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Der rechte Ekel – Wie der Terror in Hanau pervertiert wird

Man drückt schon mal ein Auge zu, wenn es den eigenen Verein betrifft. Ich kenn‘ das von mir und den Bayern. Was beim Fußball ein nebensächliches Ärgernis ist, weil es sich nur um eine Nebensache handelt, wird es bei der Politik ärgerlich. Und bei Terroranschlägen ekelhaft.

So wird dieser Tage ob des grausigen Anschlages in Hanau seziert, bis der Chirurg kommt. Der Täter sei ein Amokläufer gewesen, was die Sache natürlich um einiges besser macht. Auf keinen Fall war er ein Terrorist. Klar. Das können die Angehörigen sicherlich unterschreiben und bei der Beerdigung sagt dann der Bruder des einen Toten zur Mutter: „Stell dir mal vor, er wäre einem Terroranschlag zum Opfer gefallen. Da wäre er ja irgendwie ganz anders tot!“. Nicht.

Der Terrorismusexperte Peter Neumann sagt, dass der wohl psychische Probleme hatte, wie überraschend, aber er sich auch ganz klar dem rechten Spektrum gesehen hat und den Anschlag mit rechten Ideologien begründete. Leuchtgranaten wie Jörg Meuthen, dessen akademische Weihe den Wert eines durchschnittlichen Pennystocks inne hat oder Bjön aka Landolf Lanig Höcke springen genau auf diesen Zug und es ekelt mich nur noch an.

Die Taktik auf das Oberstübchen des Täter aus dem vermeintlich gleichen Lager zu setzen, wenn dieser mal wieder ausartete, ist nicht neu. Das kennt man von Anschlägen von Muslimen oder Linken. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Und der kleine Neonazi mit Waffe war dann halt psychisch krank und wusste nicht was er tat. Vielleicht war es ja wirklich so. Aber die gleichen würden das Argument beim nächsten islamischen Terroranschlag niemals durchgehen lassen. Je nach Einzelfall auch völlig zurecht. Nur dann bitte auf allen Seiten.

Eigentlich wundert mich, dass das bekannte Argument „ja aber im Straßenverkehr sterben viel mehr mehr Leute“ noch nicht gefallen ist. Das nutzen Leute mit besonderes hoher emphatischen Kompetenz, oder ohne Ironie, Menschen mit Herzen aus Holz.

Mit dem „es war ein Amoklauf“ Argument versucht AfD den Fall unpolitisch zu machen, damit keine ideologische Ähnlichkeiten aufkommen. Und es klingt auch erst mal formal richtig: In dem Manifest des Täters kommt das Wort AfD nicht vor. Dennoch bedienen Teile der AfD rechte Verschwörungstheorien, wie Umvolkung, Antisemitismus oder Antiamerikanismus, was auch in des Terroristen Pamphlets enthalten ist. Es ist gar nicht zu trennen: Extremismen funktionieren nur mit Verschwörung, da ein so starker kratischer Eingriff in das Individuum nur mit extrem krassen, unzumutbaren Zuständen gerechtfertigt werden könnte.

Richtig ist aber auch, dass die AfD nicht Hauptverantwortung trägt. Um Wahnsinnstaten bedarf es mehr, als Wahnsinnsworte. So trägt der unsägliche Elmar Brok auch keine Schuld, dass der Bundessprecher der Werteunion wegen Bedrohungen zurückgetreten ist, weil er seine Organisation mehrfach als „Krebsgeschwür“ bezeichnet hat, das „entfernt“ werden muss. Schrecklich war seine Aussage trotzdem.

Und so muss man über die ideologische Nähe von AfD zu rechten Terror reden, unbedingt sogar. Aber bitte ohne Schuldzuweisungen, wie es Ralf Stegner und viele andere tun. Die AfD hat nicht geschossen, sie war nicht Thema in den Gedanken des Täters. Der beste Kampf gegen die AfD ist „was wäre wenn“. Was passiert, wenn die AfD an die Macht kommt? Das ist wesentlich wirksamer als die Nazikeule, die, nebenbei bemerkt, die echten Nazis ziemlich weiss wäscht.

