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Wer ist Mario Sixtus?

Von Julian Marius Plutz. Dieser Beitrag erscheint parallel auf Libertacelestin.de.

Die Welt befand sich kurz vor der Stunde Null. Und als das Benzin sich so verteuerte, dass der Güterverkehr nur noch auf Bahnschienen möglich war, krochen die üblichen Verdächtigen aus ihren Löchern. Die Etatisten, die Kollektivisten, die Sozialisten. Die, die aus Alltagsgüter Luxusgüter machen, natürlich in guter Absicht. Die, die das Geld anderer ausgeben, weil sie selbst für ihr Handeln keine Verantwortung tragen. Sie planten, die Bahnindustrie zu verstaatlichen und die wenigen freien Unternehmen mit so viel Steuern zu knechten, bis sie in die Knie gehen. Mitten im Geschehen entdeckt der Leser einen unseen character, der Zusammenhänge erklärt und sich die Leute immer wieder fragen: „Wer ist John Galt?“

So erzählt es Ayn Rand in „Atlas Shrugged“, das zu den bedeutesten Bücher in den USA gehört und in Deutschland relativ unbekannt ist, was viel über die Konstitution der Freiheit in diesem Land aussagt. Ayn Rand, Autorin und Philosophin, die weiland in einer beeindruckenden Arroganz ihren Objektivismus vorstellte und damit mal eben 2000 Jahre Philosophie widerlegt sah. In „Atlas Shrugged“ implementiert die US-Amerikanerin in erzählerischer Weise ihre Weltanschauung in einer prosaischen Art, die ich in der Form noch nicht gelesen habe. Immer wieder findet sie mit der Frage „Wer ist John Galt?“ die Zusammenführung der Geschichte und ihrem Objektivismus, was zum Ende in ein flammendes Plädoyer für die Freiheit des Einzelnen mündet.

Nazi Verharmlosung präsentiert vom ZDF

Auf der Plattform Twitter gibt es auch so einen John Galt. Zumindest auf den ersten Blick. Mysteriös wabert da ein Nutzer durch die Tweets, den jeder gesehen hat, aber keiner wirklich kennt. Was wenig verwundert, gehört er doch zu den „Blocky Lukes“, die, die schneller blockieren als ihre Schatten. Und so bin ich natürlich länger von dem ominösen Glatzerten gelistet. Die Rede ist, der eifrige Twitteraner hat es längst antizipiert, von Mario Sixtus, dem mehr als 100.000 Accounts folgen. Immer wieder kreiert der geheimnisumwitterte Westfale Perlen und sorgt für reichlich Popcorn auf der Zwitscherseite. Offensichtlich gibt es immer noch Nutzer, die noch nicht auf seiner Liste stehen. Doch sein letztes Werk war weniger ein Amüsement, eher eine abstoßende Frechheit, die sich Mario Sixtus, dessen Name auch aus dem Pornogeschäft kommen könnte, leistete:

Diese Naziverharmlosung wird Ihnen vom ZDF präsentiert. Wenigstens implizit. Denn der sympathisch wirkende Brillenträger aus Ratingen steht auf der Gehaltsliste der Mainzer Medienanstalt. So moderierte er lange Jahre das weltbekannte Magazin „elektrischer Reporter“. Und auf 3sat arbeitete er mit einer weiteren Blockierschwester, Sascha Lobo, zusammen. Bis heute schreibt Sixtus Drehbücher fast ausschließlich für das ZDF.

Der Prototyp des schlichten Gemüts

Es ist schon eine charmante Situation, dass wir „Beitragszahler“ mit der irren Zwangsgebühr für den öffentlichen Rundfunk Mario Sixtus finanzieren. Der die Nazizeit relativiert und eine unverdächtige Jugendorganisation mit der Hitlerjugend vergleicht. Manchmal fordert er auch ganz andere Absurditäten. Zum Beispiel, man solle nicht mit Springer Mitarbeitern reden, sie ausgrenzen. Gut, über letzteres sinnierte der Podcast „Die Lage der Nation“ in einer fast amüsanten, weil so bedeutungsschwangeren Art, auch, was es freilich nicht besser macht. Doch wenigstens ist keiner gezwungen, den Wochenrückblick von Ulf und Philipp mitzufinanzieren.

Es ist keine Weltsensation, dass sich Leute wie Sixtus in die sozialen Medien selbst verwirklichen. Wie sagte einst die Doro Bär: „Auf Twitter tummeln sich ausschließlich Politiker, Journalisten und Psychopathen“. Ist nun mal so. Dass jedoch Verharmlosen der Nazipropaganda mit den Gebühren für das Staats-TV bezahlt werden, ist eine Dimension, die wir „Beitragszahler“, falls Sie welche sind, nicht hinnehmen sollten. Was kommt als Nächstes?

Mario Sixtus ist wieder mal so ein Prototyp. In seiner kleinen, chinaphilen und linken Bubble blockt er sich die Welt, wie sie ihm gefällt. So ist natürlich Philip Amthor doof, selbstverständlich auch den Tönnies. Doch sein Lieblingsobjekt gerade ist die FDP. Daher sind die junge Liberalen, die im Übrigen von bürgerrechtlich bis libertär die gesamte Klaviatur des Liberalismus abbilden, in seiner Logik mit der Hitler Jugend zu vergleichen. Natürlich betrifft mich das auch persönlich, bin ich doch Mitglied der Mutterpartei.

Der Edeltroll vom Lerchenberg

Der Zeitgeist will plumpe Gestalten. Und Mario Sixtus ist der Betonklotz des schlichten Gemüts. Wäre er, wie in Mafiafilmen, eben ein Fußbeschwerer aus Stahlbeton, in binnen Sekunden lägen Sie mit ihm am Grund des Gewässers. Am Ende der Fahnenstange des Intellekts. Ihn mit John Galt zu vergleichen ist eigentlich eine Zumutung. Gegen Ende Rands Roman offenbart sich John Galt als zutiefst überzeugter Humanist, der an die Kraft und die Herrlichkeit des Individuums glaubt und sich gegen das Übel des Kollektivismus ausspricht. Für ihn und für den Objektivismus ist die freiwillige Vereinigung von Menschen und das Einhalten rationaler Eigeninteressen Mittel der Wahl und dem Befehl und Gehorsam staatlicher Befehle vorzuziehen.

Die Frage in „Atlas shrugged“, „Wer ist John Galt?“, ist Ausdruck der Hilflosigkeit in der von Ayn Rand beschriebenen Welt. Sie wird jedoch zum Schimmer der Hoffnung, als sich Galt als Libertarist zu erkennen gibt, der nichts mehr im Sinne hat, als die Liebe zur Eigenverantwortlichkeit den Menschen näherzubringen.

Und der grazile Glatzkopf aus Ratingen? Er hätte John Galt in Twitter längst blockiert. Zu „out of the Box“ sind die Gedanken für den Filmemacher. John Galt ist das absolute Gegenteil von Mario Sixtus. Auf die Frage „Wer ist Mario Sixtus?“ kann man getrost die eine, einzig richtige Antwort gelten lassen.

Richtig: Der Edeltroll vom Lerchenberg.

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Wie die Linken ihren Terror rechtfertigen

Von Julian Marius Plutz.


„Männer braucht das Land!“, blöckte es aus der anderen Leitung. Und schwupps war ich dabei. Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach geht, Schauspieler zu werden. Aber wenn Wolfgang Schulz, Gott habe ihn selig, es am Telefon so sagt, dann folge ich ihm. Männer braucht also das Land. Ok. Stolz wie Oskar notierte ich mir den Tag, an dem ich zum Ensemble stoßen sollte. „Endlich werde ich berühmt!“, dachte es mir. Auf den Brettern, die, die… na, Sie wissen schon.

