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Per Knopfdruck Arbeitslosigkeit: Hubertus Heil und sein Kampf gegen die Zeitarbeit

Als ich das letzte mal einen Beitrag auf der Achse des Guten verfasste, hätte ich mir nicht träumen lassen, mit welchen Widrigkeiten wir es bald zu tun haben werden. Ihnen wird es nicht anders gegangen sein. Nur kurze Zeit später gingen im Lande die Lichter aus. Ein Shutdown wurde beschlossen aufgrund eines Virus, Corona sein Name.

Mein Arbeitsalltag hatte sich seit dem dramatisch verändert. Um uns herum gingen die meisten Niederlassungen, ich arbeite für einen Personaldienstleister, in die Kurzarbeit. Ein Standort verlor über Nacht de facto all seine 300 Mitarbeiter. Ich hatte Glück. Denn unser Schwerpunkt liegt in der Lebensmittelherstellung. Plötzlich war mir bewusst: Wir sind in Zeiten der Pandemie Grundversorger. Und da die Saison für einen wichtigen Kunden in der Fleisch- und Wurstherstellung gerade begann, waren wir zum rekrutieren und einstellen verdammt. Ämter machten uns einen Strich durch die Rechnungen. Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz konnten Mitarbeiter nicht mehr in den Gesundheitsämtern bekommen. Allgemein waren alle Ämter geschlossen und Ansprechpartner nicht erreichbar, was insofern problematisch war, wenn es um Arbeitserlaubnisse von Flüchtlingen ging.

Aber all das haben wir im Laufe des Märzes hinbekommen, was mich nicht ohne Stolz erfüllt. Es waren die härtesten, aber auch spannendsten Zeiten meines Arbeitslebens, die ich niemals missen möchte. Die meiste Zeit kämpften wir gegen den Staat und Bürokratien, als gegen ein vermeintlich tödliches Virus. In meinem Artikel vom Februar merkte ich bereits an, dass meine Branche von Teilen der Gesellschaft, aber vor allem von der beinahe gesamten Politik keine Anerkennung bekommt. Die vielen positiven Kommentare auf Achgut haben mir gezeigt, dass es auch anders geht. Nur einen Tag, denke ich mir, nur einen Tag sollte Arbeitsminister Hubertus Heil mit uns mitlaufen, um zu sehen, was hier vor Ort, „an der Front“, geleistet wird und welchen Wert unsere Arbeit hat.

„Werkvertrag ist nicht gleich Zeitarbeit, Herr Heil!“

Aber es ist ihm nicht nur egal, er spuckt geradezu auf uns und auf die vielen Mitarbeiter. Am 20. Mai beschloss das Kabinett das Verbot von Werkverträgen und Zeitarbeit in der Fleischindustrie, sehen Sie hier. Gerade zu lachhaft euphemistisch klingt das Gesetzesvorhaben: „Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft“. Heil reagiert damit auf die Zustände in vielen Schlachtbetrieben, die schlicht unter aller Sau waren und sind. Kein Arbeitgeber mit dem Herz am rechten Fleck und dem Gedanken nachhaltiger Profitabsicht, die langfristig durch solche Praktiken zerstört wird, kann dies wollen. Aber deswegen Werkverträge und Zeitarbeit per se in Fleischunternehmen zu verbieten, ist der falsche Weg und zeigt den massiven Realitätsverlust des Arbeitsministers.

Zunächst handelt es sich um einen Logikfehler: Wenn einige Schlachtbetriebe Schindluder treiben, warum müssen dann die Handwerksunternehmen der Lebensmittelherstellung unter einer Gesetzesverschärfung leiden? Das sind völlig unterschiedliche Betriebsarten und Geschäftszweige! Das ist so, als würde die Politik die Pizzeria in München dicht machen, weil der Auslieferfahrer in Würzburg besoffen ausliefert. Völlig absurd! Und überhaupt ist diese Art von Sippenhaft und Kollektivstrafe moralisch fragwürdig. Oder sollte man die Politik verbieten, weil es intrigante Politiker gibt? Das wäre ungünstig für Heils SPD, die wenigstens in den Spitzenriegen aus vornehmlich rotlackierten Messerfrauen und -Männern besteht, die das „S“ ihrer Partei mit allem füllen, was jenseits Menschlichkeit und sozialem Miteinander steht, wenn mal wieder ein Topfunktionär aus dem Weg geräumt werden soll.