Gegen Terror hilft nicht reden oder Sozialarbeit, oder Umarmungen. Was wirklich wirksam ist und was Freiheitsrechte nicht über Gebühr einschränkt, weiß ich nicht. Was ich weiß, dass diese Vereinsmeierei zum kotzen ist. Bei den Bayern geht es noch, Fußball ist eine Nebensache. Aber politischen Extremismus, der Tote fordert, unterschiedlich zu behandeln, weil einem die eine Ideologie näher erscheint, ist problematisch. Für den Linken war die RAF notwendiges Übel, trotz vieler Tote. Manch ein Muslim stört sich nicht übermäßig ob Anschläge und für den Rechten war der Attentäter von Hanau ein psychisch gestörter.

Es ekelt nur noch. Ich hoffe, dass die Angehörigen irgendwie weiterleben können. Ich weiß von Erzählungen, wie in Nürnberg über Jahre ein ganzes Viertel wie gelähmt war, als in Franken das große Schlachten des NSU begann. Ich hoffe, es geht für sie weiter, an einem Punkt, an dem es kaum weitergehen kann.

Was eine Traurigkeit, was für ein Verbrechen.

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Flüchtlinge und Zeitarbeit – Über Wahrheit und Mythos

Der bekannte Spruch vom Valentins Karl, seines Zeichens Komödiant aus Oberbayern, wurde eigentlich schon zu Tode bemüht und hat sich damit selbst erfüllt. Doch, was soll’s, zu gut passt er. „Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem“. So. Meine Texte sind in aller Regel nicht das neu erfundene Rad. So exklusiv sind meine Gedanken dann doch nicht, auch wenn mich mein Umfeld das immer mal glauben lässt, wenn ich von ungläubigen Blicken begleitet meine Meinung mitteile. Doch das nur am Rande der Physik.

Interessant ist der wirklich exklusivere Blick, nämlich der persönliche. Mich gibt es ja nur einmal. Und so werden meine Texte von Zeit zu Zeit genau das, was ich früher kategorisch ausschloss: Persönlich. Auch wenn es zweihunderttausendmal den Artikel gibt, warum die inzwischen ins fünfte Jahr gehende Flüchtlingspolitik Merkels ein grober Fehler war und ist, so kann es nur einen einzigen Artikel aus meiner persönlichen Sicht, aus meinem beruflichen Umfeld geben. Richtig, den, den Sie gerade lesen. Mir geht es um ein Plädoyer für eine Branche, die besser ist als ihr Ruf, viel besser und die mehr Integrationsarbeit leistet, als es Teddywerfer je könnten.

Seit nun mehr zwei Jahren arbeite ich im Personalvertrieb, genauer gesagt bei einer Personaldienstleistung. Neben Direktvermittlungen bieten wir unseren Kunden auch die Möglichkeit der Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) an, was landläufig als Zeitarbeit bezeichnet wird. Da wir einige Firmen haben, die Produktionshelfer suchen, ist das Klientel zu rund 80% ausländisch, unter ihnen auch Migranten mit Flüchtlingsstatus. Neben Rumänen und Bulgaren gehören zu unseren Mitarbeitern vor allem Äthiopier und Iraner, vereinzelnd Afghanen und Syrer.

Die Herleitung vom Helferbereich zu Nichtdeutschen, die ich nonchalant unterstellte, ist real. Das Bildungs-, vor allem aber das Sprachniveau ist bei den meisten katastrophal. Jeder Mensch mit gesunden Menschenverstand wusste, dass die naive Vorstellung einiger Linken, es kämen Hirnchirurgen und Elektriker ins Land, wohlfeil war. Ich habe es hier jedoch mit den praktischen Fällen zu tun. Wenn eine aktuelle Studie sagt, dass 50% der sogenannten Flüchtlinge arbeiten, was heißt, dass 50% von mehr als 1 Millionen zu Hause sitzen, dann können Sie sich sicher sein, dass die allermeisten über AÜ beschäftigt sind.