Wirre Linksextreme Theaterleute

Drei Tage später nahm ich Teil der ersten Probe. Und was soll ich sagen? Es übertraf jede Art meiner Vorstellung von Skurrilität. Ja. Da war alles dabei. Die Esoterikerin, die Intellektuelle. Der Hippie. Die bedeutende Vollblutdarstellerin und der dickliche Schwule. Das verkannte Genie und natürlich, der General als Regisseur, ein Paradebeispiel absurder Originalität. Und alle hatten eines gemein: Sie waren schwer links. Und ich war mittendrin.

Unser aller Text in dieser ersten Probe bestand aus einer choralen Anreihung von Worten wie „Brüssel“. Noch mal: „Brüssel.“ Immer wieder „Brüssel“. Ja was ist denn in Brüssel? Und ehe ich versah, kam die Antwort. „Brüssel brennt!“. Und noch mal. „Brüssel brennt“. Und jetzt alle! Bis dann plötzlich in dieser irrsinnigen Litanei ein Kollege „An allen vier Ecken!“ hineinruft. Ok. Brüssel brennt an allen vier Ecken. Irgendwann kam der vollends bekloppte Chor zum diabolischen „Anzünden!“ „An allen vier Ecken“ rief wieder der andere. Und wieder alle: „Brüssel.“ So ging das 20 Minuten. Es war so entsetzlich abgedreht, dass ich die erste Probe bloß staunen konnte.


Das Stück hieß „Wer nicht kämpft hat schon verloren“ und war im Grunde nichts weiter als ein linksextremistisches Pamphlet in prosaischer Form. Von Hartz IV wurde eine üble Linie zu den Terroranschlägen des 11. September gezogen – und wieder zurück. Nicht wenige der Protagonisten sahen die Bühne als Ort der Revolution. Und täte der Ischias nicht so zwicken oder wäre nicht gerade Theaterprobe, würden sie auch im Privatleben mit Pflastersteinen werfen.

Sie waren nicht nur links, sie waren linksextrem. Und das war okay. Keiner störte sich daran. Und auch ich spielte, bis auf ein paar Diskussionen einmal abgesehen, die Revolution auf der Bühne mit. Beim Vorgängerstück ohne meine Beteiligung handelte es sich um ein Loblied an die RAF. Doch auch in „Wer nicht kämpft hat schon verloren“ kam die Rote Armee Fraktion nicht zu kurz. In einer Szene wurde die Verschwörungstheorie um den Tod des Terroristen Holger Meins – „Sie ließen ihn bewusst verhungern“ – reaktiviert. In einer anderen Szene verkörperte ich (!) Andreas Baader mit einem einzigen Satz: „Erst wenn der Rehbock bellt, kommt auch die Ricke“. Bitte fragen Sie mich nicht, was dieser Satz bedeutet. Ich habe bis heute keine Ahnung.

Jella Haase versteht die RAF

Die eigentümliche Romantisierung der RAF oder deren Verbrechen hat bei vielen Linken Methode und ist Selbstzweck zugleich. Jüngstes Beispiel: Jella Haase, Schauspielerin unter anderem in dem cineastischen Albtraum „Fack ju Göthe“ zu sehen. Diese außerordentliche Leuchtgranate erzählt in einem Interview, sie teile die Grundgedanken der RAF. Ich möchte Frau Haas nicht über Gebühr betonen, so wichtig ist sie nicht. Und doch ist sie und ihre Aussage prototypisch.

So spricht sie:“ Die RAF hat Menschen umgebracht, dass darf und will ich nicht verharmlosen. (…) Aber den Grundgedanken, die Kapitalismuskritik, den teile ich.“ Grundgedanke super, Umsetzung ausbaufähig. Wow. Wir alle wissen, inwieweit die Floskel „Das möchte ich nicht verharmlosen“ als Distanzierung von etwas taugt: Richtig, gar nicht. Sie möchte also keine Terrortote verharmlosen. Da haben Angehörigen der 34 Opfer, die die RAF auf dem Gewissen hat, aber Glück gehabt. Ich möchte auch keine Kinderschänder verharmlosen. Das muss ich auch nicht betonen. Natürlich will keiner Mord verharmlosen. Goldene Regel, Zehn Gebote, gesunder Menschenverstand, was auch immer. Es versteht sich von selbst.

Wenn Frau Haase und Konsorten den Grundgedanken der RAF teilen, dann teilt sie denklogisch auch den Terror. Denn alles, was die RAF aussagen wollte, haben sie mit ihren Taten ausgesagt. Mit dem Verbreiten von Angst und Schrecken. Das war ihre Botschaft. Der Rest war reines Geschwätz von Töchtern aus Hamburger Villen und Kleinkriminellen. Was soll denn von der Ideologie einer Terrorgruppe lobenswert sein, die sich nach den Sowjettruppen nannte? Was kann man von ideologischer Gewalt und systematischen Hass lernen? Die RAF betrieb keine Hochschule oder schrieb bedeutende Bücher, aus denen man lernen und schöpfen kann. Die Bande waren nichts weiter als Schlächter.

GEsinnung vor Verantwortung


Die Relativierer erklären ihre Liebe zur richtigen Gewalt mit der sogenannten Kapitalismuskritik. Hierzu könnte man vieles sagen. Nun ist Kritik auch in ihrer Sinnfreiheit berechtigt. Jedoch kann niemals Gewalt ein adäquates Mittel sein und Mord darf nie auch nur in Kauf genommen werden, um ein System zu kritisieren. Ein System im Übrigen, dass die Protagonisten und ihre Opfer zu atemberaubenden Wohlstand verholfen hat. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass man selbsternannten Humanisten das Einmaleins des Humanismus erklären muss. Nicht zuletzt und zu aller erst ist es die Marktwirtschaft, die Humanismus erst möglich macht. Denn im Handel(n) steckt die Freiwilligkeit und der Wahlakt, zwischen Optionen zu wählen. Etwas, das der dirigistische Sozialismus nicht gewährleisten kann – erfolgt doch alles aufgrund großer jahreumspannender Pläne.

Ein weiterer Stück der Bühne, die Theaterwerkstatt zu Würzburg, auf der ich anno dazumal fast zum Star wurde, ging über Che Guevara. Der ewige Posterboy realitätsferner Linken reiht sich an in die Galerie der Schlächter. Sicherlich teilt Frau Haase auch den Grundgedanken des argentinischen Revolutionär. Bestimmt sogar. In einer Welt von guter und schlechter Gewalt drückt man schon mal das eine oder andere Auge zu. Für Empörung reichen Sympathiebekundungen von Linksterroristen nicht. Schade. Den Angehörigen der Opfer verhöhnen sie damit. Doch das ist ihnen egal. Die Gesinnung geht vor der Verantwortung.

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Solidarität mit Reitschuster

von Julian Marius Plutz.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht!“ Dieser Satz ist ein beliebter Ausdruck von Empörung in einschlägigen RTL II Sendungen, wenn die 13 Jährige völlig überrascht ihrer 26 Jährigen Mutter offenbart, sie sei schwanger. Ja. Manchmal, da geht es schnell, ab und an und eventuell sogar ganz schön schnell. Ob beim Liebesakt, oder bei einer der größten Tageszeitung, der SZ, dessen Probeabo ich sehr schnell wieder gekündigt habe.

