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Julians Coronatagebuch – Folge 9 – Die Ditfurth wieder

I hab‘ ja ein Herz für Kanthölzer. Ja, wirklich! Der Toni Hofreiter Beispiel. Auch wenn er immer mal gut ist für reichlich Dampfgeplauder, ist er doch so etwas wie ein Original.  Ich habe das Gefühl, wenn ich in Interviews sehe oder höre, dass er selbst den Eindruck hat, fehl am Platz zu sein und sich regelmäßig wundert, wo er da gelandet ist. Aber er ist unangepasst. Ein Kantholz eben.

So ähnlich ist die Jutta Ditfurth. Mit den Sympathiewerten einer Betriebsprüfung raunt sie, inzwischen vornehmlich auf Twitter, weil keine Talkrunde sie mehr einladen mag, ihren Linksextremismus in die Timelines. Sie ist dabei beachtlich konsequent. In einem beeindruckenden Dogmatismus, den ich ansonsten nur von Sektenmitgliedern kenne, predigt sie ihre Botschaft; ohne Rücksicht auf Verluste. Das allein ist beachtlich.

Andererseits ist die Jutta auch eine ziemliche Giftzwerg*in. Lesen Sie doch mal diesen Tweet:

jutta1

Ganz schon widerlich, was? Man beachte den 26. Februar 2020. Da gab es schon längst Corona. Und auch fernab davon: Wie tödlich die Menschengrippe ist, brauche ich wohl nicht sagen. Das war aber der Jutta egal. Wenige Wochen später, genauer vor drei Tagen dann ein Tweet, der so ganz anders klang:

jutta2

Ich bin weit weg von Schadenfreude und ich wünsche ihr, dass sie gesund bleibt, durch die Krise kommt und bald wieder Everbodys-Hämorrhoidenbritsche sein kann. Aber mal ganz im ernst: „Geht’s eigentlich noch“? So ein Stadtrat, wie sie nun mal ist, bekommt in Frankfurt rund 1300 Euro (netto) Aufwandsentschädigung. Buchverkäufe und Artikel, die sie schreibt, kommen noch dazu. Was genau schafft die kinderlose Jutta Dittfurth nicht? Ich habe Mitarbeiter, die mit dem Gehalt noch ihre Kleinen groß ziehen und es sich nicht nehmen lassen, uns in der Arbeit mit Kuchen und Pralinen zu versorgen. Und die halten gerade, im Gegensatz zur Jutta, den Laden am Laufen. Aber okay, irgendwelche Blöden wird es schon geben, die Jutta „helfen“. Sei ihr gegönnt. Aber das nächste mal nicht so kack-dreist twittern, sie würde irgendwelche Leute anstecken. Wi-der-lich.

Ich muss wirklich mal eine Lanze brechen (hehe mal wieder) für „meine“ Mitarbeiter. Nein echt, viele machen einen tollen Job, arbeiten 6 Tage in der Woche, teilweise 50 Stunden und mehr bei Kühlschranktemperaturen. Ihr sorgt dafür, dass das hier alles funktioniert, während ihr ertragen müsst, wie eine abgehalfterte Altlinke sich um den Verstand jammert. Ich bin echt stolz auf euch und viele Leute ebenso. Oder?

Kommen wir zum angenehmen Teil des Lebens, zum Essen. Meine neue Sandwichsensation. JA! Heute mit einem Kastenvollkornbrot. Hehe.

Dazu braucht ihr:

  • Ein Kastenvollkornbrot (ach was)
  • Gouda
  • Salami
  • scharfer Senf
  • Ketchup
  • Rucola
  • Fleischtomate
  • Gurke
  • Röstzwiebel

Und so geht’s:

Das Kastenvollkornbrot, die Gurke, die Fleischtomate, den scharfen Senf, halt, ne, den nicht, schneiden. Gouda auf Brot mit Salami und in die Mikrowelle geben, bis es tip-top verlaufen ist. Andere Hälfte mit dem scharfen Senf und dem Ketchup bestreichen, die Gemüsen (!) und den Rucola belegen. Schmeckt sakrisch gut!

Ich wünsche euch weiterhin schöne Tage. Schreibt doch was, vielleicht ein Blog, oder ein Tagebuch, oder ein unrundes Gedicht. Wie viele unrunde Gedichte ich in meinem Leben schon geschrieben habe, ha, ihr würdet lachen (Oder eher weinen beim lesen?)! Glaubt ihr nicht? Dann empfehle (eher nicht) ich meinen uralten Blog, der von 2008-2014 gepflegt wurde, zwar ohne Leser, aber dafür rund 1000 Beiträge: donhobo.blogspot.com.
Viel larmoyantes Gehabe liest sich da, aber auch die eine oder andere, wenn auch vereinzelte Perle. Silberfische zum Beispiel. In diesem Gedicht befasse ich mich mit einer besonders präsenten Altersgruppe in einer mir nicht ganz unbekannten kleinen Großstadt.

 

Silberfische

Ich gehe Mittags aus dem Haus
und bieg ich dreimal ab
laufe dann den Weg hinauf
leider scheint es so wie immer

Kein einz’ger Augenblick vergeht
indem es mir nicht grau wird
Die ganze schöne Stadt besteht
aus lauter Silberfischen.

In der Ecke im Cafe zu viert
sitzen sie und lachen
Ein Typ im Rollstuhl guckt verwirrt
und kotzt sich lauthals an

In der Bahn hör ich mein eigen‘ Wort nicht
zwei Frauen schreien laut
Es geht um ihr verspeistes Gericht
vom eben aufgesuchten Restaurant.

Ein Junge wird zurecht gewiesen
ob mit ob ohne Recht egal
der Alte wirds gleich recht genießen
den Tritt den er dann kriegt.

Ich treff den Alten mit dem Schuh
der fällt begleitet von Metall
„Jetzt ist es ein für alle mal nun Ruh!“
ruf ich dem Silberfisch noch nach.

Doch da hab ich die Rechnung wohl
mit den Wirten nicht gemacht
denn knapp verpasste mich ein Kohl!
den eine Frau ganz wütend warf.

„Sie haben diesen Mann verletzt
Die Hüfte ist hinüber!“
sagte sie voll Wut entsetzt
„Dafür werden Sie bezahlen!“

Die Antwort kam in einem Zug
ich schwör ich konnt nichts machen
Der Schirm er traf mit voller Wut
mit der Spitze in mein Aug.

