Von Dominik Korthaus. Redaktion und Einleitung Julian Marius
Ich dachte ja, das ist so ein Wuppertal Ding, dass Politiker agieren, als wäre jede Woche Weihnachten und immer fehlen Kerzen auf dem Christbaum. Aber der Wahnsinn geht über die Stadtgrenze, bis nach Düsseldorf. Vielleicht liegt es am Rhein, an der Wupper, an Köln, oder an dem zeitweise arg merkwürdigen Dialekt. Egal, ob Engelstag oder nun die Geschichte eines netten, judenfeindlichen CDU Politiker: Nordrhein-Westfalen dreht hohl. Dass sich die FDP daran beteiligt, selbst mit Flugblatt Möllemann schwer antisemitisch vorbelastet, bleibt rätselhaft. Doch lesen Sie selbst.
Zugegebenermaßen, der 09. November liegt kalendarisch gesehen schon etwas zurück. Nicht minder aktuell sind jedoch die Aussagen des Landtagsabgeordneten Günther Bergmann (CDU), welche er in Gedenken an die Pogrome von 1938 in seiner Rede im Landtag von NRW verlautbaren ließ.
Wie gestern in einem Artikel im Blog der Republik bekannt wurde, lehnte die in einer Regierungskoalition mit der FDP beteiligten CDU einen Antrag der oppositionellen SPD mit dem Titel „Nie wieder! 9. November in der Erinnerung wachhalten“ mit der Begründung ab, dass die Angabe der Jahreszahl 1938 gefehlt hätte. Ohne die parlamentarischen Gepflogenheiten näher zu kennen, wenn der CDU das Jahr so wichtig gewesen wäre, hätte sie dann nicht einfach einen Änderungsantrag stellen können? Offenbar nicht – da wurde gleich der ganze Antrag abgelehnt. Doch es kommt noch besser.
In einer mehr als verunglückten Rede sprach der o.g. Abgeordnete davon, dass die Zahl der Juden im Deutschland des Jahres 1938 schon sehr stark durch Flucht gesunken sei. Und es hätten mehr sein können „wäre von den jüdischen Deutschen nur stärker gefühlt worden, dass sie früher gehen müssten.“
Wärt ihr doch mal eher abgehauen!
Man mag kaum glauben was er sagte. Die Juden seien also selber schuld daran im Holocaust umgebracht worden zu sein! Genug ist jedoch nicht genug. „Erst in den Jahren 1937, 1938 und 1939, als sie merkten, dass es keinen Ausweg mehr gab- auch nach Berlin- sind die Zahlen extrem angestiegen“ ergänzte er weiter.
Und da er sich in seiner Rede in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wohl zu fühlen scheint, folgt ferner eine Belehrung über die Machtergreifung Hitlers im Jahre 1933 die „de facto ja nur die Übernahme eines Regierungsauftrags durch den Reichspräsidenten in Form einer Koalitionsregierung“ gewesen- „leider wird es in unserer Wortwahl weiterhin als Machtergreifung stilisiert.“ Und „salopp gesagt“, so Bergmann, sei die Zahl der Juden damals „künstlich aufgeblasen“ gewesen.
Angesichts der Aussage im vorangegangenen Absatz gewinnt man den Eindruck, er sei Zeitreisender und hätte die Geschehnisse seinerzeit selbst beobachtet. Wie sonst kommt er zu der Annahme, dass die Zahl künstlich aufgeblasen gewesen sei?
Solche Reden sind es, welche in einschlägigen Foren mit frenetischem Jubel geteilt werden. Verorten würde man sie auch eigentlich dort. Doch es sind Aussagen eines Abgeordneten der CDU. Und bis heute ist weder von der CDU, noch von der FDP, der SPD oder den Grünen hierzu etwas zu hören.
Aufgefordert sind daher die Wuppertaler Landtagsabgeordneten der FDP und SPD sich innerhalb ihrer Fraktionen oder wünschenswerterweise sogar persönlich dafür einzusetzen, dass die Aussagen Bergmanns verurteilt werden. Ansonsten dürfte man sich zu gegebenen Anlässen fragen welches Gehalt hinter einem Engagement gegen Antisemitismus und Positionierung gegenüber der Jüdischen Gemeinde steckt, wenn man einen solchen Skandal, wie den im Landtag, spurlos an sich vorbeigehen lässt.
+++ UPDATE vom 22.11.2019 +++
In einem Artikel des Journalisten Christoph Ullrich vom 20.11.2019 (WDR) ist der Sachverhalt ebenfalls beschrieben worden. Demnach stellten die Regierungsfraktionen von CDU und FDP einen Entschließungsantrag bzgl. des von der SPD eingebrachten Antrages.
Im Artikel von Herrn Ullrich finden sich auch Links zu den Anträgen und dem Protokoll der Sitzung des Landtages, in welchem die Aussagen von Herrn Günther nachgelesen werden können.
Link: https://blog.wdr.de/landtagsblog/rede-und-reaktion-die-verunglueckten-cdu-worte-zum-9-november/
Der Artikel erschien zunächst auf Njuzz.de