Zum anderen ist es absurd, Werkverträge und Zeitarbeit in einen Topf zu werfen. Wir hier vor Ort arbeiten gar nicht mit Werkverträgen. Der Unterschied besteht in der Auslegung der Arbeitsart. Im Werkvertrag gibt es ein „Werk“, eine bestimmte Sache oder Dienstleistung, an denen die Arbeit geknüpft ist. Ein Unternehmen hat beispielsweise die IT- Abteilung in eine andere Firma ausgelagert. Deren Werk liegt darin, die Server zu warten oder einen neuen Arbeitsplatz einzurichten. Die Übernahme von eigenständigen und abgeschlossenen Aufgaben werden hier in toto übernommen

In der Arbeitnehmerüberlassung (=Zeitarbeit) ist der überlassene Mitarbeiter in die Organisation des Kundenunternehmens implementiert, das heißt, der Zeitarbeiter arbeitet neben dem Stammpersonal. Nicht selten war der eigene Mitarbeiter des Kundenunternehmens auch einmal bei uns beschäftigt. Der Personaldienstleister gibt in der Arbeitnehmerüberlassung das Weisungsrecht de facto, aber auch de jure an das Kundenunternehmen ab. Logisch; wir sind ja nicht vor Ort und sagen dem Mitarbeiter, an welcher Maschine er heute steht. In einem Werkvertrag behält der Dienstleister das Weisungsrecht im Rahmen des Projektmanagements bei sich.

Aber das sind für Hubertus Heil Spritzfindigkeiten. Ich bezweifle, dass er den Unterschied überhaupt kennt, geschweige denn ihn dieser interessiert. Er will ein Zeichen setzen gegen zwei Branchen, die ihm im Grunde ein Dorn im Auge sind. Zeitarbeit und Fleischindustrie. Er spricht vom System der „Sub-Sub-Sub-Sub-Unternehmen“, das zweifellos existiert, keine Frage, aber in der gesamte Branche einen Bruchteil ausmacht, weswegen er eine ganze Branche, genauer gesagt zwei Branchen, schreddern will. Zwei Branchen, die seinen Haushalt klein halten, weil viele Mitarbeiter ansonsten Arbeitslosengeld 2 erhalten würden, da sie aufgrund mangelnder Qualifikation und Sprachkenntnissen keiner einstellen würde.

Per Knopfdruck beschlossene Arbeitslosigkeit

Liberalismus heißt, nicht Gott spielen zu wollen. Und genau das tut der Arbeitsminister und das Kabinett. Wenn dieses Gesetz durch alle Instanzen geht, bedeutet das das womöglich das Ende meiner Niederlassung. Ganz sicher aber heißt es, dass wir die Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Unqualifizierte Helfer, in der Regel Ausländer, nicht selten Flüchtlinge. Eben noch im Kalkül der Linksbesaiteten zum schützenswerten Kuschelmenschen degradiert, sind sie nun das Bauernopfer in einem in sich perversen Politikerspiel ohne Moral und Haltung. Während wir jeden einzelnen Mitarbeiter wertschätzen, ihnen das Gefühl geben, dass sie gebraucht werden (und nicht nur das Gefühl. Sie sind unschätzbar wichtig und werden gebraucht!) sind sie für Heil und Co Mittel zum Zweck in einem moralinverbitterten Wettbewerb.

Zum Beginn der größten Wirtschaftskrise seit 1945 kommt aus dem Arbeitsministerium ein ganz besonderes Geschenk:Per Knopfdruck beschlossene Arbeitslosigkeit. Hubertus Heil wird die Krise nicht treffen. Er ist finanziell wohl gepampert. Aber seine Wähler, falls noch welche übrig bleiben, werden die Rezession mit voller Wucht spüren. Sie werden sich an Hubertus Heil erinnern und eine im Kern entkernte Sozialdemokratie, die gern über ihre Erfolge spricht, vorausgesetzt sie hängen nicht mit dem Namen Gerd Schröder zusammen. Der Kanzler, der die Arbeitnehmerüberlassung möglich machte und damit Millionen Menschen, hoch zufriedene Beschäftigte und Ex-Mitarbeiter, die uns stetig weiterempfehlen, in Arbeit und Würde brachte.

