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Der ewige Jogi – Warum er gehen muss und wer ihm nachfolgen könnte

von Julian Marius Plutz

Sind wir mal ehrlich: Die schönste Freude ist und bleibt die Schadenfreude. Nachdem ich am Dienstag Abend völlig vergessen hatte, dass die DFB Elf gegen Spanien antrat, zwitscherte mir ein Vogel die frohe Kunde des ersten Gegentores.

„Du kannst einschalten – Deutschland liegt hinten!“ Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Hintergrund der Freude ist, da bin ich ehrlich: Ich kann Jogi Löw nicht mehr sehen. Ja, es tut mir leid. Der Mann, der sich selbst als Visionär bezeichnet und eine beeindruckende Arroganz an den Tag legt, hat mir die Nationalmannschaft madig gemacht. Ob sein Auftreten, sein Umgang mit den Erdogan-Freunden Gündogan und Özil, oder sein generelles Ausmustern absoluter Leistungsträger. Es ist Zeit für jemanden anderes. Es ist Zeit für etwas anderes. Wie bei der ewigen Angela ist es für den Bundesjogi nun soweit: Er muss gehen.

Und so schaute ich mit Genugtuung die 6:0 Schmach gegen Spanien an. Doch bei all der schlechten Leistungen brauchen sich die Deutschen keine Gedanken machen: Infiziert an Corona haben sie sich bei keinem Spanier – Dafür standen sie zu weit weg vom Gegner. Die atemberaubende Unlust der Spieler, sich auch nur ein wenig für das nationale Mannschaft ins Zeug zu legen, war mit den Händen zu greifen. Keine Motivation, kein Ehrgeiz. Elf Lappen unter Regie des zwölften Oberlappen blamierten sich und ihre Fußballnation in einer Weise, die man durchaus als präzedenzlos bezeichnen kann.

Seit zwei Jahren keine Entwicklung

Es stimmt: Es ist leicht, nach einem verloren gegangenen Spiel die Schuld am Trainer zu suchen. Verantwortlich seien doch die Spieler auf dem Platz. Dazu zwei Anmerkungen.

1. Ich bin durchaus dafür, einige Spieler auszutauschen. Um mit den Worten des Personalers zu sprechen: Bei groben Fehlverhalten ist eine fristlose Kündigung durchaus vertretbar. Und diese fußballerische Unverschämtheit in Form von blanker Arbeitsverweigerung hätte durchaus das Zeug, den einen oder anderen, mindestens auf Zeit, nicht mehr in den Kader zu berufen.

2. Der Trainer spielt zwar nicht mit, aber er stellt auf, taktiert und motiviert. Zum wiederholten Mal versagte hier Löw. Was spätestens 2018 bei der WM begann, wahrscheinlich viel früher, mündete in sechs Gegentoren. Traumschön. Löw hat keinen Zugriff mehr auf den Kader. Er kann die Spieler offenkundig nicht mehr antreiben. Nicht immer sollte der Trainer ausgetauscht werden – aber irgendwann dann doch einmal. Und nach zwei Jahren ohne erkennbaren Fortschritt ist es an der Zeit. Löw hatte seine Verdienste. „Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi“ sagte er zu Mario Götze, der anschließend Deutschland zum Weltmeister machte. Legendär. Doch das ist sechs Jahre her. Seit dem ist viel passiert – und nicht wirklich viel gutes.

Und dennoch bleibt Löw. Es ist kaum zu glauben. Wenn ich über zwei Jahre so arbeiten würde, würde ich keine zwei Jahre arbeiten, sondern sechs Wochen. Löw sieht sich jedoch nicht als bloßer Angestellter. Er ist Visionär und Philosoph. Er steht über den Dingen. Was für andere gilt, zählt nicht für Jogi Löw. Wie Angela Merkel hat sich Löw eine derartig starke Machtbasis aufgebaut, dass er praktisch tun und lassen kann, was er will. Er bleibt.

Warum nicht mal ein Sänger?