Schreiend griff ich in dem Schreck
in ihren dicken Bauch
noch mehr erschrack ich und griff weg
zu spät – ich hing nun fest.

„Jetzt hab ich dich du frecher Schufft“
Sie würgte meinen Hals
ich schnappte keuchend nach der Luft
und fing nun an zu weinen

„Möchtest du noch etwas sagen?
bevor du nichts mehr sagen kannst?
ich kann so Gecken nicht ertragen
also sag was oder Schweig!“

Doch so sehr ich mich auch mühte
ich konnt mich nicht befreien
die Frau sie war ganz ohne Güte
und lachte mich noch an.

„Nun, da du nicht mehr reden magst“
Sie schaute auf die Uhr
„Ich muss jetzt gleich zu meinem Arzt
dann stirbst du eben schnell“

Sie wühlte in der alten Tasche
und ergriff ihr Taschenmesser
„Stirb!“ – rief sie, „Du blöder Affe“
und holte zum Finale aus

„Wir sind viel mehr und leben toll!
merkt euch das endlich mal!“
und noch bevor mich traf ihr fieser Groll
erwachte ich erleichternd panisch.

 

 

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Julians Coronatagebuch – Folge 8 – Meister Eder und sein Pumuckl

Was hab‘ ich mich amüsiert, als ich gestern den Meister Eder geschaut habe. Nebst Kobold versteht sich. Pumuckl im Zoo hieß das Stück, auf das ich dank erinnernder Empfehlung eines Freundes stieß und sogleich konsumierte. Und was soll ich sagen? ich kam aus dem Lachen nicht mehr heraus.

Wie der Eder dem Pony hinterher rennt, weil er denkt, sein Pumuckl sei auf dem kleinen Pferd und er anschließend im Biergarten ein friedliches Nickerchen macht, der Anstrengung wegen. Wunderschön. Dem Schauspieler Gustl Bayrhammer ist das Textlernen vermutlich leicht gefallen, besteht doch rund 50% seiner Sätze bloß aus einem Wort; nämlich „Pumuuuckl!“ in unterschiedlicher Phonetik. So schön, so friedlich. Aufwachen tut der Meister dann auch, nachdem der schwer genervte Kellner den Schreiner unwirsch aus dem Schlummer rüttelt. Und noch im Schlafe trunken murmelt der Eder eine der meist frequentierten oberbayrischen Grundformeln: „Jetzt trink ma‘ noch a Radlermaß und dann gehts weider“.

Die Pumuckl Geschichten sind super. Dialoge, die man heute nicht mehr findet und Charaktere, die allesamt eines gemeinsam haben: Liebevoll einen an der Klatsche. Sodann geht’s, wer hätte es geahnt, auch gut aus in der Folge mit dem Zoo. Wie bei jeder Episode,  die tragische „der große Krach.“ einmal ausgenommen. Harmonie ist steter Begleiter und Leitmotiv der Kinderserie, die auch gut und gerne die Großen schauen können.

Ganz so harmonisch lief es die Tage in Corona World leider nicht ab. Am Freitag gehe ich einkaufen. An der Kasse steht ein älterer Herr, dem auffällt, dass er keine Tüte mitgenommen hat. Fluchs dreht er sich zum Tragetaschenort unterhalb des Kassenbandes. Und was macht man am besten, um den Gegenstand grifffest zu ergattern? Richtig, man befeuchtet mit Speichel seine Finger. Das ganze machte er zwei mal. In Zeiten einer Pandemie, die durch Tröpfchen- und Schmiereninfektion breiter und breiter wird, eine wirklich tolle Idee. So mir blieb nichts übrig, als dem Mann meinen viel zitierten Satz ins Gesicht zu spitten, wie Kool Savas die Kreuzreime spittet: „Geht’s eigentlich noch?“

Dieses in die Finger, pardon, rotzen, um mit den Griffeln irgendetwas besser greifen zu können, scheint eine Tugend zu sein von vornehmlich Herren fortgeschrittenen Alters. Ohne Virus, beim Blätter austeilen in der Schule oder beim Schafkopf’n, ist dies ein mittelmäßiges Ärgernis.  Doch im Moment ist diese Un- bis Abart brisant, weil gefährlich, weil Corona. Eben ein Fall für, ich erwähnte es bereits: „Geht’s eigentlich noch?“

Was mir, nicht die Tage, aber vor Monaten immer mal aufgefallen ist, ist den Pfandzettel sich in den Mund zu stecken. Ja, wirklich, Leute tun so etwas! Was dann dazu führt, dass sich Einkaufsmärkte genötigt fühlen, diese Zettel, danke werter Bruder für dies‘ illustre Fundstück, an den Automaten zu hängen:

Die Harmonie rund um die Debatte „wie geht man mit der Krise um“ bekommt zunehmend Risse. Und das ist auch okay. Denn Harmonie in der Demokratie ist auf lange Sicht eine Diktatur, die sich Demokratie nennt. So gibt es von vielen hagelnde Kritik, die es wagen („how dare you?“) von den Verantwortlichen eine mittelfristige Strategie zum Ausstieg aus dem Shutdown zu fordern. Und ja ich finde auch, wir müssen darüber reden.

Das Lockern der Maßnahmen wird sicher nicht heute oder morgen oder in 14 Tagen stattfinden. Ich weiß nicht, wann, woher auch. Da vertraue ich der Expertise der Experten, die sich nicht bei allem einig zu sein scheinen, was logisch ist. Ich gebe eines zu bedenken: Die ökonomisch-gesellschaftlichen Schäden werden mit jeder Woche gravierender. Das ist kein „bisschen ruckeln“, das wird zu einem Beben, bei dem das Degenerieren der verhassten Automotive-Branche das geringste Problem sein wird.

Warum schreibe ich „ökonomisch-gesellschaftlich“? Das ist recht simpel. Ich habe oft den Eindruck und darüber habe ich bereits geschrieben, dass „Wirtschaft“ von Gesellschaft, von einigen getrennt betrachtet wird. Das ist jedoch Unsinn. Es wird so getan, als wäre diese Wirtschaft ein Subsystem der Berliner Politik, das extrahiert von Mensch und Gesellschaft statt findet. Die Wahrheit ist: Wir alle sind Ökonomie. Selbst wenn wir beim Staat arbeiten oder gar nicht arbeiten, gehen wir zum Bäcker, fahren wir in den Urlaub und kaufen uns Autos.