 

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Jebsen, Naidoo, Hildmann oder: Das Triumvirat der Hirnverbrannten

Es muss hart sein, das Leben als neuer Rechter, die im übrigen meist eher ältere Herrschaften sind. Aber das nur am Rande der Physik. Hart muss  es sein, so zu sein. Ja. Stellen Sie sich vor, sie müssen den schlechtesten Journalisten der Welt ertragen, während Sie Baklava-klebrige Schmalzmusik hören und irgendeine vegane Pampe in sich hineinstopfen. Ein Albtraum, der die Tage Realität wird. Das Triumvirat der Hirnverbrannten hört auf die Namen Ken Jebsen, Xavier Naidoo und Attila Hildmann.
Die Jungs haben mindestens eine Sache, neben der Perversion ihrer Profession, gemein. Sie erzählen die Geschichte der Verschwörung um Corona. „Neue Weltordnung“, „totale Kontrolle“ und irgendetwas über Bill Gates. Ich möchte diesen schwer debilen Mist nicht wiederholen, wirklich nicht.

2011 erlangte der damalige RBB Moderator Ken Jebsen Bekanntheit, als er in seinem Hörfunktprogramm cruden Antisemitismus von sich gab und anschließend nach langem Zaudern vom Berliner ÖR-Sender gefeuert wurde. Es war Henyrk Broder und der Achse des Guten zu verdanken, dass die Geschichte aufgedeckt wurde. Lesen Sie Kens Mail, dann wissen Sie, was ich meine. Und so ist es auch keine Überraschung, dass Jebsen zu Gast beim – wie sagt man es konformistisch? -„israelkritischen“ Youtuber Thilo Jung war, wo er wiederum gar nicht kritisch befragt wurde und ausführlich zu Wort kam. Jebsen ist eigentlich kein typischer neuer Rechter, er ist auf seine Weise ein grenzdebiler Grenzgänger in den Extremen, der Anhänger bei Linken hat, aber auch bei Rechten oder bis dato „mittigen“ Menschen. Das ist nicht neu.

Daniele Ganser verdient so sein Geld, Uwe Steimle genießt diese Gesinnungsmelange, die Redaktion von „Neues aus der Anstalt“ mindestens dann, wenn sie mal wieder über den Einfluss der Mont Pelerin Society auf die Welt sinniert; freilich ganz künstlerisch. Es ist ja kein Wunder: Gegen USA und Israel zu sein, die ganz großen Zusammenhänge zwischen Elite, Kapital und Politik zu spinnen, ist so genuin links, wie es genuin rechts ist. Brothers from another mother oder, um die Stealers Wheels zu zitieren, „Clowns to the left, jokers to the right“.

So eignen sich die Wahnsinnsmaßnahmen in Coronazeiten ganz vorzüglich, um sich in Stellung zu bringen. Xavier Naidoo gibt es ganz offen zu, dass er die Zeit und seine Popularität dafür nutzt, „die Wahrheit“ auszusprechen. Der Sänger, der vor 20 Jahren noch völlig zu Recht Held der HipHop Szene war, als er mit „Letzte Warnung“ den Anschlag auf den schwarzen Adriano musikalisch verurteilte und zum intellektuellen Gegenschlag aufrief, hat sich von den Werten der Studentenrapper, zu denen er nie wirklich gehören wollte, emanzipiert. Das antikapitalistische, antiamerikanische ist geblieben und deckt sich mit dem heutigen Kurs des Mannheimers, garniert mit seinem Reichsbürgerkram, wo man eigentlich nur noch lachen kann, wäre es nicht so ernst.

Und da ist da noch Attila Hildmann. So wenig, wie sein Vor- zu seinem Nachnamen passt, so sehr ging mir dieser Naziveganer schon immer auf die Nerven. Wo Adolf noch halbherzig Vegetarier war, geht der Koch den konsequenten Weg. Er schafft als vertriebliches Naturtalent seine Geschichte mit seinem Veganismus und seinen Kochbüchern, zu verkaufen. Nun ist er der dritte im Bunde, auch wenn er schon mal formvollendet an einer Demonstration widerlegt wurde.