Ich will Ihnen sagen, warum das so ist, indem ich einen durchschnittlichen Tag bei uns im Büro schildere. Wir sind relativ zentral und haben daher viele Walk In’s, sprich, Menschen, die ohne Termin zu uns kommen und sich bewerben möchten. Bei dem erwähnten Klientel gehört ist die Sprachbarriere zum festen Bestandteil des Bewerbungsprozesses. Manche sprechen kein Wort deutsch und haben einen Übersetzer dabei, einen Bekannten, der schlecht, aber immerhin etwas deutsch kann. Andere kommen ohne Begleitung und haben den „Dolmetscher“ am Handy, was die Sache nicht leichter macht. Und manche können weder lesen, noch schreiben.

Man stelle sich vor, diese Leute bewerben sich so direkt bei einem Unternehmen. Der Personaler hat weder die Zeit, noch die Kompetenz diese Leute einzustellen. Daher kommen sie zu uns. Wir erklären Ihnen, dass sie einen Lebenslauf brauchen, den sie zu einer Einstellung benötigen. Wir schicken ihn dann, je nach Bedarf, zum Gesundheitsamt, wenn er eine Belehrung für die Stelle braucht, was der Fall ist, wenn er in einem Betrieb eingesetzt wird, das Lebensmittel herstellt.

Kaum ein Unternehmen ist in der Lage, das zu stemmen. Das Risiko ist zu hoch, dass der Bewerber abspringt und die Zeit ist zu knapp, dieses Risiko bei einem Bedarf von 10 oder 20 oder 50 Helfern in Kauf zu nehmen. Deshalb entstanden Personaldienstleister, die diesen Service bieten. Und natürlich gibt es hier auch schwarze Schafe, wie überall, aber die Mehrheit macht einen guten Job. Das merken wir an den genannten Walk In‘s, die fast immer aufgrund von Empfehlungen kommen. Entweder Ex-Mitarbeiter oder aktuelle Mitarbeiter, die mit der Arbeit zufrieden waren, bzw sind.

Und damit bin ich bei einem Kernpunkt meines Anliegens, nach der Frage des „warum“. Warum tun wir das? Die Antwort ist einfach und wenig heroisch: Weil wir damit Geld verdienen. So wie der Bäcker die Brötchen backt, um sie zu verkaufen, bieten wir die Dienstleistung an, weil wir wachsen wollen. Ja. Und wenn ein Mitarbeiter einen Vorschuss will, dann wird er ihn bekommen, nicht weil wir die Caritas sind, sondern wir möchten, dass er weiter bei uns bleibt und uns weiterempfiehlt. Weil wir davon leben, dass er arbeitet und uns gut findet. Es ist vorgekommen, dass wir die Miete von Mitarbeitern direkt an den Vermieter überwiesen haben, weil dieser kurz vor der Räumungsklage stand und er dann auf der Straße leben müsste. Jedes Unternehmen muss auch seiner Verantwortung für die Belegschaft nachkommen, wie ich finde.

Das Gerede über die böse Zeitarbeit, die die Menschen ausbeutet, ist unsäglich, zumal diese Vorurteile von Leuten kommen, die sich nicht mit der Materie befasst haben. Maximal kennen sie „den einen Fall“, wo jemand vermeintlich ausgebeutet wurde. Die zahllosen anständigen Firmen schaffen es freilich nicht in die Nachrichten. AÜ ist wichtig, nicht nur als Antwort auf einen rigiden Kündigungsschutz, der Einstellung verhindert, sondern auch um eine notwendige Serviceleistung für Bewerber und Unternehmen anzubieten, ohne die es weniger Beschäftigung, also mehr Arbeitslosigkeit gäbe.

Hier empfehle ich den Blick in die Realität. Was ist besser? Ein Migrant, der Hartz IV empfängt, also auf Steuerzahlerkosten lebt, oder einer, der sich selbst finanziert, dabei vielleicht die Sprache besser lernt, übernommen wird, aufsteigen kann? Soziale Teilhabe heißt auch einer Beschäftigung nachzugehen. Ich kann Ihnen einige Fälle schildern, dass jemand für 10 Euro/h über AÜ begonnen hat zu arbeiten und heute unbefristet beim Kundenunternehmen angestellt ist. Als Linienführer, oder sogar Schichtleiter und bei beiden Positionen wesentlich mehr verdient. Das geht, wenn man will. Wir haben einen Kunden, der nach 9 Monaten gute Leute übernimmt, die dann 2400€ brutto im Monat verdienen. Als ungelernte Helfer wohlgemerkt.