Und daher ist ein ökonomischer Einbruch auch ein gesellschaftlicher Einbruch. Natürlich können wir den Shutdown bis zum Impfstoff irgendwann 2021 verlängern. Doch dann werden wir dieses Gesundheitssystem nicht aufrecht erhalten können, dann bricht die Grundversorgung zusammen. Das kann keiner wollen. Daher, wann auch immer das sein wird, müssen wir bereits jetzt Strategien über ein Ausweg aus dem Shutdown entwickeln.

Abschließend etwas grundsätzliches. Ja, dieser Virus ist ganz besonders gefährlich und auch wenn ich von Virologie so viel verstehe, wie vom Paalauf, sind das die wesentlichen Argumente dafür: Lange Inkubationszeit, lange „Lebenszeit“ in der Atmosphäre, kein Impfstoff und immer noch nicht eine 100% eindeutig definierte Risikogruppe. Vergleiche mit der Menschengrippe sind mindestens  aufgrund dieser Punkte falsch.

Wahr ist aber auch und das ist vielleicht die bittere Erkenntnis: Wir können nicht jeden schützen und werden nicht jeden schützen. Wir haben auch nicht am Rande der Autobahn alle fünf Kilometer eine Notaufnahme und nicht in jedem 500 Seelendorf sitzt eine Polizeistation. Ein Maß an Sicherheit macht Freiheit erst möglich, aber wie bei der Laffer Kurve ist das Peak der Parabel irgendwo zwischen den beiden Seiten. Ohne Freiheit ist der sicherste Ort der Welt ein fremder, steriler und menschenverachtender Platz.

So politisch wollte ich gar nicht werden, aber na ja, so isser halt. Was heut‘ sicher passieren wird, ist, dass eine neue Folge vom Pumuuuckl laufen wird. So viel steht fest. Und morgen gibt es wieder ein Rezept, denn ich habe heute eine neue Variante der Sandwichsensation probiert, die ich morgen verfeinern werde. Ich sag‘ nur: Vollkorn! (Zwinker)

 

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Julians Coronatagebuch – Teil 7 – Die Sandwichsensation

Der Druck steigt.

Eine Bäckereikette setzt erste Mitarbeiter frei, da das Café- und Frühstücksgeschäft seit den Ausgangsregeln wegfallen und somit Geld fehlt.

Ja, ich weiß, so beginnt man keinen Blogpost, der den Anspruch hat, positiv zu sein. Sie haben ja Recht, ja. Ich könnte das auch anders schreiben und zwar so:

„Ich habe für nächste Woche neue Mitarbeiter bei einem Lebensmittelproduzenten eingetellt.“

Und das stimmt genauso. Nicht alle, aber die meisten, die bei der Brotherstellung gehen müssen, können woanders anfangen. Es ist wie mit dem berühmten halb gefüllten Glas. Manches kann man so und anderes so sehen. Und nein, ich möchte nicht die irre Uminterpretierung wiederholen, der Virus sei eine Chance. Gang runter schalten, mal so richtig zu sich kommen. Den Sinn des Lebens finden zwischen vier Wänden und ohne Klopapier. Darum geht es nicht. Und mir gehen auch diese Chakka-Powerverkäufertrainer auf den Sack, die keine Probleme kennen, sondern nur „Herausforderungen“. Laber nicht!

Krebs ist ein großes Problem, Arbeitslosigkeit auch, ein Fleck auf dem Anzug ist ein sehr nerviges Problem, weil der in die Reinigung muss. Das ist ganz sicher keine Herausforderung. Was soll denn da herausfordernd sein? Zur Reinigung zu kommen, oder was?! Na gut, zur Zeit…. Wobei, WOBEI, die Reinigung am Hauptbahnhof geöffnet hat. Also.

Aber trotzdem: Ab und zu den Sachverhalt mal von der anderen Seite zu denken, hilft. Denn es ist doch so: Wenn ich mir den ganzen Tag vorstelle, ich könnte in einen Haufen Hundescheiße treten, dann wird es irgendwann passieren. Und wenn nicht, dann habe ich den ganzen Tag den Gedanken im Kopf, ich könnte in einen Haufen Hundescheiße treten. Ich kenne jemanden, der regelmäßig bei schönen Wetter das drohende und potentielle Gewitter bejammert. Bei 29 Grad und Sonne höre ich dann sowas: „Ohje, morgen wird es vielleicht regnen. Was machen wir denn da?“ Ja, was machen wir denn da? Regenschirm aufspannen wäre eine Option.

Statt einem Dokutipp habe ich für euch, ihr lieben Leser, ein Sandwichrezept. Meine Sandwichsensation! Selbst kreiert! Gut, das ist bei einem belegten Brot nicht so furchtbar schwierig, aber immerhin.

Ihr braucht an Zutaten:

– Toastbrot

– Rucola

– Ketchup

– Mayonnaise

-Bacon

– Tomaten

– Gurken

-Käse (Ich nahm Cheddar, gehen aber auch andere Sorten)

-Salz

– Olivenöl

Und so gehts:

Den Rucola waschen und etwas zerzupfen. Den Cheddar und den Bacon auspacken (hehe), Tomaten und Gurken in Scheiben schneiden. Etwas Bacon und ein Stück Gurke vorab verspeisen. Das Toastbrot in einen Toaster geben und den Toastprozessvorrichtungshebel aktivieren. Die Gurkenscheiben mit etwas Salz bestreuen. Den Bacon in einer Pfanne mit Olivenöl kross anbraten. Den Cheddar auf eine Toastbrotscheibe ablegen und für eine Minute in die Mikrowelle, bis er etwas zerläuft. Die andere Brotscheibe mit etwas Ketchup und Mayonnaise bestreichen. Anschließend reichlich Rucola darauflegen, ebenso wie die Gurkenscheiben und Tomaten. Schließlich den Bacon auf die Gemüsen (hehehe) trappieren und mit der zweiten, vom Cheddar umarmten Toastbrothälfte das Sandwichkunstwerk vervollkommnen.

Variante:

Nachdem ihr den Bacon gebraten habt, entfernt diesen aus der Pfanne und bratet in dem Fettgemenge die beiden Toastbröter (hehehehe) an; auf einen den der beiden den Chedda legen bis dieser zerlaufen ist.

Mahlzeit.

Das Wochenende beginnt ab jetzt. Lasst es euch gut gehen, meldet euch bei euren Liebsten via Skype oder Telefon, Rohrpost, Rauchzeichen oder Telefax (Wichtig, „Tele“). Dreht Videos (zwinker) und nehmt Sprachnachrichten auf. Lasst euch nicht alleine. Es ist keine leichte Zeit und alleine wird es eng und einsam. Aber zusammen kriegen wir das hin, da bin ich sicher.