Es ist einerseits beruhigend und andererseits beängstigend, dass so viele, immerhin Tausende auf den Straßen und zehntausende im Netz, diesen drei Leuchten folgen. Beruhigend, weil sie eben nur Leuchten sind. Sie haben kein Amt, keine große Strahlkraft, sie sind wenig intelligent und politisch nicht vernetzt. Vor denen braucht man sich nicht zu fürchten (Ausnahme: Naidoos Musik). Beängstigend erscheint es mir aber, weil sie eben nur Leuchten sind. Denn stellen Sie sich vor, es kommt einer mit Strahlraft, mit Intelligenz und Vernetzung? Ich möcht‘ es mir lieber nicht ausmalen.

Es gibt aber auch noch gute Nachrichten aus dem Reich der Verschwörer. Andreas Kalbitz, der die Aura eines alkoholisierten Dynamo Dresden Fans versprüht, ist aus der AfD ausgeschlossen worden. Es ist nach Poggenburg, Sayn-Wittgenstein und Gedeon der vierte prominente, glasklare Rechtsextreme, der aus der Partei geworfen wird. Alle sind übrigens auch veritable Weltverschwörer, wo wir wieder bei unserem Gaga-Trio sind. Doch im Gegensatz zu Naidoo, Jebsen und Hildmann hatten die Politiker wirklich Einfluss, der nun gekappt wurde. Gedeon ist heute bedeutungslos, Poggenburg trollt ein wenig durch Twitter, das wars dann auch Und Frau Wittgenstein wurde nie mehr gesehen. Wie es sich mit Pitbull – Kalbitz verhält, bleibt abzuwarten.

Es bleibt die Antwort auf die Frage, warum so viele relativ vernünftige Menschen diesen wirren Theorien hinterherlaufen. Ich glaube, dass es die eine, finale Antwort nicht gibt. Für mich bleibt es bis heute ein mittleres Rätsel, warum Menschen ohne Not Halt in Religionen suchen. „Ohne Not“ meine ich hier ganz wörtlich. Mit dem Revolver an der Schläfe würde ich jeden Mist glauben, in der Hoffnung, gerettet zu werden. Aber Menschen mit geklärten Leben, Haus und Job und Geld? Genau diese Menschen oder besser, auch Leute dieser Art von Menschsein glauben nun, dass Bill Gates mit der Windows 2000 Version die Menschen manipuliert hat. „Sie nutzen doch auch Outlook? Excel und Word? Aha. Merken Sie was?“
Ich merke, dass mir Excel tierisch auf die Nerven geht. Das war’s dann aber auch. Mir scheint es, sagen Sie mir wenn ich mich täusche, es handle sich um den gleichen Schlag Mensch, der zu Globuli greift oder zum Schüssler Salz Nummer 7 gegen Gicht. (Natürlich ist nicht jeder so) Menschen, bei denen die Rationalitätstoleranz recht nedrig angesetzt ist und Emotionen im Zweifel den Verstand ablösen. Das klingt wertender, als es gemeint ist. Mein Verstand setzt regelmäßig bei der Serie  „In aller Freundschaft“ aus, die objektiv nicht schlecht ist, objektiv gute Schauspieler im Cast hat, aber objektiv echt mittelmäßige Storys bietet. Der Mensch ist eben keine Maschine und das Herz ist lediglich anatomisch betrachtet ein Muskel. Gälte diese absolute Rationalität, würden wir unter dem musikalischen Niveau von Gustav Mahler gar keine Musik mehr hören wollen.

Xaviers Plörrenmusik, die sich anhört, wie ein warmes Paderborner-Bier schmeckt, wäre da längst raus. Und auch seine unterkomplexen Thesen muss man sich nicht anhören. Geschweige denn mit ihm, oder mit Jebsen oder Hildmann reden. Was ist das eigentlich für eine unsinnige Floskel, man müsse immer mit allen Menschen reden? Was soll ich mit Rechtsextremisten über Ausländer sprechen? Um herauszufinden, dass er etwas gegen Ausländer haben? Wow. Welchen Sinn ergibt das Gespräch mit Islamisten über Homosexialität? Er mag mich also nicht, ach Herr je, echt?  Oder wozu macht ein Plausch mit Linksextremisten Sinn, über ihr Verhältnis zu Israel? Oh,, sie sind also Antizionisten, also Antisemiten. Quelle surprise! Mit Extremisten muss ich gar nicht reden, muss niemand reden. Zumindest nicht über ihre extremen Themen.

