Von Julian Marius Plutz.
Tief sitzt der Frust bei den Anhängern aus dem Team Merz. Wieder gescheitert. Wieder der zweite Wahlgang. Wieder knapp. Und wieder am Willen der Basis vorbei, die, wäre sie gefragt geworden, sich wohl für den Sauerländer entschieden hätte. Wurden sie aber nicht. Dafür ist die Delegierten-CDU zu autoritär. Sie mag keine Überraschungen und noch weniger Experimente. Daher wählten sie Armin Laschet.
Schon Helmut Schmidt erkannte, dass es zwei Parteien gibt: Die Delegierten-SPD und die Mitglieder-SPD. Nicht anders verhält es sich mit der CDU. Auf die Frage eines Users bei Twitter, warum denn die Partei ihre Mitglieder nicht befragt, antwortete ein Nutzer ironisch und sinngemäß: „Wer sichert denn dann sonst die Posten in der Partei?“ in der Antwort steckt mehr Wahrheit, als man meinen könnte. In den Hinterzimmern werden nun die Ämter vergeben und der Kurs für die Bundestagswahl festgelegt. Ob Laschet, Spahn oder Söder Kanzlerkandidat wird, ist letzten Endes nur noch eine Geschmacksfrage. Der Kurs steht.
Merz hätte die CDU unterscheidbar gemacht
Und der geht in die Richtung Schwarz-Grün. Was Merkel mit der Energiewende begann, die Deutschland weltweit einmalig hohe Strompreise bescherte , nahm seinen Lauf in der Flüchtlingskrise, die von Grünen und den Restlinken bejubelt und vor Freude mit Teddy’s beworfen wurde. Die Wahl von Armin Laschet, von dem niemand weiß, wofür er steht, zementiert ein Merkelsches „Weiter so“. Die CDU wird sich damit auf lange Sicht keinen Gefallen tun, denn war es doch Merkels Politik der fehlenden Prinzipien der Grund, weshalb sich Union und SPD seit langem nicht mehr unterschieden. Mindestlohn, Rente mit 63, offene Grenzen, Aromausstieg. Wer war noch mal dafür? Ach ja, irgendwie alle.
Mit Merz gäbe es in der CDU eine Profilierung jenseits Merkels weichgezeichneten Politik ohne Ziel und ohne Leitidee. Es wäre ein Risiko gewesen. Ja. Aber wenn man nichts riskiert, riskiert man alles. Ein Vorsitzender Friedrich Merz hätte die Chance gehabt, der AfD ihre Strahlkraft als vermeintlich einzige Alternative jenseits der Altparteien zu nehmen. Aber die Delegierten-CDU wollte es nicht. Sie möchte gefällig sein. Laschet verkörpert das. Das rheinisch-frohe personifizierte politische Nichts. Das schwarze Loch vom Niederrhein. Immer lächeln, immer grinsen. Und sich niemals festlegen. Inhaltlich steht er seinem Sohn jedenfalls in nichts nach. Mit dem Unterschied, dass Joe Laschet keine Politik macht, sondern Instagram.
Des einem Freud ist des anderen Leid
Ärgern dürfte sich dagegen die SPD. Mit Friedrich Merz hätten die Sozialdemokraten ein wirklich griffiges Feindbild, an dem man sich hätte abarbeiten könnte. Nun haben sie Laschet vor der Flinte, womöglich sogar als Kanzlerkandidat. Wo soll da der Angriffspunkt sein? Der neue CDU Vorsitzende könnte ohne Probleme auch Mitglied der SPD sein. Dann wäre er eben bei den Sozis inhaltlos. Ich glaube, dass vielen im Willy-Brandt – Haus das Ergebnis beim digitalen Parteitag der CDU gar nicht gefällt. Für die (ehemalige) Arbeiterpartei wird es nun im September noch schwerer. Es sei denn die Bundestagswahl wird aufgrund der Pandemie auf unbegrenzte Zeit verschoben und Angela Merkel bleibt uns bis auf weiteres erhalten. Mich würde es nicht wundern, aber mich wundert auch gar nix mehr.
Viele in der FDP dürfte der Wahlausgang eher freuen, befürchtete doch das eine oder andere Mitglied, Merz hätte den Liberalen aufgrund seines Fokus auf Ökonomie Stimmen nehmen können. Das ist nun mit Armin Laschet nicht zu befürchten, denn der hat kein Programm. Dank seiner Herz-Schmerz Bewerbungsrede wissen wir nun zwar, dass sein Vater Bergarbeiter war, leider vergaß der vergnügte Armin zu erwähnen, was er denn als Vorsitzender inhaltlich so vor hat. Den Delegierten hat dies genügt. Die Basis bedankt sich. Und die FDP hofft auf ein paar mehr Stimmen.
Und die AfD? Lacht sich tot. Denn das Feindbild Merkel lässt sich problemlos auf Armin Laschet, der jede Entscheidung der Kanzlerin mittrug und verteidigte, anwenden. Kein einziger AfD Wähler, der einst die CDU gewählt hatte und es seit Merkel nicht mehr tat, wird mit Laschet zurückgewonnen werden. Kein einziger. Eher noch wählen noch weniger Menschen die SPD und kommen zur Sozialdemokratie mit dem „C“ als ersten Buchstaben.
Der Tod der CDU
Leid tut es mir um die vielen Anhänger von Merz, den einen oder anderen kenne ich dann doch, die teilweise seit zwei Jahren für ihren Kandidaten gekämpft haben. Unentgeltlich, in der Freizeit. Zwischen Schule, Job oder Uni. Sie wurden übergangen, die Basis, die in allen Umfragen eindeutig Friedrich Merz gewählt hätte, wurde ignoriert. Die Delegierten hätten dies berücksichtigen müssen. Diese Ignoranz hat das Potential, die Partei zu spalten.
Für mich ist die CDU hiermit endgültig verstorben. Dieser Parteitag war vielleicht die letzte Chance, den identitätslosen Kurs von Angela Merkel, der ein ganzes Land entzweite, zu korrigieren. Es hätte ein Parteitags des Aufbruchs sein können. Die CDU hätte sichtbarer in ihren Inhalten werden können. Hätte, hätte. Und ich hätte mir einen Kommentar mit ständigen Konjunktiven, Wolf Schneider wäre wenig amüsiert, gespart. Doch das ist nicht so wichtig. Was von diesem Parteitag bleibt, ist die Einsicht, dass die CDU nicht die Lösung ist. Andere Parteien könnte das sein, oder einfach weniger Parteien. Weniger Politik und mehr Freiheit wagen kann auch eine Devise sein.
Die christlich-demokratische Partei ist dagegen am 16. Januar 2021 mit fulminanter Bedeutungslosigkeit entschlafen. Möge sie in Frieden ruhen.