Ein großes Problem ist und bleibt die Sprache. Wenn jemand nach fünf Jahren das schöne Deutsch nicht mal insoweit beherrscht, dass ich der Person den Weg zur Arbeit erklären kann, wenn Leute nach Jahren nicht wissen, wo das Rathaus in ihrer Heimatstadt ist, wenn sich diese Leute dann noch beschweren, zu wenig zu verdienen, obwohl sie keine nennenswerte Kompetenzen aufweisen können, läuft etwas schief. Ich bin der Meinung, dass Leute mit dieser Haltung nicht in Deutschland bleiben sollen, zumal dieses Klientel mit der Einstellung sowieso auf kurz oder lang auf Steuergeld leben werden. Wertvoller als Gold? Vielleicht, aber auf lange Sicht mindestens so teuer wie Gold.

Natürlich sind nicht alle so. Es gibt auch viele sehr gute Mitarbeiter, die gerne bei uns arbeiten. Die Frage ist schlicht, ob man es überhaupt so weit kommen lassen hätte sollen, dass so viele unqualifizierte Einwanderer, die nachweislich keine Flüchtlinge sind, im Land sind. Aber das werden Merkel und Konsortien mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn so weit vorhanden. „Jetzt sind sie nun mal da“, hat die Kanzlerin gesagt, eine Bankrotterklärung sondergleichen, die nichts als Gleichgültigkeit ausdrückt. Für mich bedeutet der Satz Berufsalltag. Doch ich bin auch kein Politiker.

Als letztes möchte ich auf die Ausweise der Flüchtlinge eingehen. Da auf wundersamerweise jeder, absolut jeder Äthiopier seinen Pass bei der Flucht aus ihrem bürgerkriegslosen Land verloren hat, bekommen sie eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Der Name ist Programm, denn um Fiction geht es. So sind die fast alle Äthiopier nicht nur erstaunlich jung geblieben, sie sind auch häufig am 1.1.1997 oder 1998 geboren. Die 2015 gerade noch 17 Jahre alten Migranten waren hier besonders geburtenstark und kraft deutscher Gesetzgebung unbegleitet, also besonders asylbedürftig. Ein Schelm, der Böses denkt.

Es ist häufig vorgekommen, dass bei meinen Schilderungen, welche Dienstleistung wir für Bewerber anbieten, der Staat angerufen wird. „Da muss es doch eine Behörde dafür geben“, denkt es im deutschen Michel. Und ja, es gibt tatsächlich die Agentur für Arbeit, die jedoch niemals hinreichend unsere Arbeit leisten könnte. Die Antwort habe ich bereits genannt: Es fehlt der Eigennutz. Sicher, es gibt motivierte Mitarbeiter im Amt, doch ihr Streben nach Erfolg wird in Behörden systematisch konterkariert, da eine Wirtschaftlichkeitsrechnung fehlt. Oder wie es Nicolaus Taleb schrieb: Sie sind nicht „Skin in the Game“. Sie können keine Verantwortung für ihr Handeln tragen, weil sie nichts riskieren. Wenn wir unseren Job nicht machen, sind wir pleite. Ich glaube ferner, dass ethisches Handeln nur dann erfolgen kann, wenn man für die Konsequenzen Verantwortung trägt.

Merkels präzedenzlose Flüchtlingspolitik hat den Arbeitsmarkt verändert. Die stete Erzählung von den Facharbeitern, die kommen, war ebenso falsch wie das Narrativ der demographischen Krise, die durch ungesteuerte Zuwanderung bewältigt würde. Nichts davon stimmt. Auf lange Sicht wird der Sozialstaat mit Migration von potentiellen Arbeitslosen nicht gerettet, sondern zerstört. Deutschland muss sich entscheiden: Sozialstaat oder offene Grenzen.