Und das Triumvirat der Hirnverbrannten ist längst im Extremismus angekommen, falls sie jemals woanders waren.

 

 

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Julians Coronatagebuch – Folge 15 – Über CDU Öl, Servicekatastrophen und ein bisschen über die Bundesliga

Deutschland ist ja bekannt für seine fulminante Servicekultur.

Ok, #Ironieoff. Noch einmal.

Deutschland ist ja bekannt für seine abgefuckte Servicewüste. Besser.

Wenn ein durchschnittlicher Ami einen teutschen Laden betritt und an der Kasse im Stakato-Aldi Tempo abgefertigt wird, als sei er auf der Flucht vor enem kannibalischen Pygmäenstamm, kriegt der gemeine Zupfer schon mal einen nervous breakdown. Das ist er nicht gewohnt und ganz ehrlich, ganz unrecht hat er nicht. Welche Bratzen, ob in der Bahn, in der Gastronomie oder im Supermarkt ihrer üblen Laune frönen, ist schon beachtlich. Frei nach dem Motto „Boah echt? Ein Kunde? Gehts noch?“

So geschehen auch zur letzten Nacht. Der Hunger kam über uns, also bestellten wir bei Lieferando. Gut, es war Mitternacht und man kann sich vorstellen, welche Qualitätsbuden es um die Zeit noch nötig haben, auszuliefern. Aber egal, das war nicht das erste mal, also bestellten wir bei dem einen eben. Ja.

Wie es so ist um 12, man ist müd‘. Wir schliefen ein und wurden nach mehrfachem Klingeln geweckt. Ich schlappte hundemüde ins Freie und der übel launige Fahrer begrüßte mich schon von weiten mit den Worten „immer Probleme mit dir!“. Jaja, diese Kunden. Nur Stress mit denen. Hätt‘ ich mal woanders bestellt.

Gut, das letzte mal hat Lieferando eine abweichende Anschrift aus den GPS Daten gezogen und der gleiche Fahrer stand verdutzt und 200 Meter weiter an einem Personaleingang der S-Bahnstation. Da wohnt wohl keiner. Und dieses mal sind wir eben eingeschlafen und der Fahrer musste ganze 5 Minuten warten. „Immer Probleme mit dir!“. Und so sagte er auch nicht danke, als ich ihm ganze drei Euro Trinkgeld gab.

Service und Deutschland sind wie die Königskinder, die nie zusammen kommen. Zum Essen muss ich sagen: Jo. War nicht gut. Das ist auch das Geschäftsmodell der Bude, auf keinen Fall zu gutes Essen zu servieren. Das würde ja das Image zerstören. In anderen Ländern würde dort niemand mehr freiwillig bestellen. Wir dagegen sind Stammkunden. Läuft.

Laufen „tun“ auch die Bundesligaprofis wieder. Und ich find‘ es gut. Ne, echt! Viele sind skeptisch. Die einen wegen der Sicherheit, die anderen, weil bei Geisterspielen der Flair verloren ist. Nun, beides hat etwas für sich. Beim ersten bleibt mir zu vertrauen, dass das sonst sehr restriktive Vorgehen von Bayern die Situation gut einschätzen kann.

Zum Thema „Spiele ohne Publikum“. Nun, das ist natürlich weder optimal, noch wünschenswert. Aber besser, als nix. Man darf nicht vergessen: Die Vereine sind auch Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, die Steuern zahlen und Sozialabgaben. Man kann dieses System nicht über Monate lahm legen und denken, mit noch mehr gedrucktem Geld könne man die Probleme lösen. Das ist eine Illusion. Irgendwann wird der Wirt kommen mit der Rechnung und dann hilft auch kein Helikoptergeld, deficit spending und sonstige vulgär-keynsianische Maßnahmen, die noch nie halfen und niemals helfen werden.