 

 

 

 

 

 

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Mein Coronatagebuch – Teil 6 – Ich bin Grundversorgung

Im Auge des Sturms ist es so wie im Tunnel. Man sieht rechts und links recht wenig und nach vorne wird es länger und länger und scheint nicht mehr aufzuhören. Und jenseits des Orkans bzw. des Tunnels bekommt man wenig mit. So bin ich Grundversorgung, also nicht ich persönlich, sondern meine Arbeit. Ja, klingt erhebend und maximal bedeutend und während Sie diese Sätze lesen, ist es durchaus angebracht, aufgrund der Epik den Wallkürenritt zu hören.

Der Hintergrund ist ernst. Wir stellen Personal für Unternehmen, die Lebensmittel herstellen. Eben Grundversorgung. Während weite Teile der Wirtschaft gerade den Bach runtergehen und einer Krise bevorstehen, von der viele gar nichts ahnen, boomen die Lebensmittelhersteller, zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Wer arbeiten kann und will, der wird Arbeit finden und tut der Gesellschaft etwas wirklich gutes. Sie, die Produktionsmitarbeiter, die Kassierer, die Kommissionierer, die Disponenten, die Personaler, aber auch die Krankenschwestern und Pfleger, die Laboranten, die Ärzte, Apotheker, die Fahrer, die die Laborproben abholen und zur Untersuchung fahren und sich damit echten Risiken aussetzen, sie alle und noch viel mehr, sind die Helden dieser Tage.

Das Chaos ist an jeder Ecke meines Alltags zu spüren. So müssen Mitarbeiter, die mit Lebensmitteln arbeiten, eine Gesundheitsbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetzes vorweisen. Diese Belehrung ist schwer sinnlos. Man bekommt ein Blatt in die Hand, muss es durchlesen (oder auch nicht) und unterschreiben. Für das Gesundheitsamt ist es prima, denn es verdient pro Nase 20€. Wehe dem, der mehr als einen Riechkolben hat.

Die Gesundheitsämter haben jedoch geschlossen, weil Corona – klar. Und die wenigen niedergelassenen Ärzte, die die Belehrung anbieten, kümmern sich verständlicherweise um aktue Fälle. So sind wir aber Grundversorgung, also auch nicht ganz unwichtig, denn Brot und Wurst braucht ja fast ein jeder. Ergo sind Einstellungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr schwierig, da wir lediglich einen Arzt aufgetan haben, der die Belehrungen noch ausstellt. Und der ist – oh Wunder – überlastet. Immerhin, auch mal ein Lob an die Behörde, läuft das Verlängern der Aufenthaltstitel, was am Anfang zu Kündigungen geführt hat, inzwischen Online reibungslos.

Und so bin ich froh, wenn ich am Abend zur Ruhe komme und „in aller Freundschaft“ oder eine Doku schaue. Mein heutiger Tipp ist Der „Schwulen-Paragraf“, in der gezeigt wird, wie es eben war, als Homosexualität unter Strafe stand. 1994 wurden in Deutschland noch 44 Homos verurteilt, weil sie so waren wie sie waren. Ein Wahnsinn, diese Zahl allein. In dem Film kommen neben Betroffene auch Richter vor, die die Urteile fällten. Nicht empfehlen kann ich dagegen die inzwischen routinierten und ideenlosen Talkrunden, die nur ein Thema kennen. So etwas unkreatives, so ein fader Journalismus ist eigentlich kaum zu fassen.

Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nun noch weniger, als ohnehin schon, teilte die VGN heute morgen mit. Schön kurzfristig, damit auch die meisten Mitarbeiter ja zu spät kommen. Es ist eine Prüfung, sagt Oberprotestant Betford-Dings. Na gut, dann hoffe ich mal, dass es sich um keine Matheklausur handelt.

 

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Julians Coronatagebuch Teil 5 – Der Elektrolehrer

Wissen Sie woher der Begriff „Eine Lanze brechen“ kommt? Nein?

Ich auch nicht. Ist auch egal. Ich will sie aber brechen, eine Lanze. Hehe. Für die Lehrer, die sich gerade in E-Learning Plattformen kreativ ausleben und den Schülern versuchen, trotz Corona Stoff zu vermitteln. Ne, ehrlich. Ich find’s gut. Und das sind nicht unbedingt die Informatiklehrer, die dieses Internet studiert haben. Überhaupt und gerade jetzt im ist es wichtig, die Leut‘ auch mal zu loben. Ja. Ich finde den Einsatz einiger klasse.

Ich hab‘ mich ja amüsiert, als ein Freund – nicht ganz ohne stolz – mir sein Video schickte, wie er eine virtuelle Unterrichtsstunde hielt. Im Hintergrund ein Klassenzimmer, wahlweise bewegliche Palmen, bis dann der Lehrkörper ins Bild huscht und mit blendender Laune die Stunde beginnt. Selbst wenn, was ich nicht glaube, der pädagogische Wert bei Null liegt, so haben die Schüler wenigstens Ablenkung, die ihnen womöglich ganz gut tut, wenn sie die meiste Zeit (hoffentlich) zu Hause sind.

Und so leisten Pädagogen aller Couleur ihren Beitrag, die Zeit erträglicher und produktiv zu gestalten. Leider sind nicht alle Lehrer der Regelschulen so flexibel. So wird von ganz besonderen Kandidaten berichtet, die sich weder mühen, noch sonst um die Schüler und deren Bildungsstand scheren, aber fröhlich weiter volles Salär beziehen. Da wünscht man sich doch Sanktionsmöglichkeiten.

Ohnehin ist das Konzept des Elektrolehrers gar nicht mal so dumm und wird, auf kurz oder lang, die Budgethüter der Bundesländer auf den Plan rufen. Was man da sparen kann! Ein Generallehrer für alle Schüler. Generallehrer 7. Klasse Gymnasium Mathe. Ein Generallehrer 5. Klasse Deutsch Realschule usw. Faszinierend. Für das gesparte Geld am Personal macht man dann Bayern digital und stattet die Kids mit ordentlichen Rechenmaschinen aus. Gut, pädagogisch ist das nur am Rande sinnvoll, aber gespart ist gespart, denkt sich der Finanzminister mit den Dollarzeichen in den Augen.