Arbeitnehmerüberlassung ist hier elementar und ohne Zeitarbeit müsste der Steuerzahler noch wesentlich mehr aufwenden. Das alleine müsste doch zu ein wenig Anerkennung, zumindest zu nicht vorurteilbeladene Gespräche führen. „Nix wissen, aber alles erklären können“, sagte der Nordrhein-westfälische Kabarretist Hanns Dieter Hüsch dazu.

Mit einem Oberbayer begann ich, ein Niederrheinländer schließt den Blog. Wenn das mal nicht rund ist.

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Die Freiheit im kleinsten Kreis

Es gibt Themen, über die schreibt es sich sehr leicht. Über die Verstrickungen in moralischen Widersprüchen der Linken, über das faschistoide am Islam oder die Bigotterie der katholischen Kirche. Es braucht nur einen Funken, ein Fauxpas eines Beteiligten oder eine Anregung von Jürgen und der Blog beginnt zu lodern.

Und dann gibt es Themen, da fällt es mir schwer, einen Beitrag zu verfassen. So war ich sprachlos bei der Aktion des Zentrums politischer Schönheit, als sie Björn Höcke das Holocaustdenkmal von Berlin vor die Haustür pflanzten und nicht minder fassungslos, als die selben Aktivisten in der Hauptstadt ein alternatives Denkmal, angeblich mit der Asche von Auschwitzopfer, errichteten.

Das Thema heute, was mich den Tag über beschäftigte, fällt eher in die zweite Kategorie, aber irgendwie anders. Weil es persönlich ist. Und da ich Persönliches weitestgehend aus meinem Schreiben heraushalte, ist das sozusagen eine Premiere. Naja. teilweise.

Es begann mit dem interessanten Politikschauspiel der Tage in Thüringen. Selten war Politik so porno, so spannend und so grotesk. Das war House of Cards, Hindafing und Romeo in Julia in einem. Das war das, was Rainer Hank in „Lob der Macht“ beschrieb. Im Zuge dessen kriegte ich eine Nachricht eines, ich würde sagen guten Bekannten, die mich dann doch überraschte:

Ich hab nur gesehen dass es zwischen uns insofern ein Problem gibt, als dass es für dich keines zu sein scheint, dass Kemmerich nur wegen der AfD MP in Thüringen wurde. Ich hab mich die Tage dazu entschlossen den Kontakt zu solchen Leuten in und aus meinem Umfeld zu meiden. Tut mir leid

Bevor ich auf die Reaktion eingehe, möchte ich darlegen, warum ich kein moralisches Problem erkennen kann, dass ein FDP Ministerpräsident von Rechten gewählt wird. Kemmerich war nach der Wahl immer noch der selbe. Er ist dadurch nicht Rechter geworden, er ist überhaupt nicht rechts, außer man weiß nicht oder will nicht wissen, was der Begriff bedeutet. Er bleibt freiheitlich, egal wer ihn wählt. So wenig wie er Linker wäre, wenn er von den Linken gewählt wurde.

Die Situation im dritten Wahlgang war, dass ein Kandidat einer rechten bis rechtsextremen Partei gegen einen Kandidaten einer linken bis linksextremen Partei gegen einen Partei der Mitte antrat. Kemmerich war der einzige aus dem gemäßigten Lager. Dass die AfD dies für sich nutzte, um das erste mal so etwas wie Macht zu demonstrieren, ist offensichtlich. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass Kemmerich ein solider „Mitte-Mann“ ist. Was soll sich an dem Votum ändern? Seine Persönlichkeit, seine Haltung, sein Liberalismus? Unsinn, gar nix ändert es.

Jetzt werden viele sagen, „ja, aber das wertet die AfD auf“. Da muss ich sagen, nein. Die AfD wird damit endlich entsprechend auf Augenhöhe im parlamentarischen Sinn, nicht im politischen, gesehen. Denn, auch wenn es weh tut, sie sind eine demokratisch gewählte Partei, die als Fraktion in einem Landtag eine demokratische Aufgabe erfüllt. Und natürlich gehört dazu, in aller erste Linie sogar, dass sie an Abstimmungen teilnehmen. Was ist das denn für eine Logik: Wenn die AfD für etwas vernünftiges stimmt, ist das dann falsch? Nebenbei bemerkt gäbe es die Partei gar nicht, hätte die FDP nicht für den ersten Griechenland-Rettungsschirm gestimmt, sondern die Koalition an der Frage platzen lassen, weil gerade dieser EU Politik für eine ordoliberale Partei ein K.O. Kriterium hätte sein sollen.