Sie erinnern sich vielleicht an die knallharte Enthüllung der Süddeutschen, als sich 185 Schauspieler outeten – und zwar nicht als heterosexuell. Aufgrund dieser fesselnden Geschichte musste ich das SZ plus Abo bestellen. Das machen sie schon geschickt, diese Spitzbuben! Die wirklich heißen Neuigkeiten verbergen sich hinter der Bezahlschranke. Und so hatte ich Glück, dass mein Vertrag noch mehr als 20 Tage läuft, ich also den Beitrag der drei Herrschaften über den Journalisten Boris Reitschuster lesen durfte.

„Wunder, gibt es “nicht nur „immer wieder“, laut Katja Epstein, man wundert sich auch immer wieder. Ja. Immer zu aufs Neue. In „Störfunk“ , wie der SZ-Artikel vielsagend heißt, nehmen sich die Journalisten unliebsame Teilnehmer der Bundespressekonferenz, unter anderem Boris Reitschuster auseinander. Alleine die Tatsache, dass Journalisten immerhin die Seite 3 der Printausgabe dazu nutzen, einen Kollegen zu schreddern, halte ich für bemerkenswert. Denn das Hauptaugenmerk sollte bei allen Hauptadtjournalisten das gleiche sein: Kritik an der Regierung.

Kritische Fragen sind Populismus

Sollte. Ich brauche Ihnen nicht erzählen, dass von Süddeutsche, bis Öffentlicher Funk eine unheilige Allianz zwischen Journaille und Kanzleramt gepflegt wird. Freilich implizit. So braucht es keine große Verschwörung zwischen Verlagen und Merkel mit Barzahlungen und Repressionen, wenn doch eine viel stärkere Verbindung herrscht: Die selbe Ideologie und die gleiche Überzeugung zwischen Journallie und dem Regierungskurs. Exakt das kritisiert Reitschuster. Eine Ausnahme ist sicherlich Thilo Jung, der in diesem Fall jedoch eine unrühmliche Rolle spielt. Doch hierzu später mehr.

Der erste Vorwurf in dem Artikel an Reitschuster ist, dass er während der Pressekonferenz eine Maske trägt, auf der ein „X“ abgedruckt ist. Etwas später wird ihm vorgeworfen, dass er den Mund-Nase-Schutz bei einem Wortbeitrag abnimmt. Hm, okay. Da kann wohl einer nichts richtig machen. Würde er zwei Masken tragen, was bereits empfohlen wird, hieße es, der Reitschuster würde nur provozieren. Laut dem Blogger hätte im Übrigen der Vorsitz der BPK gestattet, die Maske bei Fragen abzunehmen, wenn der Mindestabstand gewahrt ist.

Doch es wird noch absurder. In verschiedenen Pressekonferenzen wollte Reitschuster wissen, wie hier von RKI Chef Wieler, warum das Robert-Koch-Institut, anders als die WHO, bei einem positiven PCR Test auf COVID ohne Symptome nicht einen zweiten Test empfiehlt. Kurzer Einschub: Praktisch hat diese Handhabung zur Folge, dass Menschen mit einem falsch positiven Testergebnis 10 bzw. 14 Tage sinnlos in Quarantäne sind – übrigens selbst, wenn sie innerhalb der Zeit einen positiven Test nachreichen. Das interessiert die Gesundheitsämter wenig, weil das RKI, gewissermaßen ein Teil eines Bundesgesundheitsministeriums, dies nicht anordnet.

Es folgen einige Halb- und Unwahrheiten, die Reitschuster selbst auf seinem YouTube Kanal widerlegte. Den sprichwörtlichen Vogel schoss jedoch Thilo Jung ab, dessen Arbeit in der BPK ich durchaus schätze: „Das Entscheidende ist, dass er (Reitschuster) keinen Journalismus macht, sondern Desinformation und Propaganda“ und weiter in der SZ: „Es sei auch ein großer Unterschied, ob jemand mit Journalismus Geld verdiene oder wie Reitschuster mit Desinformation Spenden auf seiner Webseite sammle.“

Doch diese berechtigte, überfällige Frage scheint für sie SZ Majestätsbeleidigung zu sein. „Die Methode ist klassisch populistisch. Weil sie ein kleines Wahrheitsmoment aufgreift, nämlich das offiziöse Sprechen, und daraus etwas Falsches macht“, sagt der Soziologe Ulf Bohmann, der hier den Experten mimt. Das ist schon erstaunlich: Eine einfache Frage ist hierbei bereits populistisch und damit ihrer Berechtigung entzogen? Wenn jemand zwei Wochen ohne Grund im Hause eingesperrt wird, bei der Familie noch Unsicherheit und Ängste produziert, was tausendfach der Fall war und ist, dann ist das eine Frage wert, die eine Antwort verdient. Doch das gilt offenbar nicht für die SZ.

Der gefällige Journalismus

Ok, langsam und Schritt für Schritt. Zunächst halte ich es für erstaunlich, dass der eine Journalist, ohne einschlägige Ausbildung in diesem Bereich, einem anderen mit einschlägiger Ausbildung in diesem Bereich, abspricht, er sei Journalist, sondern ein Propagandist. Ferner ist es gut so, dass Journalismus nicht eindeutig definiert und der Begriff nicht geschützt wird. Wie unvorstellbar hielte ich eine staatsnahe Kammer, die dem angehenden Journalisten einen Siegel zuteilt, der ihn womöglich für Veranstaltungen wie die Bundespressekonferenz erst legitimiert.

Der zweite Teil ist jedoch noch viel abenteuerlich: Boris Reitschuster nimmt Spenden. Wie kann er nur! Was haben wir für ein Glück, dass das Thilo Jung selbst nicht tut. Ferner halte ich Journalismus, der nicht alleine auf Werbeanzeigen angewiesen ist, wesentlich freier, als Medienmodelle aus dem vorigen Jahrtausend, das mit meterlangen,, staatlichen Werbekampagnen über dem Wasser gehalten werden. Von den Anstalten, die von Zwangsgebühren finanziert werden, brauche ich erst gar nicht reden.

Die SZ entblößt sich mit diesem Artikel als ein gefälliges Blatt. Für sie sind kritische Fragen an die Regierung allenfalls theoretisch eine Option. Journalismus bleibt eine Frage der Haltung. Hat man die richtige, ist man dabei. Hinterfragt man die der Bundesregierung, betreibt man Propaganda und Desinformation. Dies degeneriert die Süddeutsche zu einem Teil der PR Maschinerie der Herrschenden.

Ich habe nicht vergessen, das Probeabo der SZ zu kündigen. Den Biomüll wickle ich mit anderen Zeitungen ein. Wenn Journalisten unliebsame Kollegen bekämpfen, statt ihren Job zu machen, dann ist diese Gazette nicht zu gebrauchen. Wichtiger ist es für freie Menschen, Konsequenzen zu ziehen und diese Medien nicht mehr zu konsumieren. Und es ist wichtig, Seit‘ an Seit‘ mit denen zu stehen, die ihre Arbeit noch ernst nehmen und am Ende des Tages ihre bockbeinigen Fragen stellen. Daher: Solidarität mit Reitschuster.

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Für „den Waltz“ sind Querdenker Vollidioten

Von Julian Marius Plutz.

