmlosung. Es ist grotesk und im Gegensatz zu den Geschichten von Doyle nicht fiktiv, sondern echt. Während Leipzig seit Monaten immer wieder brennt und von Anschlägen heimgesucht wird, sehen Herrschaften links der Mitte kein Problem. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die von mir geschätzte Sahra Wagenknecht formuliert das so: „Die Gewalttäter sind keine Linken, sondern Straftäter“. Damit wäre das geklärt. Linke können gar nicht kriminell sein. Ansonsten sind es ja keine Linken, sondern Straftäter. Logisch, oder?
Überall schweigen. Während Ralf Stegner, intern als „everbodys Gesichtskrise“ bekannt, der das Leiden der SPD wie Ausdruckstanz in seiner Mimik trägt, während der Stegner richtigerweise Rechte Gewalt verurteilt, schweigt er zu Leipzig. Anette Kahane, einst begeisterte Stasiagentin und nun offizielle Mitarbeiterin: Stille. Herbert Grönemeyer, den mal schon mal mit Goebbels verwechseln kann: nix. Feine Sahne Fischfilet, Campino, Smudo und wie die ganzen ganz Guten heißen, alle schweigen. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich würde das heuchlerisch nennen, mindestens aber moralisch flexibel.
Dabei sind die Delikte außerordentlich. Eine Baustelle wird angezündet, es entsteht ein Schaden zwischen 10 und 20 Millionen Euro. Bei einer Mitarbeiterin einer Immobilienfirma wird eingebrochen, sie wird geschlagen. Ein Bauunternehmer und seine Familie werden mit dem Tode bedroht und leben nun unter Polizeischutz. Angela Merkel erhält eine Briefbombe. Von den zahllosen brennenden Autos, inzwischen fester Bestandteil linker Artikulation, rede ich gar nicht. Das ist Terror, nichts anderes. Und nach diesen ganzen Taten stellen sich allen Ernstes Linke und Grünen Politiker hin und kritisieren, dass die Polizei eine Sonderkommission ins Leben ruft. How dare you! Warum wird man Politiker, wenn einem das Wohl der Bevölkerung am Hintn (Jiddisch, das Gesäß) vorbei geht?
Doch die Lestrades links der Mitte sehen ihr Schweigen und Relarivieren als Selbstschutz. Denn wenn sie den Linksextremismus verurteilen, müssten sie, so glauben sie, ja sich selbst verurteilen. Denn zwar haben die Täter eine Spur übertrieben, hey, aber im Kern da haben sie recht! Gegen Mieten, gegen Nazis, für viel sozial, dafür sind wir. Im Kern sind das doch die Guten im Kampf gegen die Bösen. Im Holzschnitt ist alles möglich und beim Hobeln, da fallen Späne.
Ich weiß, was ich jetzt mache, ich, der „geistige Bandstifter“. Ich verstoße gegen das 11. Gebot: Du sollst nicht vergleichen. Nicht Extremismen, nicht das Dritte Reich. Das verbietet sich. Zum Selbstverständnis der Deutschen gehört es, dass die Nazizeit allgegenwärtig ist. Kein Tag ohne Hitler denken sich die Öffentlichen und pflanzen täglich Dokumentationen zu dem Thema ins Programm. Am Ende ist es für den Deutschen wohlig geklärt: Die Nazis waren Aliens, die 12 Jahre Deutschland in ihren Klauen hatten und dann vertrieben wurden. Das Opa Kurt und Oma Hans mitgemacht hatten, gilt bis heute als Betriebsunfall. Und so sehen sich die Deutschen mit Verve tote Juden in Konzentrationslager an und betreiben anschließend Israelkritik.
Und so ist die Neue Rechte auch außerirdisch und nicht etwa aus der Mitte der Gesellschaft entwachsen. Entsprechend hat man sie zu bekämpfen, mit allen Mittel. Ein wesentliches Mittel sind Linksextreme, wie der Deutschlandfunk in einem intellektuell abenteuerlichen Beitrag festgestellt hat. Und da „gegen rechts“ nie schlecht sein kann und Linke auch keine Straftäter sein können, legen nicht wenige Menschen ihre schützende Hand vor die Linksprotestler. Dabei ist die Methodik von Antifa und Konsortien ja durchaus bekannt. Die Sturmabteilung (S.A.) war zur Weimarer Zeiten eine paramilitärische Bande der NSDAP, die Versammlungen vor Gruppen politischer Gegner mit Gewalt abschirmte und gegnerische Veranstaltungen blockierten.
Irgendwann sah sogar Lestrade ein, dass Professor Moriarty nicht der war, für den er ihn hielt. Vielleicht fällt eines Tages die Maske der Linksextremen und es löst sich der Zauber, es handle sich um edle Wilde, die zwar über das Ziel hinausschießen, aber im Kern an den richtigen Gott glauben und das Gute wollen.
Bis dahin lese oder höre ich Sherlock Holmes und „Das letzte Problem“.
2 Antworten auf „Das linke Problem – Die Mär von der Gewalt von Gut und Böse“
[…] folgt eine Antwort auf meinen Beitrag Das linke Problem – Die Mär von der Gewalt von Gut und Böse von Tobias […]
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[…] um die Linke, immerhin lange Jahre meine politische Heimat, schrieb ich in Das Linke Problem – Die Mär von der Gewalt von Gut und Böse, dass linke Gewalt in Deutschland systematisch klein geredet […]
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