In Franken gibt es drei Profifußballvereine. Nürnberg und Fürth spielen in der zweiten Liga, Würzburg in der dritten Liga. Von Mondgehälter wie bei den Bayern sind die Vereine weit entfernt. Alle drei sind für die Region wichtige Arbeitgeber. Ein gegeneinander ausspielen (Gastro vs Fußball vs Kita) ist sinnlos und schafft lediglich Neiddebatten, die im übrigen, neben der Servicephobie, auch etwas arg Deutsches ist.

Dann schrieb mich ein Freund an, er sei ja so begeistert vom CDU Öl. Ahja, ok? Na gut, CDU Öl. Warum nicht? Öl aus Helmut Kohl.

Er meinte natürlich CBD Öl. Sie wissen schon, diese legalen THC-haltigen Tropfen, die sich neuerdings die Mittelschicht hinter die Binde klemmt. I‘ kann da nicht mitreden, aber bei Amazon überschlagen sich die begeisterten Anwender. „Entspannung pur nach einem langen Arbeitstag“, „Ein Öl, wie es nicht besser sein könnte. Nach der Einnahme fühle ich mich deutlich wohler.“ sind nur zwei Stimmen von vielen.  Und dann habe ich nachgedacht. Das wäre doch etwas für meine Arbeit.

Nicht nur für mich, das eh, aber auch für meine Mitarbeiter. Neben dem Desinfektionsmittel am Eingang könnte ich, pro forma, auch die CBD Tropfen hinstellen. Oder bei Bedarf. Mitarbeitergespräch, Kündigungsgespräch, Abmahnung, Kurzarbeit. „Ohje, der Plutz kommt wieder mit seinen Tropfen“ heißt es da. Aber man kann auch positive Gespräche mit dem Öl garnieren. Neuer Vertrag? „Nehmen Sie doch fünf Tropfen für unter die Zunge“. Gehaltserhöhung? „Ich mach‘ Ihnen einen Tee mit CBD!“. Das würde die Mitarbeiter nicht nur beamen, sondern auch binden. An das Unternehmen.

Ich wünsche euch und Ihnen eine angenehme Zeit. Und immer dran denken: Wer am Service spart, spart am Umsatz. Außer man ist in Deutschland. Da lässt man sich sogar von schlecht gelaunten Lieferfahrern beschimpfen, die schlechtes Essen bringen.

 

 

 

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Propaganda Lernen mit dem ZDF – Die Serie „Deutscher“ im Neomarius-Schredder

Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk mal wieder Moralfernsehen vorgibt, überlassen die Redakteure und Produzenten nichts dem Zufall. „Gut“ und „Böse“ sind da fein strukturiert und die üblichen und natürlichen Nuancen, die gerade politische Sendungen doch ausmachen, sind in dem Fehl fehl am Platz. Das würde ja den Erziehungsauftrag gefährden. Das deutsche Kind war so ein Film, den ich vor einiger Zeit und völlig zu Recht in den Schredder steckte. Just in den Tagen stieß ich auf die Serie Deutscher. Ich muss sagen, einen solch schwarz-weiß verblödeten Hirnfick habe ich lange nicht gesehen. Doch „first things first“ wie der gepflegte Brite es zu formulieren weiß.

Sie fragen sich vielleicht, warum ich die Serie, die ich offenkundig nicht leiden kann, trotzdem schaue. Die Antwort ist simpel. Weil sie sehr gut inszeniert ist, hochglanz und so, und sie mich unterhält. Im Ernst! Ich musste mehrfach laut lachen, weil so groteske Szenen dabei sind, die in 100 Jahren nicht im Alltag passieren würden, aber dennoch gedreht werden, da sie gezeigt werden müssen. Weil sie das Klischee verwahrheiten. Weil sie das Volk in Stellung bringen, was das Volk denn gefälligst zu denken hat.

Worum geht es in „Deutscher“? In aller Kürze: In Berlin gewinnt eine „rechtspopulistische“ Partei die absolute Mehrheit. Die Serie dreht sich um zwei Familien, Nachbarn, Kinder um die 16 , die befreundet sind. Die einen sind die Guten, die haben die Rechtspopulisten nicht gewählt und sind intellektuell. Die anderen sind, oh wunder, die Bösen. Der Mann im Haus ist Handwerker.  Bei seiner Frau ist – Stand Episode 1 – ist es noch unklar, was sie gewählt hat, aber das ist ja auch egal. Sippenhaft is a must! Genauso wie das Kind, das zwar gar nicht wählen kann, aber dennoch eine gewisse Schuld trägt. Mit gehangen, mitgefangen. Alle in einen Sack und Knüppel drauf, man trifft immer den richtigen. Die Bösen grillen übrigens ständig, was ein klarer Hinweis auf Nazigedankengut ist. Logisch. Die anderen, die Bioguten, essen bio (kein Witz). So stellt sich das ZDF also die Deutschen vor.