Vor vielleicht 10 oder 12 Jahren war ich ein Abonnent des sogenannten Männermagazins „GQ“. Jetzt lachen Sie nicht! Ich war jung, dynamisch und wahnsinnig von mir und meinem Style überzeugt. Und außerdem gab es zum Vertrag eine hübsche Tasche dazu. In beige. Eine Zeit lang las ich die Zeitschrift recht gerne und wäre sie zwei oder drei Zacken politischer, bzw. überhaupt politisch ambitioniert gewesen, wäre ich vielleicht dabei geblieben. Aber die Beliebigkeit und Gefälligkeit, gerade was Interviews von Prominenten betrifft, war nach kurzer Zeit kaum auszuhalten. Und so verlor ich noch vor Ende des Abos die Lust und das Herrenheft ging den logischen Weg vom Wohnzimmertisch, ins Klo und in die Papiertonne.

An der beliebigen Gefälligkeit, oder besser, gefällige Beliebigkeit hat sich offenkundig nichts geändert. Und so gab Christoph Waltz dem Blatt die Ehre und ließ den Journalisten Einblick gewähren in die Hirn,- und Seelenwindungen des Schauspielers. Sie wissen schon: Der Waltz. Der beste Import aus Österreich seit Almdudler, Sigmund Freud, der Griesnockerlsupp’n und der Band Wanda. Der Waltz. Oscarpreisträger und Dauer-James-Bond-Bösewicht. Einer, der sich seiner Bedeutung und Kunst gewiss ist. Und einer, der auch politisch sein kann, wenn man ihn nur fragt. Und doch irgendwie einer von uns geblieben. Der Waltz eben.

Privilegiert und von oben herab

Nachdem das Gespräch mit knallharten Fragen aus dem Leben begonnen hatte, wie „Christoph Walz denkt manchmal, dass er etwas nicht kann?“ ging es sehr schnell philosophisch weiter: „Ist das große Können zu wissen, was man nicht kann?“. Waltz, stets Gentleman und Herr des hohen Wortes nahm die Einladungen gerne an und gab dem Blatt das, was es haben wollte: Banalitäten von Christoph Waltz, bis der Doktor kommt. So weit, so erwartbar. Doch als das Interview in Richtung Corona geht, zeigt der Schauspieler, wie es so in ihm denkt, wo wir wieder bei Freud wären. Und wie es in ihm denkt ist irgendwie auch erwartbar, aber anders. Und es zeigt, wie ein Medium wie GQ arbeitet.

Auf die Frage wie er die aktuelle Entwicklung sieht, antwortete er zunächst unklar und in Metaphern. „Lemminge“, die „auf die Klippe zu rennen und das für eine Heldentat halten“, von denen er hoffe, dass Ihnen „irgendwann mal ein Licht aufgeht“. Als der Journalist nachfragte, ob er damit die „Corona-Leugner“ meinte, freilich, ohne den Begriff zu definieren, antwortete der Waltz: „Diese Leute, die sich Querdenker nennen, denken entlang des Brettes, das sie vorm Kopf haben.“ Und weiter: „Wenn du das Tragen einer Maske als Beschränken deiner Grundrechte empfindest, dann hast du schon mal im Denkvorgang ein Problem. (…) Das ist einfach nur deppert.“

Nun mache ich einem hoch privilegierten Menschen keinen Vorwurf, dass er hoch privilegiert ist. Und ich finde es schön, dass es noch Kulturtreibende gibt, die nicht von den Corona-Maßnahmen betroffen sind, was der Waltz im Interview auch zugibt. Jeder Mensch ohne dieser staatlichen Freiheitsberaubung, ohne absurde, unmenschliche Berufsverbote, ist mir lieb. Aber wenn man privilegiert, ahnungslos und nicht betroffen über Leute spricht, die das Recht auf Widerwort in Anspruch nehmen und diese als „asoziale Vollidioten“ bezeichnet, dann muss ich die Frage zurückgeben: An welchem meterdicken Brett entlang denkt es im Waltz? Hält er so wenig von anderen Sichtweisen? Hat er so wenig Interesse, an den Bedenken anderer. Falls der Schauspieler oder der eine oder andere Leser an die Studie denkt, Querdenker seien Schuld an mehrere zehntausend Infektionen, sie verhalten sich also wie „asoziale Vollidioten“ empfehle ich diesen starken Artikel, oder diese Einschätzung. Darum soll es hier nicht gehen.

Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Am erstaunlichsten jedoch finde ich den journalistischen Rahmen. In einem harmlos anmutetenden Lifestyle Magazin wird ein tendenziöses, propagandistisches und vor allem unwidersprochenes Werk aufgebaut, dass es einem Übel wird. Von „Querdenker“ zu „Corona Leugner“ zu den „asozialen Vollidioten“. Und keine einzige Definition. Keine Begründung. Nichts. Eine Behauptung jagt die nächste. Bei Christopher Hitchens habe ich gelernt: „Was ohne Beweise behauptet wird, kann auch ohne Beweise verworfen werden.“

Ich habe mir angewöhnt, nur noch über Dinge zu schreiben und zu reden, von denen ich Ahnung habe. Dem Waltz empfehle ich das ebenso. Offenkundig gibt es im Umfeld des zweitbekanntesteten Österreichers andere Meinungen zum Thema Covid und der Umgang mit der Politik nicht statt. Und ich würde den Waltz auch nicht als „asozialen Vollidioten“ bezeichnen. Das ist nicht mein Style. Aber die Frage nach der geistig moralischen Konstitution des 64-Jährigen muss erlaubt sein. Oder ist für ihn Charakter nur eine Frage des Schauspiels? Kritikern einer Maskenpflicht, das Denkvermögen abzusprechen, spricht jedenfalls nicht für ihn. Sind die Entscheider in Schweden, oder in einigen US-Bundesstaaten, die im Gegensatz zu den maskierten Staaten kaum Unterschiede zeigen, was COVID Tote angeht, bekloppt? Weiß es Christoph Waltz, Schauspieler aus Wien, einfach am besser, als Anders Tegnell?

Der Waltz sollte sich auf seine Kunst verlassen – da ist er gut und davon hat er Ahnung. Und die GQ sollte sich auf Fragen wie „Warum erfüllt Musik Sie so?“ konzentrieren, anstatt europäischen Prominenten die völlige Sensation zu entlocken, sie halten Trump für „irrsinnig.“ Oder sie besinnt sich auf echten Journalismus, statt gefälliger Beliebigkeit. Oder beliebiger Gefälligkeit. Vielleicht kommt das Magazin dann aus seiner Krise heraus.

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Skandal in der SZ: Schauspieler outen sich als schwul!

Von Julian Marius Plutz.

Ab und an mache ich etwas Verrücktes. Ja. Unlängst bestellte ich beim Vietnamesen nicht wie üblich die Nummer 85 in sakrisch scharf, sondern die Nummer 81 in sakrisch scharf. Ergebnis? War nicht lecker. Aber immerhin sakrisch scharf.

Als ich nach dem verkorksten Mahl ein wenig missmutig so durch den digitalen Blätterwald blätterte, sah ich hinter der SZ-Bezahlschranke einen Artikel, der mich als Schwester im Geiste interessierte. Und da machte ich wieder etwas Verrücktes: Ich klickte das Süddeutsche Zeitung Probeabo, wohlwissend, dass sich das E-Paper nicht für das Einwickeln von Biomüll eignet. Aber sei es drum, der Prantls Heribert macht zur Zeit doch eine recht vernünftige Figur. Und außerhalb der Schachtel, out of the box, soll man ja denken, sagen die Leut’. Na dann los!

„Komm schon SZ, du hast mehr zu bieten!“

Der Text, der mich anfixte, begann so: „185 lesbische, schwule, bisexuelle, queere, nicht-binäre und trans* Schauspieler*innen outen sich“. Bei dem Satzmonster voll krummer Worthülsen und Stolpersternchen, die das weibliche Geschlecht, das es eigentlich gar nicht gibt, einbinden sollen, musste ich erst einmal durchatmen. Ok, Julian, worum gehts? Ah, Schauspieler outen sich als Homos. Ähm, ja. Und jetzt?