Wenn die AfD nun für Ramelow gestimmt hätte, dürfte dieser dann auch nicht Ministerpräsident werden? Wie man es dreht und wendet, ich kann kein moralisches Problem erkennen. Anders verhielte es sich freilich bei einer Regierungsbeteiligung, zumindest bei der Thüringer AfD oder sogar ein AfD Ministerpräsidenten. Aber wir über eine Tolerierung. Und ganz ehrlich: Wie spannend wäre dieses Regieren denn, wenn sich FDP jedes mal eine neue Mehrheit suchen würde? Die gleichen Leute, die eine Minderheitsregierung feierten, vorausgesetzt die Grünen sind beteiligt, springen auf die Barrikaden, als das die FDP machte. Wohlfeil.

Abschließend zum inhaltlichen Teil möchte ich mich der DIE LINKE widmen. Ich weiß, es ist wenig populär, aber diese Partei ist der Rechtsnachfolger der SED. Insgesamt hat sie sich vier mal umbenannt, aber nie neugegründet. Ich halte diesen Aspekt für wesentlich, gerade da immer gesagt wird, die hätten damit nichts zu tun und Ramelow sei eh gemäßigt. Mehrere Abgeordnete im Thüringer Landtag haben lupenreine SED oder Stasikarrieren hinter sich. Der oft vorgekommene Bruch der Biografien bei Ostdeutschen fand bei diesen Herrschaften bedenkenswerte Kontinuität. Und zum Thema gemäßigt und Ramelow: Es stimmt zwar, dass er wider Parteiräson die Wirtschaft nicht an die Wand gefahren hat, trotzdem hat sie sich nicht wie erwartet entfaltet und viele Unternehmer hofften, freilich hinter vorgehaltenen Hand, dass der Bodo nicht gewählt würde. Ein Linker Ministerpräsident und sei er noch so gemäßigt, macht eine Partei salonfähig, die Extremismus toleriert und finanziert, Enteignungen will, bis der Papst kommt, kurz, einen Systemwechsel herbeisehnt, das Millionen Tote forderte.

Zurück zu der Aussage des guten Bekannten:

Ich hab nur gesehen dass es zwischen uns insofern ein Problem gibt, als dass es für dich keines zu sein scheint, dass Kemmerich nur wegen der AfD MP in Thüringen wurde. Ich hab mich die Tage dazu entschlossen den Kontakt zu solchen Leuten in und aus meinem Umfeld zu meiden. Tut mir leid

Ich möchte keine Generalabrechnung mit der Person machen, darum geht es nicht. Diese Reaktion zeigt mir, dass der viel zitierte „Riss durch die Gesellschaft“ auch bei mir angekommen ist. Wer Menschen selektiert aufgrund ihrer Meinung, inwieweit ist er besser, als jemand, der Menschen aufgrund Hautfarbe, Religion oder Sexualität aussortiert? Ich weiß, was es heißt, Diskriminierung zu erleben. Ich kenne das Gefühl, wenn sich Teile des Freundeskreises abwenden, weil man homosexuell ist. Und ich wünsche niemanden, absolut niemanden, dass er diese Erfahrung macht. Wenn man über Dritte erfährt, Jahre später, wie damalige Freunde über einen geredet haben, dann ist das nicht schön.

Was will ich damit sagen? Auch wenn ich harte Worte wähle, einseitig bin und polemisch, eines bin ich gewiss nicht: Ein Diskriminierer. Weil ich weiß, wie das ist, wenn man darunter leidet. Ich bin mit Neonazis essen gegangen, habe Antisemiten die Hand geschüttelt kenne lupenreine Frauenfeinde. Das muss nicht jeder tun und wahrscheinlich würden diese Leute kaum Freunde werden, einfach, weil diese Eigenschaften beim Kennenlernen per se sehr unsymypathisch wirken. Wohl aber bekannt miteinander könnte man sein. Warum nicht? Werte ich sie damit auf? Gebe ich ihnen eine Bühne? Ist alles private politisch?