Aber mal ehrlich: Das wäre doch etwas für den Unterricht. Auch wenn jetzt der falsche Zeitpunkt ist (oder genau der richtige?) zum zusätzlichen investieren, Teleunterricht als ersetzendes Element, ist doch wenigstens bemerkenswert. Ich hab‘ ja keine Ahnung, aber das kann man mal auf die Agenda (wichtig, „Agenda“) setzen. Problem: Am Ende scheitert es wohl an „bring your own device“, eine nette Umschreibung für „Ich habe ne geile Idee, die ihr bezahlen müsst“, also die Eltern, die die Endgeräte selbst anschaffen müssen.

Aus Sicht meiner Arbeit, ich arbeite für eine Personaldienstleistung, grassieren die skurrilsten Krankheiten. So scheint Corona gerade bei jüngeren Leuten im Körper zu streuen und zwar in den Rücken, wahlweise in den Magen und den Darm. Ja! Und die können dann auch nicht arbeiten, weil Rücken oder Darm oder Magen. Das sollte „die“ Wissenschaft einmal untersuchen, ich kann da Geschichten erzählen…

 

 

 

 

 

 

 

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Julians Coronatagebuch Teil 4 – Von Katzen lernen

An welcher Gruppe Corona definitiv vorbeigeht, weiß jeder Tierliebhaber: Richtig, an Katzen! Von Norbert, bis Maja, bis Emil und wie die kleinen oder gar nicht mal so kleinen Schnurrer heißen. Denen ist das Virus wurst. Gut, aus ihrer Warte können sie das leicht sagen, sind sie doch keine Risikogruppe. So ist mir heute morgen in Nürnberg – Stadt  (??) zwischen geschlossenem Friseur und geschlossenem Schuhgeschäft ein übel launiger Kater entgegengekommen. Wir schauen uns an mit schweren Augen, weil müde,  stieren uns entgegen wie in einem Western, doch noch eher einer von uns den Revolver ziehen konnte, dreht das Viech müde den Kopf und trapt in Richtung des Barbier. Komisch, hat der Haarschneider doch gar nicht offen.

Gestern schrieb ich noch, es gebe nur ein dominantes Thema, dem alle anderen weichen. Ich möchte das heute aufs Schärfste, so sagen es doch Politiker gerne, AUFS SCHÄRFSTE und in aller Klarheit widersprechen. Ja, ne. Mal Hans Erich (ganz ehrlich).  Ich möchte mir nicht mein Denken und Handeln von einem Virus diktieren lassen. Neue Ausgangsregeln, schön und gut, verstehe ich, halte ich ein. Aber ein wenig Freiraum im Geist , den gönn‘ ich mir – falls noch viel Geist vorhanden sei. Daran könnte sich auch Journallaie halten und ein wenig ihren investigativen oder kommentativen Kern wiederfinden. Jetzt ist die Chance für findige Schreiber, aus der angespannten Situation Kapital, und damit meine ich weniger monetäres, eher kreatives, zu schlagen. Von Katzen lernen heißt auch Ruhe bewahren. Mal so richtig durchatmen. Es hilft wenig, in Panik zu verfallen.

Leider sind die Journalisten im Tunnel. Und selbst in Panik, weil selbst betroffen. Keiner Sache sich zu eigen machen, ist eine Grundregel in der Branche, die schon lange und jetzt besonders vernachlässigt wird. Ich habe den Eindruck, dass der Journalismus momentan als Selbstbeschäftigung nebst Selbsttherapie fungiert. So lese ich Banalitäten von Spiegel, Zeit, vom Freitag und die Belanglosigkeiten von taz und Co. Alle sind furchtbar überfordert, gräßlich verkrampft und dadurch stilistisch und inhaltlich auf dem Abstellgleis. Auch hier empfiehlt es sich auf die Katzen zu blicken. Einfach mal abschalten, nach dem Essen so wie vor dem Essen schlafen. Trägheit als Lebensmotto; Müdigkeit als Leitmotiv. Läuft!

Und so kann man „Abstandsgebot“ durchaus metaphorisch interpretieren. Nehmt mal Abstand vom Thema! So. Das Abstandsverbot im Islam, drei Schritte hinter dem Ehemann, hat nun Hochkonjunktur und macht dagegen durchaus Sinn. Drei Schritte, das sind mehr als 1,50m. Das erklärt, warum in den wahabitischen Ländern Corona so gut wie keine Rolle spielt. Und wenn dann trifft es tendenziell Männer, weil Frauen, Sie erraten es, verschleiert sind. Da soll mal einer sagen, der Islam sei nicht fortschrittlich.

Ein bisschen was von Kater Emil, Norbert, Sebbi und Katze Maja wäre doch nicht verkehrt in Zeiten der Anspannung. Eines kann dann nämlich nicht passieren. Ansteckung aufgrund übermäßiger Aktivität.

 

 

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Julians Coronatagebuch Teil 3 – Neurologische Ausfälle nicht ausgeschlossen

„Die“ Wissenschaft, die spätestens seit der Klimadebatte als Singularium durch die Debatten wabert, ist sich einig: Stand jetzt, 23.3.2020, verursacht Corona keine neurologischen Schäden. Ich bin mir da ja nicht so sicher. Nicht nur einmal hörte ich vor Tagen, dass man jetzt endlich mal Zeit findet, zu (oder zur?) IKEA zu fahren und beim Obi war man ja auch lange nicht mehr. Wenn der Wahnsinn pandemisch wird, drehen die Leute komplett hohl. Warum nicht gleich in die Sauna und anschließend mit Dörte in den Swinger Club, wo Matze und Claudi schon warten? „Corona ist für alle da“, um einen Werbejingle etwas abzuwandeln. Wahre Blödheit erkennt man in der Krise.

Und noch ein zweiter Fall lässt mich zweifeln, ob das Virus nicht doch das Stammhirn angreift. Wo wir bei Volker Quaschning wären, seines Zeichen professoraler Kronzeuge der jugendlichen Freitagsprotestierer. Mindestens auf Twitter jedoch legt er ein ähnliches Niveau an den Tag, Stichwort Neurologie, wie eine an Creutzfeld-Jakob erkrankte Kuh. Das liest sich dann so:

quatsching

Nun ist nicht alles mit -krise am Ende gleich. Die Ölkrise aus den Siebzigern hat mit der akuten Sportkrise ungefähr so viel gemein, wie ein Veganer mit einer zünftigen Schlachtplatte. Aber das ist Herrn Quaschning nicht so wichtig. Ebenso die Tatsache, dass von Bogotá die Straßen eben auch wegen des Smogs umgestaltet hat. Gewissermaßen eine Melange aus beidem und nicht nur alleine wegen Corona handelte der Bürgermeister so. Aber geschenkt, das passt nicht in die Agenda des Aktivistenprofs.