Der Satz „Schauspieler outen sich“ ist ungefähr so skandalös, wie „Auf Münchens Straßen fahren viele BMWs“, oder „Das neue ACDC Album klingt wie jedes andere ACDC Album,“ Wo ist da die Story? Das Ding mit den Klischees ist, dass sie häufiger stimmen, als die Social Justice Warrior es wahr haben wollen. Friseure sind nun mal häufiger schwul, als Industriemechaniker. Und? Wo ist das Problem? In kreativen und künstlerischen Berufen tummeln sich vermehrt Schwule und Lesben. Das ist kein Geheimnis und weiß auch jeder, der noch alle Latten beisammen hat. Der Zukunftsforscher Matthias Horx schrieb in einem Aufsatz einmal, dass eine lebendige Schwulenszene für eine Metropole und deren kreatives Schaffen elementar ist. Also noch mal: Wo ist die Überraschung?

Ich selbst habe einige Zeit Theater gespielt und muss sagen, dass der heterosexuelle Mann eher in der Minderheit war, was Schauspieler und Regisseure anging. Was mir im übrigen recht entgegen kam. Gut, nun sind meine Erfahrungen auf ein paar Off-Bühnen sicher nicht maßgeblich, aber ich bleibe dabei: In der Szene der Schauspielerei gibt es eine höhere Akzeptanz für das Andersseins, als in den allermeisten anderen Bereichen. Würden sich 15 Fußballprofis outen, oder fünf Clanchefs, 50 Imame oder 500 katholische Pfarrer, dann wäre dies eine Story wert. Aber „Schauspieler sind homosexuell.“ als Breaking News zu verkaufen? Kommt schon, liebe Redakteure der Süddeutschen. ihr habt doch mehr zu bieten!

Der „Westerwelle-Effekt“

Was erschwerend hinzukommt: Die Mehrheit der Schauspieler, die an #Actout teilnehmen, kennt keine Sau! Ja, es tut mir leid, aber ich habe noch nie etwas von Mehmet Atesci gehört. Und auch die Kunst von Tucké – nein, wir machen jetzt keinen billigen Schwulenwitz – Royale ist an mir vorbeigegangen. Jonathan Berlin klingt auch nur vom Namen her nach Fame. Oska Melina Borcherding? Bestimmt begabt, aber auch ebenso unbekannt. Wie soll denn die Botschaft an junge, umgeoutete Homosexuelle lauten? „Schau mal, da outete sich jemand, den keiner kennt?“

Immerhin sind auch bekannte Gesichter abgedruckt. Doch sowohl bei Ulrich Mattes, als auch bei Jackie Schwarz kommt der so genannte Westerwelle-Effekt zum tragen. Den habe ich erfunden und der geht so: Menschen outen sich als homosexuell, bei denen es jeder schon wusste oder es zumindest stark ahnte, so dass das Bekenntnis am Ende niemanden überrascht. So erging es vielen bei Guido Westerwelle und so ergeht es mir bei Jacky Schwarz. Und selbst wenn nicht: Es gibt, neben seinen Talkshowauftritten nichts uninteressanteres, als die Sexualität von Ulrich Mattes.

Verstehen Sie mich richtig: Ich halte es für wichtig, dass das Schwulsein, nicht die Sexualität, im Alltag vorkommt und sichtbar ist. Nicht „auf Teufel komm raus!“ und ganz sicher nicht als Christopher Street Day- Gedöns, das so abschreckend ist, wie Fasnacht in Franken. Sichtbarkeit ist wichtig, jedoch dann auch bitte in den Milieus, in denen es Homos wirklich noch schwer haben. In der muslimischen Community, aber auch im Fußball. Aber doch nicht „Der männliche Abba- Fanclub outet sich“ oder „Schauspieler sind homosexuell“. Um sich kostenlos die Moralin-Lorbeeren zu sichern, bedarf es weder Mut, noch Verstand.

So schaffe ich es in die Wikipedia

Die PR, das muss man den 185 Todesmutigen lassen, ist gut geplant. Bei jedem, den ich gegoogelt habe, ist der Wikipedia-Artikel mit dem ähnlich handlichen Satz, wie in der Einleitung des Artikels, bereits hinzugefügt: „Im Februar 2021 war der Schauspielende Teil der Initiative „Actout“ im SZ-Magazin, zusammen mit 184 anderen lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, intergeschlechtlichen und transgender Schauspielenden“. Oska Melina Borcherding hält sich übrigens für nichtbinär. Sie fühle sich mehr Mann als Frau, aber beides. Auch diese Information ist weder geistreich, noch wichtig, noch hilft sie irgendjemanden, außer vielleicht der Karriere von Oska Melina Borcherding weiter.

Ich glaube, ich mache demnächst mal wieder etwas Verrücktes. Ich bestelle die Nummer 85 beim Vietnamesen, aber gar nicht scharf! Oder ich oute mich, wohnhaft im Freistaat, als FC Bayern Fan. Das wäre ähnlich skandalös wie Künstler, die sich als homosexuell outen. Nur fürs SZ-Magazin dürfte es nicht reichen. Vielleicht aber als nicht-binärer, halb Tischbein, halb Mann, aber eher Mann – FC Bayern Fan? Damit schaffe ich es zumindest in die Wikipedia.

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Werbeverbot im Saarland – Das Unfassbare

Von Julian Marius Plutz.

Der geneigte Leser hat es vielleicht mitbekommen: Ich bin ein ausgesprochener Fan der Sendung X-Factor – Das Unfassbare. Hierbei handelt es sich nicht um die gleichnamige (mehr oder weniger-) Talentshow, in der die Performance mancher Kandidaten zwar unfassbar vorkommen mag, aber nein. In der Show, die ich meine, dreht sich alles um Geschichten von vermeintlich übernatürlichen Dingen, die geschehen sind, oder eben nicht. Ab Staffel zwei moderierte Jonathan Frakes die Sendung, der stets am Ende der Episode auflöst, welche Inszenierung sich in der Realität abgespielt haben soll und welche nicht. Nicht selten wählt er in diesem, für mich als Knirps bei der Oma vor dem Fernseher magischen Moment Worte wie diese: „Ist diese Geschichte wahr, oder haben wir Sie auf den Arm genommen?“

Auch die Politik produziert Unfassbarkeiten, die kaum mehr zu glauben sind, aber dennoch geschehen. Ja. Nicht immer, aber immer öfter fühle ich mich wie Johnathan Frakes, der die all entscheidende Auflösung zu präsentieren vermag. Auch in dem Fall der merkwürdigen Wirtschaftsministerin des kleinsten Bundesland dieses Deutschlands spielt sich eine Unfassbarkeit ab, die real ist.

Die Moderation von Frakes ginge nach dem Clip in Spielfilm-Manier dann so: „Ja, diese Geschichte ist wahr. Im Februar 2021 beschloss ein Landkreis Namens Saarland, dass in seinem Bezirk ein Werbeverbot für Produkte gilt, die nicht dem täglichen Bedarf oder der Grundversorgung dienen.“ Da muss selbst der routinierte X-Factor Moderator durchatmen. Das sind die harten Momente im TV Geschäft.