Zumal ich noch nicht mal für eine AfD Regierungsbeteiligung bin. Am wenigsten in Thüringen. Ich halte von der AfD spätestens seit 2015 wenig, seit 2017 gar nichts mehr. Teile der Partei sind gefährlich, brandgefährlich sogar. Und wenn man mich fragt, warum ich denn nie gegen die AfD schreibe, und dafür ständig gegen die Grünen, dann antworte ich: Ja, stimmt. Ich tu das, weil jeder gegen die AfD schreibt. Es langweilt. Die Kritik an rechts ist fertig geschrieben. Sie ist in vielen Punkten berechtigt. Doch die Kritk an links steckt immer noch in den Kinderschuhen und ist in der Mainstreampresse faktisch nicht vorhanden. Und es macht auch viel mehr Spaß, ein wenig gegen den Strom zu schreiben.

Wie furchtbar wäre es denn, wenn man nur Bekannte um sich herum hat, die die gleichen Meinung sind? Wie ätzend steril und fade geklärt müssen sich Abende abspielen? Alle klopfen sich auf die Schulter und Schenkel und sind sich von A wie Atomstrom (böse) bis Z wie Zigarettenwerbung (noch böserer) einig. Da hab‘ ichs doch gern etwas kantiger. Und wissen Sie was? Gestern war ich bei meinem Freund und er war bei dem Thema Thüringen völlig anderer Meinung. Und ob Sie es glauben oder nicht, wir sind heute noch zusammen.

Die Freiheit der Meinung ist ein urliberales Prinzip. Natürlich muss nicht jeder mit jedem befreundet sein und ganz ehrlich, wenn ich nur Freunde hätte, die meine Meinung teilen, wäre mein Leben verdammt einsam. Ich habe nie darüber nachgedacht, jetzt tu ich es, wie politisch mein Bekantenkreis denn unterwegs ist. Jetzt tat ich es doch und, oh wunder, von libertär bis links und unpolitisch ist alles dabei und mir ist das gerade Recht. Diese Eigenschaft wünsche ich mir bei anderen auch.

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„Die Moral ist kaputt“ – Über Bösmenschen, Klimagaga und Besserdeutsche

„Das ist ein freies Land“, heißt es ja gern, meist dann, wenn man etwas tut oder sagt, was einem anderen nicht passt. Nackensteaks vom Schwein auf dem Kohlegrill brutzeln, die man vorher beim Landmetzger via 150 Pferdestärken-starken SUV geholt hat, eingewickelt in einer mindestens innen mit Plastik beschichteten Papierfolie. Das ganze in einer, puh Glück gehabt, Papiertüte. Keine Ahnung, wie bei der die Ökobilanz ist, bestimmt beschissen, aber immerhin kein Plastik, das materialisierte Feindbild grünbewegter Moralfantasten. Dass sie ohne PVC und wie diese Polydings alle heißen ihren Alltag aus laktosefreier, biodynamischer, Demeter-Ziegenmilch als Melange im Fair Trade Kopi Luwak Cappuccino gar nicht bewältigen können, geschenkt. Ist der Feind erst mal geboren, erkennt man auch sei‘ Freud‘ am Leben.

„Das ist ein freies Land“, sagt dann der Bösmenschen zum Besseren, zum Besserdeutschen, der diesen Vorgang mit dem Steak kritisiert. Das Ding ist, der Böse hat völlig recht. Denn so lange Führer Habeck die grünen Notstandsgesetze nicht beschlossen hat, wird das auch so bleiben. Und wir können aufatmen. Die Konzentrationslager, die heute besser in Schuss sind, als beim Richtfest, würden die Grünen nicht wieder beleben, wie Henryk Broder richtig erkannt hat. Die CO2 Bilanz der Öfen wäre zu verheerend. Wobei das auch nur eine Frage der Mathematik ist. Je jünger man ist, desto größer wäre der potentielle CO2 Füßabdruck. Also müsste man…ich schweife etwas ab, Sie haben’s bemerkt.