Wenn der Wahnsinn cineastisch wird, dann findet man ihn in den Öffentlichen. Und so ist auch der Titel der Serie „Deutscher“ kein Zufall. Deutscher! Haben Sie das Wort auch gerade mit Hitler-Akzent im Ohr? Deutsch, so denkt es in den Machern, ist schon unangenehm genug. Aber Deutscher! Also noch mehr Deutsch! Das geht mal gar nicht. Und ist ganz klar rechts. Rechter!

In der ersten Folge gewinnen also die Rechtspopulisten die Wahl.  Zwar weiß keiner so genau, was mit „Rechtspopulisten“ gemeint ist, außer, dass es irgendwie schlecht ist. Und die Vorstufe von Neonazis. Also fast Hitler. Die sind nun in Berlin an der Macht und der Handwerker, Sie werden es nicht glauben, ist entgegen der Gewohnheit nach dem Saunagang NICHT hundemüde, sondern bereit für den Geschlechtsakt. Zur Feier des Tages. Der dickliche, etwas doofe Naziwähler kriegt endlich wieder einen hoch, da der Führer den Reichstag betritt. Ja, diese Szene ist echt gedreht und gesendet worden.

Kleine Zwischenbemerkung: In Berlin wird in den nächsten Jahrhunderten nichts mehr an die Macht kommen, was jenseits der SPD ist. Berlin ist so links, wie ein Kommentar von Jakob Augstein. Berlin ist immerlinks, wie immergrün die Tanne ist. Allein diesen Punkt vergessen die Macher, oder sie ignorieren ihn, geht es doch ums große Ganze.

In die Apotheke um die Ecke, in der natürlich der perfekt angepasste Deutschtürke ohne Akzent arbeitet, kommt als Kundschaft die überaus garstige Nazitante in den Laden und kauft ihre Hämorrhoidensalbe. Nicht, ohne das Wahlergebnis zu feiern und den Mitarbeiter sein Deutschsein abzusprechen. Wir sind bei Minuten 10:55 und es sind bereits mehr Stereotype verbraten worden, als bei einem NPD Parteitag.

Minute 11:00. Ein Schüler bricht zusammen, der Vater der intellektuellen Gutnachbarn ist völlig überraschend von Beruf Lehrer. Laut einem anderem Schüler kommt der Hinweis, der Kollabierte Drogen genommen. Der heran eilende Schüler sagt dann auch noch, nachdem er die Nachricht dem Lehrer mitteilte: „Daran sind die Kanacken schuld, die verticken immer scheiß Zeug.“ Ok. Ich muss durchatmen und nachschenken. Wenn der Plot dieses Tempo an Stereotypen einhält, dann wird in Minute 25:00 Buchenwald eröffnet, ich schwör‘. Davon abgesehen wäre das Wort „Kanacke“, wenn ich Lehrer wäre, ein Verweis wert. Aber das nur am Rande.
Minute 12:00. Nazijungs pöbeln beim ausländisch anmutenden Imbiss. Der Druckt steigt.

Doch dann nimmt die Story noch mehr Fahrt auf. Der Sohn der Gutmenschen ist erkennbar von den Nachbarn, also von den Wutbürgern kontaminiert. Denn er spricht im pädagogisch überaus wertvollem, wenn auch kurzen Gespräch mit dem Lehrkrörpervater von „Kanacken“, die dealen und seinen besten Freund, der Sohn vom Nazihandwerker, „abfucken.“, also mobben. Sodann verschwindet er wütend aufs Zimmer. Die Eltern verstehen es nicht, warum der Junge so redet. „Er meint es nicht so“ erwidert die Mutter.

Die Nazifamilie hat wenigstens Humor. „Zusammen sind wir stärker als die Knallköppe von der Pampa“ sagt er aufbauend zu seinem Sohn, der von den Mobbingerfahrungen erzählt. Das ist der erste Satz, der auch von echten Menschen hätte kommen können. Immerhin.