Nun wissen wir spätestens seit Familie Heinz Becker, dass im Saarland die Luft besonders sein muss, so hoch wie die Dichte der Menschen mit besonderen Bedürfnissen ist. Hochfunktionale Soziopathen mit ausgeprägtem Hang zu kruden Ideen reihen sich ein wie die Pins beim Bowling. Erich Honecker, Oskar Lafontaine, Heiko Maas, Helge Braun. Annegret Kramp-Karrenbauer, wobei letztere fast noch positiv heraussticht. Einziger wirkliche Lichtblick: Français Boch und Nicolas Villeroy gründeten vor rund 270 Jahren im Saarland ihre Porzellanfaktorie Villeroy & Boch, die uns bis heute formidable Pissoirs und Donnerbalken kredenzen. Immerhin.

Ist Notdurft systemrelevant?

Als neustes Mitglied der Liga der Leuchtgranaten von der Saar inszeniert sich nun die Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Während weite Teile des Einzelhandels auf Lockerungen hoffen, grätscht die Sozialdemokratin dazwischen. Im Lockdown sollen Warenhäuser bestraft werden, die Produkte bewerben, die nicht für den „täglichen Bedarf“ bestimmt sind. In der wohl härtesten Krise für den Einzelhandel seit Gründung dieser Republik, geht die Saar SPD den Weg, den sie spätestens seit Lafontaine eingeschlagen haben: „Die Wirtschaft ist der Feind und muss an die Kandare genommen werden.“ Unnötig zu behaupten, dass diese Unternehmen mit Hilfe ihrer Mitarbeiter, wenn sie denn nicht gerade von einem Berufsverbot daran gehindert werden, die Jobs ihrer Politiker finanzieren. Tief hängende Früchte, ja, ich weiß.

Nun konnte mir bisher keiner sagen, welche Produkte genau gemeint sind, wenn Frau Rehlinger von „Produkten des täglichen Bedarfs“ spricht. Bücher für den Vielleser? Gesellschaftsspiele für die Familie im Lockdown? MacBooks für den Journalisten? Wieder einmal sieht die Reglementierungswut der Politiker rot und schlägt mit dem Hammer unverdrossen zu. Wieder einmal ist sich eine Regierung sicher, welche Bedürfnisse ihr Volk hat und wieder einmal setzt sie den Rotstift, hier den Verbotstift an. Bei Zuwiderhandlung darf sich das Geschäft auf eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 10.000 Euro einstellen.

Immerhin: Wenn ein Kaufhaus eine Kloschüssel von Villeroy & Boch anbietet, kann sich der Marktleiter sich auf das sichere Bedürfnis der Menschen verlassen. Die kann die Politik dann doch nicht abschaffen. Oder? Ist Notdurft systemrelevant?

Dystopien von früher sind heute Realität

Wir leben in einer Zeit, in der X-Factor – das Unfassbare, zur Realität geworden ist. Mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass alle Geschichten wahr sind. Ausgangssperre ab 21 Uhr? „Diese Geschichte ist wahr!“ Der Gesundheitsminister paktiert mit Google, um die eigenen Inhalte in der Suchmaschine nach oben zu pushen? „Da haben wir Sie nicht auf den Arm genommen!“ Hotels, Kneipen, Restaurants sind seit November geschlossen? „Auch hier handelt es sich um einen Fall, der wirklich passiert ist!“

Dystopien von früher sind nun Alltag. Undenkbares im Jahre 2019 wird heute, 24 Monate später, gar nicht mehr diskutiert. Wir haben uns an den Ausnahmezustand gewöhnt. Er ist zur neuen, gräßlichen Realität geworden. Johnathan Frakes wäre mit X-Factor im Jahre 2021 arbeitslos. Kann er uns doch keine Lügengeschichte mehr als womöglich wahre Gegebenheiten verkaufen. Sie sind alle zur Realität geworden. Der Wahnsinn hat Struktur und System. Mehr noch: Realität und Wahnsinn sind zu Synonymen verschmolzen.

Die Wirtschaftsministerin aus dem Saarland ist hierbei ein kleines, hartes, zutiefst illiberales Puzzleteil in einem Tausend-Teile Puzzle des angewandten Wahnsinns.

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Wie Spahn mit Google die Pressefreiheit abschaffen wollte

Von Julian Marius Plutz.

Wenn der Staat sich um die Gesundheit seiner Bürger sorgt, dauert es nicht lange, bis der Verdacht des Paternalismus im Raum steht. Gerade in Demokratien, wo herrschaftliche Maßnahmen besondere Begründungen bedürfen, hilft dieser wohlwollende Autoritarismus, den Zwang, den er zwangsläufig mit sich bringt, erträglicher zu machen. Politiker sehen sich gerne als zentrale Intelligenz, als letzte Instanz der Weisheit, die genau wissen, was die Menschen zu wollen haben. Die ehrlichste und wenig charmante Begründung für meinen Liberalismus ist dagegen die Erkenntnis, dass ich schlicht nicht weiß, welche Bedürfnisse der andere hat. Ich weiß es einfach nicht. Diese Tatsache kann in einer Partnerschaft bereits zu einer Herausforderung werden. Bei fremden Menschen ist die Behauptung, von deren Bedürfnissen genau Bescheid zu wissen, pure Anmaßung. Doch genau das versucht der Staat immer wieder.

Das Bazillus des Paternalismus infizierte sich auch längst unseren Gesundheitsminister Jens Spahn. Zu einfach, zu greifbar und zu machbar kommt das gut gemeinte Diktat an Verboten und Erlässen daher. Er will doch nichts Böses, der Jens. Aber Sie wissen ja, wie es ist, mit dem „gut meinen“ und „gut machen“. Das sind häufig ganz schön unterschiedliche Dinge. Doch Spahn wollte es erzwingen, den edlen Paternalismus. Am Ende scheiterte er, das bitte ich Sie, wörtlich zu nehmen nehmen, kläglich. Doch eins nach dem anderen.

Angst frisst andere Themen auf

Alles begann im November des vergangenen Jahres. Die Menschen bereiteten sich auf die neuen Maßnahmen der Politik, um Covid zu besiegen, vor. Wellenbrecherlockdown, Dauerwelle. Viel Welle, viel Angst. Angst vor dem Virus und wahrscheinlich bei den meisten noch mehr Angst vor den Maßnahmen. Ich kann es nur mit der Überforderung und Überlagerung von Themen rund um Covid erklären, dass der Deal von Spahn mit Google nicht ausreichend besprochen wurde.

Ich mache den Bürgern hier wirklich keinen Vorwurf. Jeder verfügt über einen mentalen und emotionalen Haushalt, der hilft, Schreckensnachrichten zu verarbeiten. Und bei der täglichen Litanei an Infektions-, und Todeszahlen, Horrorbilder, Triage-Ängste und der Grausamkeiten mehr, kann ich es verstehen, dass andere, ebenfalls wichtige Themen weniger Gehör finden. Doch die Verabredung mit der größten Suchmaschine der Welt und dem Gesundheitsminister ist es wert, genauer beleuchtet zu werden. Zeigt es ein höchst problematisches Bild von Spahn zur Eigenverantwortung des Menschen einerseits und zur Pressefreiheit andererseits.

Was Wahrheit ist, bestimme immer noch ich

„Wer Gesundheit googelt, soll zukünftig auf dem Nationalen Gesundheitsportal landen“, verkündete der CDU-Politiker im November 2020. Google verpflichtete sich, dass Menschen, die zum Beispiel „Fieber“ oder „Corona“ eingeben, zuerst auf Gesundheitsportal des Ministeriums verwiesen werden. Heißt konkret: Nutzer werden eher auf die gewünschte Seite klicken, da sie vor anderen Angeboten platziert sind. Diese Absprache bewertete die Firma Netdoktor GmbH, die, die bekannte sowie gleichnamige Homepage betreibt, klagewürdig und zog vor das Landgericht München. Die private Gesundheitsseite fühlte sich benachteiligt und bekam recht. Im Eilverfahren sah der richterliche Vorsitz den Deal als einen Kartellverstoß. Es bestehe die Gefahr, dass private Anbieder verdrängt werden und somit eine „Reduzierung der Medien- und Meinungsvielfalt“ stattfindet. „Don‘t be evil“? Naja.