Und dennoch muss sich der DFB schon jetzt auf die Situation einstellen, einen neuen Trainer, der dieses Mal etwas irdischer unterwegs sein sollte, einstellen. Ich habe da mal eine Liste angefertigt, von Personen, denen ich den Job mindestens so zutraue, wie Löw selbst:

Jogi Löw. Das ist die wahrscheinlichste Variante. Löw tritt ab und wird gleich wieder eingestellt. Ist ja auch praktisch. Der neue und alte Bundestrainer weiß, wo alles steht und hängt. Man muss ihm nix erklären. Die Spieler kennen ihn und das Raucherzimmer steht noch. Einziger Nachteil: Es ändert sich nix. Aber das scheint auch gar nicht so gewollt sein.

Werner Lorant: Der sympathische Fußballlehrer, der 1860 München wie kein zweiter prägte, stach vor allem mit seiner gelebten Menschlichkeit heraus. Unerreicht bleiben seine Stilblüten wie „Ich wechsle nur aus, wenn sich jemand ein Bein bricht“, oder „Was soll ich mit den Spielern reden, ich bin doch kein Pfarrer“. Das Gute ist: Werner Lorant ist gerade auf dem Markt. Er ist also zu haben. Wenn der frische Wind zum sibirischen Orkan wird und den doof-bezahlten Millionenkickern um die Ohren bläst, können sich die Fußballfans sicher sein: Lorant ist am Steuer.

– Apropos Winter. Der nächste Vorschlag war schon mal fast Bundestrainer, ehe er sich im Schneegestöber verlor. Chrisoph Daum. In Zeiten von Corona sicherlich ein Risiko, falls der Lieblingsfeind von Uli Hoeneß heute immer noch so verschnupft ist, wie damals. Eines kann man sich beim 67 Jährigen sicher sein: Er tut nur etwas, wenn er ein absolut reines Gewissen hat, sehen Sie hier. Und der erwähnte Hoeneß würde sich ein Loch in den Bauch ärgern, was alleine schon ein Grund ist, Daum zu wählen. Ich würde es tun.

Meine Mudda. Bei dieser Variante gäbe es eines in Hülle und Fülle: Salat. Bis der Doktor kommt und darüber hinaus. Ja. Überhaupt würden die Kicker auch mal praktische Dinge lernen, oder, wie man heute sagt „out of the Box“ denken. So wäre auf dem Stundenplan Dinge wie Gitarre spielen, Italienisch lernen, Theater spielen und stricken. Einfach mal ausprobieren.

Edmund Stoiber. Einst belaptopter Lederhosenträger. Aktuell gibt er sich als europäischen Geist und geht dabei auch auf den selbigen. Stoiber ist ein Macher, ein Motivator und ein Gestalter. Mindestens jedoch eine Gestalt. Eines hat er mit Löw gemeinsam: Er ist sich seiner Bedeutung für die Menschheit sehr bewusst. Edmund bringt mehr Erfahrungsschätze mit sich, als Johannes Heesters Lebenstage, kurz: Eine echte Bereicherung.

Roberto Blanco. Ja, warum nicht mal ein ..Sänger?Mit dem wohl gelaunten Musiker kommt nach dem 6:0 endlich wieder Stimmung in die Trauertuppe. Und mal unter uns Klosterschwestern: Ein bisschen Farbe schadetet doch den überwiegend bleichen DFB Kickern nicht. Überhaupt wäre die Nationalmannschaft ganz im Trend von Black lives matter. Der Zeitgeist ist zwar gar nicht wirklich geistreich, aber was soll’s. Hauptsach‘ gsund.

Mal im Ernst: Löws Zenit ist endgültig überschritten. Und auch wenn die Suche nach einem Nachfolger nicht einfach wird, sollte der DFB es wagen. „Wenn ich nichts riskiere, riskiere ich alles“, hat Pep Guardiola einmal gesagt. Und sein Stuhl soll in Manchester ja etwas wackeln. Ein Versuch wäre es wert…

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