Als echtes televisives Schmuckstück gilt der Auftritt von Frank Zappa bei Crossfire. Es ist ein Vergnügen zu sehen, wie stoisch der Musiker seine These, „just words“ in die Kamera raunt, während sich die Moralrichter die Zähne an dem widerspenstigen Zottel ausbeißen. Anklagepunkt: Politische Unkorrektheit in Wort und Ton. Zappa wagte es, Texte zu schreiben, die jenseits der evangelikalen Prüderie den geneigten Zuhörer amüsierten und es bis heute noch tun. How dare he!
Zappa bestreitet den von Tom Braden vorgetragenen Einwand, er würde die Macht von Worten klein reden. Worte hätten sehr wohl Konsequenzen auf die Handlungen des Alltags, was Zappa negierte.
Worte, bloß Worte
Im heutigen Sprachcode der political correctness heißt das, man „gieße Öl ins Feuer“, oder man sei „geistiger Brandstifter“, man „gäbe Wasser auf die Mühlen der Rechten“. Henryk Broder und Roland Tichy sind laut Claudia Roth Stichwortgeber für Hass der neuen Rechten, die man „benennen müsse“, was immer das heißen mag. Doch dazu später mehr. „Aus Worten folgen Taten“, sagt Renate Künast im gleichen Interview und zieht damit in wenigen Sätzen eine intellektuell höchst sportive Linie von erhaltenen Hasskommentaren zum Anschlag in Halle.
Nichts mit „Words, just Words“. Aber, wie es so mit den hohen moralischen Standards: Die Fallhöhe wird größer und manchmal trifft es auch die Jungs und Mädels vom eigenen Turnverein; die Tugendwächter, was die Angelegenheit freilich nicht besser macht. Eine taz Journalistin, deren Name klingt wie einer dieser unaussprechbaren Vulkane, misslingt auf ganzer Linie ein Kommentar, Sie werden ihn inzwischen kennen. Polizisten auf den Müllhaufen. Ok, nicht nett, gar nicht nett und vielleicht sogar justiziabel. Aber nach Zappa, bleiben wir fair, sind es Worte. Mir ist diese Kausalität zu simpel, dass das böse Wort zur bösen Tat wird. Zu Wahnsinnsverbrechen gehören viel mehr als Wahnsinnsworte.
Doch wie reagiert das kommentierende Milieu? Ein Beitrag in einem Tagesschaukommentar nennt den Artikel ebenfalls ein Stück „geistiger Brandstiftung“. Horst Seehofer sprach von der „Enthemmung der Worte“, das die Gewalt gegen die Polizei in Stuttgart begünstigte. Wirklich? Ist es so einfach? Frau Dings schreibt einen stilistisch gruseligen Beitrag. Ok. Eine Horde von Gewalttätern liest ihn und denkt sich: „Boah, heute Abend in Stuttgart hauen wir der Polizei die Fresse ein!“ Mit Verlaub, Herr Innenminister, aber des is doch a Schmarrn. Auch hier gilt: Für Wahnsinnstaten bedarf es mehr als Wahnsinnsworte.
Ist die Wahrheit einfach nicht gut genug?
Es hat sich über Jahre eine Debatte festdiskutiert, die sich nicht weiterbewegt. Todernste Journalisten schreiben mit zittriger Feder, dass aus diesem Internet der Hass in die Köpfe der Menschen kriecht, um Politiker zu erschießen, Polizisten angreifen oder sonstige sogenannte Hassverbrechen zu begehen. Das Umfeld des Täters, Kulturraum, Sozialisierung spielt anscheinend keine Rolle. Weshalb ist die eine Gruppe auffälliger, als die andere? Weshalb scheint es zu sein, dass Polen oder Vietnamesen und Griechen seltener in Gewalttaten involviert sind, als andere?
Leider sind solche Frage höchst problematisch und statistisch nicht immer zu belegen, was daran liegt, dass viele Bundesländer solche Zahlen gar nicht führen. Allein die Erhebung sei schon rassistisch, sagen die Wächter der politischen Korrektheit. Doch Moment mal, eine Zahl ausgeschrieben ist doch ein Wort und somit entweder „nur ein Wort“, oder eben etwas, aus dem Taten folgen. Sollten wir dann genau die Wahrheiten verbieten, die zu negativen Konsequenzen führen könnte? Wie in Batmans „Dark Knight“ es am Ende heißt: „Manchmal ist die Wahrheit nicht gut genug.“ ist es das, was sie wollen? Was wäre das für eine sterile Wohlfühldiktatur, fern ab von Erwachsenensprache und eingesperrt im Korsett des neuen Puritanismus.
Ein Wort noch zu Claudia Roth. Ist es schon einmal vorgekommen, dass der Vizepräsident eines Verfassungsorgans, dem Volk oder der Polizei oder wen auch immer beauftragt, „die Stichwortgeber zu nennen“ die für „Hetze und Falschaussagen“ sorgen? Was für eine unglaubliche Vermessenheit, die gefährlich ist, denn bringt sie doch die viel zitierten Social Justice Warriors in Stellung.
Frank Zappas größtes Verdienst ist jedoch etwas ganz anderes. Er hat dieses wunderbare Lied He‘s so gay geschrieben. Ein Titel, den ich gerne etwas lauter als nötig aufdrehe, wenn mein Partner mal wieder entsprechende Attitüden an den Tag legt, die mich an eben dieses Lied erinnern lassen. Sorry, Aleks.
Ich glaube, wir sollten uns einmal mehr an Zappas Credo halten. Halten Sie den Satz in Ehren:“ Für Wahnsinnstaten braucht es mehr als Wahnsinnsworte.“