Ein zentraler Kritikpunkt beschrieb die Richterin in der Subvention der Vermarktung von Google als Monopolist. Da neun von zehn Deutschen die Websuche von Alphabet nutzen, setze die Kooperation „den freien Wettbewerb außer Kraft“. Dieser juristische Nieranschlag dürfte auch noch im Kanzleramt zu spüren gewesen sein.

Spahns Vorhaben muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Das Gesundheitsministerium bezahlt einen de facto Suchmaschinen-Monopolisten, dass dieser behördlich auserkorenen Inhalte des staatlich kontrollierten Gesundheitsportals vornehmlich anzeigt. Der Staat setzt seine Inhalte durch. Frei nach dem Motto: „Was wahr ist und was nicht, entscheidet immer noch ich.“ Und die Partei, die hat immer recht.

Freie Justiz muss sich durchsetzen

Die zentrale Intelligenz, das allwissende Amt, nimmt Maß und wird zu einer maßlosen Krake mit Tentakeln voll von gut gemeinten Absichten. Doch welchen Weg diese pflastern, ist bekannt. Zu Ende gedacht bedeutet diese staatliche Maßgabe das Ende der Pressefreiheit. Amtliche Portale bestimmen dann die Relevanz und Gewichtung von Informationen.

Ebenfalls Zu Ende gedacht hätte dieser Deal bedeutet, dass Merkels Expertenrat, der vor Lockdown Befürwortern nur so strotzt, noch sichtbarer gewesen wäre. Würde der gemeine Nutzer zum Beispiel „Maßnahmen“ oder „Covid Experten“ googlen, wäre es nicht unwahrscheinlich, dass als erstes Drosten, Wieler oder Brinkmann über das staatliche Gesundheitsportal angezeigt worden wäre. Man kann der Richterin für ihren klaren Blick nur gratulieren und hoffen, dass sich in diesem Jahr möglichst viele Richter an ihre unbestechliche Unabhängigkeit halten. Denn das Unbehagen in der Justiz nimmt zu. Viele sehen statt Verhältnismäßigkeit Maßlosigkeit in den politischen Entscheidung. Ich habe das Vertrauen in unsere Gerichte nicht verloren. Solche Urteile bestärken mich dabei.


Im Jahr 2020 von Corona hat der Staat nicht nur seine herrschaftliche, sondern auch seine perfide Fratze gezeigt. Das Innenministerium spannte Wissenschaftler mit in ihre PR Strategie mit ein. So sollten die Professoren für schlechte Zahlen sorgen, um den „hohen Handlungsdruck aufzuzeigen, so Staatssekretär Markus Kerber. Die Chance auf Selbsteinschätzung objektiver Zahlen und Fakten wird dem Bürger nicht zugetraut. Da muss der Staat als Vormund dem Mündel den Weg aufweisen, wie er zu handeln, oder hier konkreter, zu denken hat. Paternalismus ist in der Demokratie die buckelige Verwandtschaft der Diktatur. Doch es ist wie überall: Es braucht ein Volk, dass sich diese Politik gefallen lässt.

Und, wie im Falle des Spahn-Google-Komplex, um eben das zu verhindern, benötigt es eine freie Justiz.

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Gesucht: Mitläufer für CSU Mitgliedschaft

Von Julian Marius Plutz.

Als Bewohner Bayerns kommt man nicht umhin, sich mit der CSU zu befassen. Mitglieder der Partei sind in allen wesentlichen demokratischen Institutionen im Freistaat vertreten und entgegen der zuverlässigen Reflexe ihrer Gegner, alles niederzureden, kann die Partei durchaus Verdienste vorweisen. Sonst würden sie nicht so konstant von so vielen Menschen gewählt werden. Und doch halte ich die CSU im Großen und Ganzen für eine Partei von Mitläufern, ja, von Lemmingen, die Zusehens Wahlerfolg vor Inhalte setzt. Das möchte ich Ihnen erklären.

Eine wesentliche und gleichzeitig unerträgliche Eigenschaft vieler CSU Anhänger ist ihre schier grenzenlose Obrigkeitshörigkeit. So brauchte es eine absurde Odyssee von Lügen um eine Fürther Landrätin, bis endlich Edmund Stoiber als Landesvater zurücktreten musste. Beim Fall Gabriele Pauli handelte es sich um ein beispielloses Stück Hybris und Anmaßung des damaligen Ministerpräsidenten, was in dieser Form wirklich nur in der christlich-sozialen Union stattfinden konnte. Nirgendwo sonst gäbe es über Monate ein solches Gezerre und Gezeter, bis endlich der überfällige Posten geräumt wird. Das muss man der SPD lassen, dass sie mit unliebsamen Führungskräften gerne kurzen Prozess macht.

Auch Horst Seehofer wehrte sich über zwei Jahre, den CSU Vorsitz zu räumen. Als Innenminister findet der sympathische Großvater und Modelleisenbahner aus Ingolstadt de facto nicht statt. „Das Phantom“, wie er aufgrund seiner Unsichtbarkeit in Berlin genannt wird, lebt politisch seit Jahren so weit über dem Zenit, so dass seine Unantastbarkeit nur noch mit Denkmalschutz zu erklären ist. Alte Barracken darf man nun mal nicht abreißen. Den CSU Anhängern ist das recht, so lange das Wahlergebnis stimmt. Diese bedenkliche Art von Erfolgsethik ist in einer Demokratie auf lange Sicht gefährlich. In Person gegossen erfüllt dies Markus Söders Herrschaft im Umgang mit COVID.

Inhaltslose Opportunisten

Ich kann und möchte nicht müde werden, zu betonen, wie freiheitsberaubend und entmündigend die Maßnahmen rund um das Virus für uns alle sind. Und wenn es nach Söder ging, hätten wir noch mit wesentlich schärferen Verboten zu kämpfen. Ich weiß von Anhängern in der CSU, ob im Bekanntenkreis, oder in den sozialen Medien, wie unzufrieden sie mit der Corona Politik ihres Parteichefs sind. Doch glauben Sie, dass auch nur einer wirklich Widerstand gegen die illiberalste Politik seit 1945 organisiert? „Wer soll denn sonst Ministerpräsident werden?“, antwortete mir ein Bekannter unlängst, der sich in der CSU engagiert. Wer diesen Satz ernst meint, beginnt, absolutistisch zu denken. Diesen Satz leben auch Erdogan-Anhänger. Der Geist dahinter ist diktatorisch und entlarvt das Mitglied als Mitläufer, als Erfolgsfan. Das sagt Ihnen übrigens ein Anhänger des FC Bayern München.

Der inhaltlose Opportunismus von den Fanboys und -girls der Großkopferten im Maximilianeum fällt seit dem auf, seit CSU-Führer nicht mehr genuine CSU Politik machten, oder konkreter, seit sie konservativ meinen zu sein, aber tatsächlich in vielen Beispielen lediglich aktionistisch sind. Zwar murrt die Basis, wenn Söder in Sachen Landwirtschafts,- so wie Klimapolitik Politik der Grünen übernimmt. Wirklich erregt wirken die schwarzen Lemminge am Ende des Tages nicht, folgen sie doch ihrem Markus so stoisch, wie Nomadenvölkern den Sternen. Mich macht diese bereitwillige Entkopplung von Inhalten zur Partei sprachlos. Es muss naiv von mir gewesen sein, als ich einst dachte, bei einer Parteimitgliedschaft handle es sich um eine Angelegenheit aus Überzeugung. Zumindest wenn ich mir viele in der CSU ansehe.