Ohnehin habe ich den Eindruck, dass den Klimabewegten der Virus alleine deswegen nicht passt, weil es ihr Thema fast vollständig verdrängt hat. Andererseits feiern argumentationsresistente Leute, aka „Klimawandel, also i hab noch kan gsehn“, dass nicht mehr über eben Klimawandel gesprochen wird. Beide sind auf ihre Art Zyniker. Mal ehrlich: Meine Leib- und Nierenthemen spielen momentan ebenfalls keine Rolle, einfach, weil es momentan ein einziges Thema gibt, das so akut ist, dass es keine anderen Themen in den Vordergrund schaffen. Das ändert sich. Wir ändern uns. Wir werden lernen, mit der Pandemie umzugehen. Dann wandelt sich auch der Diskurs.

Dabei gäbe es auch andere Themen. „Der Flügel“ der AfD, wobei niemand genau weiß, woher dieser leicht debile Name „Flügel“ kommt, wird innerparteilich verboten. Sagt Oberflügelmann Höcke. Noch mal von vorne: Der Flügelmann Höcke sagt, der Flügel wird aufgelöst, er selbst bleibt aber in der AfD. Wiederholen wir das ruhig ein drittes mal: Björn Höcke, Oberflügel, verbietet den Flügel, ist aber noch in der AfD. Er verbietet sich quasi selbst, bleibt aber irgendwie doch AfD. Und das geht! Wenn man mal davon absieht, dass dieser Move so durchschaubar ist, wie die neuen Plexiglasscheiben bei Aldi an der Kasse, ist das doch ein ziemliches Logik-Desaster.

Waren Sie heute auch so überrascht, wie leer die deutschen Großstädte sind? Ein Freund berichtet von gähnender Leere in Hannover, ein Bekannter das selbe in München. Und ich, hier in Nürnberg muss sagen, ja. Die Leute halten sich an die Regeln, die offensichtlich nötig waren. Und da die Bau- und Möbelmärkte nun auch geschlossen haben, um den letzten Hirni zu erklären, was Sache ist, muss man auch nicht mehr nach draußen. Ist ja auch zu kalt.

Da ich am Wochenende endgültig zum Universalexperten mutiert bin, indem ich in den zwei Tagen mehr Dokus geschaut habe, als in den letzten 20 Jahren (gefühlt), möchte ich Ihnen zwei Filme ans Herz legen. Die erste ist Die Akte Otto Warmbier. Was wie der Name eines Charakters vom Sams klingt, ist in Wahrheit die tragische Geschichte eines US- Bürgers, der in Nordkorea in Gefangenschaft war und an den Folgen dieser verstarb. Gut gemacht, wenn man mal den üblichen, wenn auch in dem Fall seichten und latenten öffentlich- rechtlichen Antiamerikanismus abzieht.

Die zweite Doku heißt  Homöopathie – Sanfte Medizin oder Hokuspokus? Der Name ist Programm und ausgewogen nähern sich die Macher dem Thema. Es werden also auch reichlich Beführworter Hahnemanns Ansatzes genannt. Das ist in sofern nicht nur fair, sondern auch hilfreich, da sich die Globulisten damit selbst entlarven. Denn über Erfahrungsevidenz („Ich hab damit gute Erfahrung gemacht“. – „Ich kenn‘ jemanden, der geheilt wurde“, „Wer heilt, hat recht“) hinaus finden sich keine Argumente für „die sanfte Medizin.“ Man kommt ohnehin sehr schnell an die Grenzen der Argumente, einfach, weil über zwei verschiedene Dinge gesprochen wird. Hier die evidenzbasierte Medizin, dort der Heilungsglaube. Frei nach dem Motto von Gilbert Chesterton.“Seit die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben Sie an jeden Unsinn“.

 

 

 

 

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Julians Coronatagebuch Teil 2

In Zeiten der Krise ändert sich auch das Konsumverhalten. Klar. Nachdem alles andere geschlossen hatte, entdeckten gewisse, ich sag’ es wertfrei, Individuen Baumärkte und Gartencenter als den neuen heißen Scheiß und rannten wie die Bekloppten zu Obi und Co. Ich bin zwar auch bisweilen nicht so schlau, aber so doof dann doch nicht. Wobei ich mich ertappte zu überlegen, zur Bahnhofsbuchhandlung zu pilgern. Keine Sorge, habe ich nicht gemacht.

Mein verändertes Konsumieren drückt sich aus im Visuellen. So entdeckte ich auf einem Streamingdienst eine Dokuserie über R. Kelly. Nicht, dass ich Fan wäre, aber selbst eine schlechte Musikerdokus über schlechte Musiker ist immer noch sehenswert. Dachte ich zumindest. Die war aber so grottenschlecht gemacht, dramaturgisch etwa zu vergleichen mit einem Porno, bei dem verschiedene Filme zusammengeschnitten sind – allerdings nur die letzen drei Minuten.

Will sagen (einer der zahllosen grässlichen Floskeln von Sascha Lobo. „Will sagen“. -„Ja sag halt, verdammtnochma!“), dass alle paar Minuten irgendein unfassbarer Skandal wartete, der unsagbar tragisch war und in meinem Bild zu bleiben, als vorläufigen Höhepunkt stilisiert wurde. Das ganze wiederholte sich im fünf Minuten Takt. Gut, nach der dritten 14 Jährigen, mit der der Sänger Sex hatte, weiß man ungefär, wie der sechste oder neunte Skandal ausgeht. Richtig, er hatte Sex mit 14 Jährigen! Wie auch immer, ich schaute das mit abwechselnder Be- und Entgeisterung, garniert mit einer ausgewachsenen Müdigkeit, ausgewachsener zumindest als die meisten Sexpartner von R.Kelly. Vor allem zwei Dinge sind mir dabei aufgefallen.