Minute 15:00. Verliebte Teenies können sich nicht treffen, weil die Eltern aufgrund der Wahl ihren Kindern verboten haben, Abends auf die Straße zu gehen. Diese Rechtspopulisten aber auch, jetzt entführen sie schon biodeutsche Kinder. Zum ersten mal denke ich an den Abend an Corona.

Minute 21:00, ich hab‘ Kopfschmerzen. Der Apothekenmitarbeiter, der von der Nazioma doof angemacht wurde, objektiv ist er nicht biodeutsch, fährt bei einer Ampel auf ein stehendes Fahrzeug. Fernab der Unlogik, da die Ampel von rot auf grün geht und das Auto davor nicht losfährt, jedoch das vom Apotheker, OHNE, dass er nach vorne gesehen hätte, um zu merken, dass grün ist und ein Auto steht, passiert das, was passieren sollte: Ein Aufprall. Die Story muss ja weiter gehen. Aus dem Unfallauto steigen drei junge Herrschaften aus, die sofort einen rassistischen Spruch auf den Lippen haben, als sie merkten, wer da am Steuer saß. Die drei Nazis sagen zwei Nazisprüche und der „Ausländer“, doof wie er ist, lässt sich provozieren und geht in einen Kampf. Drei gegen einen. Jemanden, der mindestens eine Ausbildung gemacht hat, womöglich sogar studiert, also nicht ganz zapfendoof ist, so ein scheiß blödes Verhalten zu unterstellen, grenzt an Rassismus. Jaja. Der Türke ist aber auch so emotional. Unfassbar.

Die Serie ist jetzt schon, 25:00 Minuten geschaut, kaputt. Buchenwald hat entgegen meiner Prognose nicht wieder eröffnet, aber ansonsten läuft alles nach Plan. Was der Serie jetzt fehlt, ist ein wenig Homoerotik. Ja, wirklich. Naja, ich schau‘ mal weiter. Schwanger ist sie, die Gutmutter. Ob sie das Kind behält? Oder fiese Ausländer es ihr wegschwatten? Man weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass die Eltern ihre Kinder wie selbstverständlich in die Schule fahren. Man, das hätte ich auch gern gehabt.

Wichtig ist für die Erzählung, dass auch wirklich jedes Stereotyp sitzt. Die Rechten grillen nicht nur ständig „fettes Zeug“ (Zitat: Biolehrerpapa), sie haben auch den Drang, ins Fitnessstudio zu gehen, um Muskeln aufzubauen. Ein gewisser Olaf, offenkundig super rechts und super reich, er fährt einen Porsche Cayenne, hat einen Fittnessraum finanziert, wo der Junge aus der Nazifamilie nun hingehen will. Schwer verdächtig.

Das Ende der Episode MUSSTE dramatisch sein. Klar. Im hoch heiligen Gesang einer Hintergrundmelodie stürmen die Besitzer des erwähnten Imbisses zum Imbiss, der in Flammen steht. Ja. Das alles, weil die Rechtspopulisten die absolute Mehrheit in der Berliner Parlament gewannen. Sowas passiert von sowas. Hättet ihr mal gescheit gewählt. Dann wäre das Schnellrestaurant noch heile und der nicht biodeutsche Apotheker auch.

Es ist unglaublich, was das ZDF seinen Zuschauern zumutet. Die Episode war nicht lustig, sie war nicht spannend, sie war nicht traurig, wenn man mal die arme Existenz dieser Drecksschreiber abzieht, die so einen Sondermüll aufs Papier bringen. Die Sendung war nicht geistreich, sie war nicht originell. Sie war nicht mal Trash. Sie war gar nix. Das einzige, was die Episode hatte, war eine Agenda. Sie wollte spalten. Ganz bewusst und gnadenlos herzlos einen Strich, ach nein, einen Krater durch die Gesellschaft sägen. Hier, die moralisch Überlegenden, dort, das miese, unerhebliche Wutvolk. Was für ein Ausverkauf von Intellekt, was für eine Beleidigung an Film als kulturelles Gut.
Das hätte auch in eine Lindenstraße-Folge gepasst.