Warum erzähle ich Ihnen das? Bei all dem Klamauk bleibt der Zynismus, der immer auch Bitternis transportiert. „Das ist ein freies Land“, ja, ok. Freier als Nordkorea, oder die Türkei. Doch während im Totalitarismus eine kleine Elite sagt, was zu tun ist, scheint mir, dass sich der Deutsche ganz freiwillig in die Fremdsteuerung begibt. Und so sind solche Tagesschau Kommentare nur im ersten Moment unglaublich. Tatsächlich spricht Herr Beckhardt aus, wie es in vielen Deutschen denkt. „Verbietet, ich schaff‘ es nicht allein“. Eine Studie in Selbstaufgabe und Unmündigkeit. Und Selbsthass, klar. Aber der ist im Alman fest implementiert.

Die laute Jugend, die Freitags die Zukunft sucht und am Samstag bei Starbucks sich den eben konsumierten Zara Einkauf zeigt, so scheint es, sieht es mit der Freiheit auch eher flexibel. Inlandsflüge verbieten, ey who cares, oder gleich alle Flüge so sakrisch teuer machen, dass die Unterschicht sich das gar nicht mehr leisten kann. Warum auch nicht? Luisa Neubauer war eh schon überall und falls sie ein Land vergessen haben sollte, Familie Reemtsma zahlt das schon. Ich kann den Futurekids ehrlich gesagt keinen Vorwurf machen. Es wird ihnen ja vorgelebt.

Denn wenn nicht mehr bloß vom „Klimawandel“ gesprochen wird, sondern von der „Klimakrise“, „Klimakatastrophe“, dann verstehe ich, dass Greta und Co in Panik geraten. Letztens hörte ich das Wort „Klimazid“, eine Abwandlung von“ Genozid“. Spätestens hier beginnt es, unappetitlich zu werden. Über die unsägliche Debatte eines unsäglichen linken Aktivisten, der von „Klimaholocaust“ getwittert hat, will ich gar nicht reden. So wichtig ist der Typ nicht. Aber absurd unterhaltsam. Folgen Sie auf Twitter @tomradtkede, Sie werden es nicht bereuen.

Mir geht es um das Erzählmuster dahinter, das Narrativ, wenn Sie’s so wollen. Man stilisiert ein vermeintliches Problem auf ein so hohes moralisches Podest, bis alles erlaubt ist. Es ist kein Zufall, dass der Duden exakt zwei zusammengesetzte Substantive, die mit -leugner enden, kennt. Die Moral ist kaputt. Vergleiche mit Massenmorden und das absolute Einschränken von individueller Freiheit für das große Ganze. Im Krieg und im Klimawandel ist alles erlaubt. Von der Maas bis an die Memel. Und wenn man tatsächlich glaubt und hier zitiere ich ein FFF-Aktivisten, der im vergangenen Jahr beim Tagesgespräch von WDR 5 sagte, „in fünf, oder zehn oder 15 Jahren“ wird die Welt untergehen, wenn man das glaubt, dann wird man radikal. Ist doch klar. Dann macht man keine Gefangene. Dann ist der Massenmord an Juden, Zigeunern, Homos und Andersdenkende ein Fliegenschiss. Ein „Zwischenfall der Geschichte“ würde Monstranz Sloterdijk sagen.

Wie spanne ich jetzt den Bogen von Sloterdijk zu Schweinesteaks, ohne „ad hominem“ zu werden. Hm. Ne, ich lass‘ es. Nur so viel, es hat nichts mit seiner Philosophie zu tun.

Aber es ist doch so: Die Floskel „das ist ein freies Land“ verliert im Zeitalter der Hypermoral an Bedeutung. Sie können entweder den Ablasshandel mitmachen und bei Denn’s Biomarkt überteuerte Tomaten kaufen, dann gehören Sie zu den Guten. Oder Sie gehen zum Lidl und kaufen da Ihre Paradeiser. In der Plastiktüte. Dann sind Sie nicht so gut. Sie können sich übrigens getröstet sehen: Das Nackenstesk im oben genannten Beispiel war „bio“.

Gott sei Dank.