Erstens: Was für ein greisliche Musik ist RnB? Sorry, für alle Fans und ja, bestimmt war das für die Emanzipation der Schwarzen wichtig. Aber bitte, die Musik geht gar nicht! Irgendwelche ranzigen Gospels werden massentauglich in eine von Schmieröl nur so triefenden Beat gezwängt. Dazu singt jemand, in dem Fall Robert Kelly sowas von schmalzig, dass Frank Sinatra dagegen wie eine Hard Rock Legende daherkommt. Das ganze in einem Video, wo jedesmal die halbe Familie mitspielt, die wiederum vor einem Auto im Nebel steht und wohl eine Panne hat. Wobei sich die Frage stellt, wie sieben Leute in einen Fünfsitzer passen. Aber ok. Die Familie im Nebel vor dem Auto mit der Panne, in das sie gar nicht alle Platz finden, glotzen in die Kamera, singen oder schnippen oder klatschen zum Beat: „Halleluja, wir haben eine Panne! Only god can judge me. When does the ADAC arrive?“

Zweitens: Dass der R. Kelly eine Drecksau ist, ein Straftäter, da sind wir uns einig. Aber wie bekloppt waren denn die Eltern? Es wurden mehrere Mütter und Väter gezeigt, die ihre teilweise 13 Jährige Tochter über Tage bei ihm parkten, obwohl sie ihn gar nicht kannten. Sie waren einfach Fans. Und dann kommt die Produktionsfirma und wedelt mit den Dollarscheinen, damit sie tränenreich in die Kamera ihren zauberhaften Satz sagen können: „I had no idea!“

Ich habe aber auch ganz gute Dokus gesehen. Über Colonia Dignidad, eine Sekte, die thematisch gar nicht so weit weg ist von R.Kelly. Oder über diesen Kronprinz von Saudi-Arabien. Die Tage gehen schon rum und morgen bin ich wieder, Achtung epische Aussage, Teil der Grundversorgung.

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Julians Coronatagebuch. Teil 1

Ich schreibe diesen Blog und überhaupt schreibe ich während klassische Musik läuft. Nicht, weil ich so unfassbar intellektuell und kultiviert bin, sicher nicht, sondern weil es mich konzentrierter denken lässt. Und so beginne ich mich gerade unglaublich aufzuregen, ohne eine einzige Zeile geschrieben zu haben. Ja! Denn auf verdammtnochma’ jedem Klassik Radiosender hört man gerade alles, wirklich alles und jedem Kram. Außer Musik. Da redet eine Frau, da lacht ein Kind, da sinniert ein Mann. Beim neunten Sender dann, oh Wunder, endlich Streichmusik. Ich freue mich und fange an, zu schreiben. Doch der Elan endete jäh, denn das Stück dauert genau 28 Sekunden, bis eine wahnsinnig intensiv klingende Herrensrimme raunt: „Sie waren Romantiker! Waren Rebellen und sie waren Zauberer der Musik.“ – Und die Redaktion hatte und hat den Arsch offen. Mein Druck steigt.

Eigentlich wollte ich gut gelaunt über die Vorzüge der quasi Quarantäne in Zeiten Coronas schreiben. Doch die Laune ist im Keller, nachdem ich während des ersten Absatz noch drei mal den Sender wechseln musste, weil immer irgendein Vollidiot dazwischenquatschen musste, wie die Navi-Tante im Auto ins Lieblingshörspiel an der spannendsten Stelle „demnächst links halten und auf die A3 Richtung Frankfurt dann rechts halten“ hineinblöckt. Da ist Laune im Keller, die Aggression auf dem Weg zum Dachstuhl und aufgrund der Rage habe ich mich längst verfahren in Richtung A-Leckmichfett, Ausfahrt „Kackhausen“.

Vorzüge, Corona. Steile Überleitung, ja, doch sie geht. Zumindest bei einigen Leitmedien. Wenn ich so in den hiesigen Zeitungen lese, was die Kommentatoren so schreiben, welche Vorzüge dieses Corona und Trallala so haben, so denke ich mir einen Satz, den Satz des Tages, der Wochen, ach, der Jahre: „Gehts eigentlich noch?“ Ja, im Ernst! Gehts eigentlich noch? Da schreibt einer bei beim SPIEGEL, genauso das gleiche, wie eine bei SZ oder einer oder eine oder eines bei WELT. Alle sind sich einig. Sogar der Steingart schließt sich im Morning Briefing in seiner „hach wie bin ich heute positiv“ Stimme an: Der Shutdown ist auch eine Chance, zu entschleunigen und in sich zu kehren und mal so richtig zu sich zu kommen. Wie erwähnt: Gehts eigentlich noch?! I‘ hab Kammerflattern.

Zum ersten: Wenn ich entschleunigen will, dann mache ich das, wann ich es will. Dann schaue ich „in aller Freundschaft“, umarme Bäume im Wald oder besorge mir Valium. Dazu brauch‘ ich niemanden und am wenigsten einen Virus. Was ist das denn für eine Logik? Das ist wie bei diesen Granatendenkern, die bei Funklöchern sowas von sich geben: „Aja, ma‘ muss ja a net immer uffs Handy gugge‘, kamma ja a‘ mal sei lass‘“. Ja, Herr Dings, der das grad gesagt hat, man kann vieles. Denken, zum Beispiel. Oder einfach selber entscheiden, wann man auf das Handy glotzt, oder nicht? Vielleicht brauchen Sie, lieber Herr Dings, eine lückenhafte Netzabdeckung, weil sie zu doof sind, normal mit ihrem Smartphone umzugehen. Ich krieg‘ das noch selber hin.

Zum zweiten ist dieses „hach, dank Corona entschleunigen wir jetzt“ natürlich eine geile Aussage für 34 Jährige, alerte Journalisten, die nun mal zwei Wochen noch mehr sinnlose Netflix Serien bingen (Anm. Redaktion (hehe, ich halt): Bingen heißt, wenn man hemmungslos Serien o.ä. im Internet schaut und gar nicht mehr aufhört) und die sowieso fast nur von zu Hause aus arbeiten. Läuft bei euch. Aber für den Rentner, der jetzt seine Enkel oder für die Eltern, die ihre Kinder nicht mehr sehen können und nicht mit Skype, Discort, WhatsApp, Snapchat, FaceTime und Pornohub, halt ne, das nicht, aufgewachsen sind, ist das nicht so super entschleunigt. Und für die Kinder, die wenigstens die nächsten Wochen keine Freunde treffen können, auch nicht. Und, mit Verlaub: Ich selbst fühl‘ mich auch nicht tiefenentspannt, weil entschleunigt, eher angespannt, weil eingeschränkt.

Ich wollt‘ doch etwas positives schreiben. Hm. Ach ja, ich habe meine Ablage abgearbeitet im Büro. Und ich habe vor einigen Tagen einen wildfremden Typen etwa in meinem Alter zufällig auf Nürnbergs Straßen getroffen, der mich fragte, wie es mir geht und das wir jetzt alle zusammenhalten sollen. Einfach so sprach der mich an und sagte echt kluge, schöne Sachen. Das gab mir mehr Zuversicht, als der siebte „lasst uns entschleunigen“ Artikel.

Inzwischen bin ich auf YouTube umgestiegen, da kommen ganze Konzerte ohne Unterbrechung. Hätten wir das auch geklärt.

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Mein Anfang vom Ende – Über die Bayern, Dietmar Hopp und diese Tradition

Ich bin Bayernfan.

Damit habe ich schon wenigstens 50% der Leserschaft gegen mich. Und ich versteh‘s. Ne, ehrlich, der FCB tut wirklich viel, unfassbar unsympathisch zu wirken. Da wäre der cholerische Langzeitchef mit höchster Geber-, und geringster Nehmerqualität. Hoeneß, eine beleidigte Leberwurst vor dem Herren hat sicher auch seine guten, humanistischen Seiten. Sympathie gehört jedoch nicht zu seinen Softskills. Und wenn dann zwei ausgewachsene Geschäftsleute bei etwas Kritik mit dem dem Grundgesetz wedeln, genauer gesagt Artikel 1 und die Würde des Menschen, dann ist das für mich als einigermaßen vernunftbegabten Bayernfan nur noch peinlich.

Gut, der Stöhneß , äh Hoeneß ist nun weg. Aber auch das übrige Führungsensemble strotzt vor Antipathien und Bad Vibrations. Doch am meisten stört mich ihr Sponsoring mit Qatar, ein frauen- wie schwulenfeindliches Gottesregime, das gegen alles steht, was eine liberale Gesellschaft ausmacht. Seit bestimmt zwei Jahren denke ich daran, mich von meinem Verein loszusagen. Aber am End‘ da überwiegte die Emotion für das tolle Spiel. Aber ja, es macht mir immer weniger Spaß.

Und wenn dann noch Bayernfans Dietmar Hopp, Hoffenheims Gönner, aufs übelste schmähen, ein Mann, der in einem Monat mehr gesellschaftliches Engagement an den Tag legt, wie der gesamte Bayernblock nebst Verwandtschaft im ganzen Leben, dann regt mich das nur noch auf. Was für eine Schande ist das denn bitte, jemanden Tod sehen zu wollen, der einem nichts, aber gar nichts getan hat? Wo ist da Artikel 1 des Grundgesetzes? Immerhin haben die Chefes gut reagiert.

Das Phänomen ist nicht neu. Laut Hoffenheims Präsident wird Hopp seit 2008 so geschmäht. Was sich geändert hat, ist der Umgang des Schiedsrichter mit solchen Plakaten. Nach dreimaliger Aufforderung, das Plakat zu entfernen, wird das Spiel abgebrochen. Und das hätte nicht nur, aber eben auch in Sinsheim passieren müssen. Was für randlose Arschlöcher müssen das sein, wie maximal wollen sie Hopp, Hoffenheim, aber auch ihren eigenen Verein schaden?

Für die medial hochgelobten Geste beider Teams, dass sie sich in den letzten Minuten den Ball gegenseitig zupassten, gibt es ein Wort: Gratismut. Hoffenheim hatte beim Stand 0:6 gegen sich nix zu verlieren, Bayern dagegen nix mehr zu gewinnen. Wäre das Spiel zu dem Zeitpunkt auf der Kippe gestanden, sähen wir sicherlich ganz andere Szenen. So konnte ich mit der Geste nach anfänglichen Verständnis inzwischen wenig anfangen.

Der Hass und Neid auf Hoffenheim und Leipzig hat Tradition. Denn genau darum geht es den Schmähern: Um Tradition. Da beide Vereine nicht auf eine lange Geschichte blicken können, sind sie für manche per se weniger wert. Vor einiger Zeit diskutierte ich mit zwei Nürnberg Fans, ein Verein, dessen Tradition in den letzen Jahren vor allem im Fahrstuhlgewerbe angesiedelt war. Aber immerhin Tradition. Die sahen das genauso. Keine Tradition ist irgendwie schlecht.

Verstehen Sie mich richtig. Ich habe „ale ale ale ale eh BVB, Hurensöööööhne“ zwar nie mitgegröhlt und finde das im Fanchor zwar recht daneben, aber es ist noch im Rahmen, weil es nicht gegen eine Person geht, sondern gegen ein Fankollektiv. Dietmar Hopp ist kein Verein, er vielleicht der Geldgeber. Vor allem aber ist er Mensch und für Individuen gelten sensiblere Rechte.

Ich versuchte sodann, den Begriff Tradition als keinen grundsätzlich positiv konnotierten Begriff zu erklären. Denn die erwähnte Auf-und Absstiegkultur des FCN ist zwar irgendwie traditionell, aber wenigstens für die Fans nicht erfreulich. Europa hat eine felsenfeste antisemitische Tradtition, trotzdem war die Zeit eher nicht so cool. Für die Juden. Tradition ist kein Wert, es ist eine Zustandsbeschreibung über einen gewissen, wenigstens längeren Zeitraum. Der kann ganz toll sein, mittelmäßig oder schrecklich.

Vor allem aber ist er kein Grund, einen Verein herabzusetzen, bloß weil er etwas jünger ist, als der ehrenrührige FCN oder B oder K oder welcher auch immer. Und wenn Hopp oder der Mateschitz bei RB Leipzig investiert, übrigens mit extrem langem Atem über Jahrzehnte, dann ist das eine gute Idee, mindestens für den Nichtbayernfan. Denn RB hat es geschafft, dass die Bundesliga wieder spannender wird, was sogenannte Traditionsvereine seit Jahren nicht mehr hinkriegen. Ich prophezeie: Der nächste Bundesligsmeister heißt, wenn nicht Bayern, RB Leipzig.

Ob ich in einem Jahr noch Anhänger bin dieses Vereins, ich weiß es nicht. Die Lust singt, wegen Führung, wegen Qatar und solcher ekelhaften Fanaktionen. Die Leichtigkeit geht verloren, für die doch schönste Nebensache der Welt stehen sollte. Und wenn ich beim nächsten mal bei HoWe, Hoeneßs Wurstfabrik, zufällig den Uli treffe, möchte ich ihm genau das gerne sagen.

Doch dazu wird es nicht kommen, hat er doch das Geschäft längst an seinen Sohn abgegeben.