Besonders jedoch amüsieren mich Behauptungen von CSU Anhängern, sie seien die einzige konservative Kraft in Deutschland. Davon abgesehen, dass der Vater des Konservatismus, Edmund Burke, die CSU nicht mal mit der Beißzange anfassen würde, handelt es sich hier um ein intellektuell dürftiges Lagerdenken. Denn zunächst ist konservativ sein weniger eine politische Richtung, sondern eine Frage von Haltung zu gesellschaftlichen Werten.

Die CSU hat den Konservatismus nicht exklusiv

Ich bezeichne mich in einigen Punkten durchaus als konservativ. So halte ich Tugenden, wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Standhaftigkeit für durchwegs erstrebenswert. Höfliche Umgangsformen, das Grüßen oder das selbstverständliche „Sie“, vor einem „Du“, sind für nicht nicht nur gemeinschaftliche Routinen, sondern wünschenswert, um ein harmonisches und wertschätzendes Miteinander zu gewährleisten. Die kleinste, gesellschaftliche Entität, die Familie, ist wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Gemeinwesens. Ich teile Wolfram Weimers Gedanken in „das konservative Manifest“ völlig, wenn er schreibt, der Konservative ist dem „Sein näher als der Möglichkeit“, „dem Leben näher als der Theorie“, „dem Einzelnen näher als der Gesellschaft“. Als zentrales Instrument gilt hierbei: Der „gesunde Menschenverstand“.

Und dennoch habe ich nie, oder werde wohl auch nicht in absehbarer Zeit die CSU wählen. Ist die Partei doch kaum in der Lage, freiheitliche Werte zu achten. Am Ende ist die Gesellschaft zu abstrakt und anonym, die Gemeinschaft in vielen Fällen nicht oder nicht mehr vorhanden. Was bleibt sind die erwähnten familiären Strukturen, auf die ein selbst bestimmtes Individuum fußt.

Es ist doch so: So wenig, wie die FDP den Liberalismus gepachtet hat, hat die Union den Konservativismus exklusiv für sich erstanden. Konservative können in vielen Parteien sein, sogar – auch wenn es manche nicht wahrhaben mögen – in der AfD. Bei genauer Betrachtung egalisieren sich konservative Werte im unbändigen Machtwillen von Söder. Jeden Tag wird die CSU ein wenig mehr grün und ein bisschen mehr rot, bis sie am Ende im immer gleichen Sumpf des geistigen Kartells von den anderen, schon lange nicht mehr unterscheidbaren Parteien angekommen sind.

Die Mitglieder an der Basis könnten dies verhindern, indem sie das tun, wofür Parteien einmal gegründet wurden: Für Inhalte zu streiten, weil man sie für richtig hält und nicht Inhalte vertreten, weil man für diese gewählt wird. Die Kritiker im Verborgenen wären glaubwürdiger, wenn sie ihren Verdruss nicht im Stillen, sondern lauthals an exponierten Stellen vortrugen. Sie wären ehrlich zu sich, wenn sie endlich aufstehen und sich von ihrem über Dekaden implementieren Devotismus emanzipierten. Dann könnten sie ihre Partei wieder unterscheidbarer machten. Sie wären dann selbst bestimmte Individuen in einer konservativen Partei.

Die CDU hat sich mit der Wahl von Armin Laschet gegen Inhalte und für die den Machterhalt entschieden. Die Schwesterpartei aus Bayern ist auf dem besten Weg, es ihr gleichzutun. Ihre Führung hat sich dazu entschieden. Doch das letzte Wort hat die Basis.

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Die Büchsenspanner des Corona-Regimes

Von Julian Marius Plutz.

Politik, die sich zumindest vornehmlich der Demokratie verpflichtet hat, benötigt für ihren Fortbestand ein gewisses Maß an moralischer Legitimation. Das gemeine Volk will Begründungen hören, wenn die Regierung über ihr Leben entscheidet, was auch völlig berechtigt ist. So waren es früher die Kirchen, die die Heilsversprechen der Machthaber von der Kanzel rechtfertigten. Heute hat die Religion, zumindest in Deutschland, nicht mehr den den Stand in der Gesellschaft, dass sich Politiker auf ihren Segen verlassen könnten. Heute braucht es andere Instanzen. Eines davon ist die Wissenschaft, die herrschaftliche Maßnahmen begründet. Über die eigentümliche Annahme einer empirischen Einheit, die keine anderen Meinungen evozierte, sondern stets zum gleichen Ergebnis kommt, schrieb ich bereits vor einiger Zeit. Darum soll es heute nicht oder nur am Rande gehen.

Nun ist es freilich ein Fortschritt, wenn die Politik nicht mehr nach dem Wort Gottes handelt und stattdessen sich Rat von Wissenschaftlern einholt. Doch wenn die Regierung ein Expertengremium auserkort, das fast ausnahmelos ihre bisherigen Entscheidungen zum Thema Corona befürwortet, obwohl es so viele andere Stimmen gibt, dann halte ich den Mehrwert dieser Experten für ähnlich ergiebig, wie der von Pfarrern. Als im Januar 2021 die acht Fachleute vorgestellt wurden, die die Bundesregierung zu Covid beraten sollten, war ich nach einem kurzen Überraschungsmoment gar nicht mehr erstaunt. Denn alle Wissenschaftler, bis auf einen, stimmten den bisherigen Lockdown Kurs zu, wenn sie ihn sogar für noch nicht weitreichend genug halten. Am meisten fehlt es dem Gremium jedoch an Ausgewogenheit in den wissenschaftlichen Disziplinen. Doch dazu später mehr.

Von MeinungsVielfalt keine Spur

Mit im Fachgremium ist ist selbstredend RKI Chef Lothar Wieler, der laut SPIEGEL Deutschlands „oberster Seuchenbekämpfer“ ist. Das Robert-Koch-Institut ist eine Behörde, die bis 1994 noch „Bundesgesundheitsamt“ hieß. Ich betone das deswegen, da die Anstalt laut Artikel 87 des Grundgesetzes gegenüber dem Bundesinnenminister weisungsgebunden ist. In dieser Konstellation halte ich es für ausgeschlossen, dass Herr Wieler als unabhängiger Experte auftritt. Denn sein Vorgesetzter ist Jens Spahn, der ihn im Zweifel ersetzen könnte. Meine Einschätzung ist, dass Herr Wieler völlig ungeeignet ist, die Bundesregierung objektiv zu beraten. Oder haben Sie jemals erlebt, dass der RKI-Chef seinem Dienstherren widersprochen hat?

Natürlich ist Professor Drosten Teil der Experten. Über den Virologen wurde schon viel geschrieben. Ob als verkannter Schillerkenner, oder als kostenloser Merkelsprecher. Der eifrige Twitternutzer ist in aller Munde und weiß, sich in Szene zu setzen. Was dazu kommt: Er hält die Zero-Covid Strategie, ein irres, sozialistisches Machwerk, für ein „erstrebenswertes Ziel„. Drosten hat den deutschen Coronakurs maßgeblich geprägt. Und er will mehr. Mit Horrorzahlen, 100.000 Fälle pro Tag im Sommer, heizt er den Kessel der immer schärferen Maßnahmen weiter an. Er wird von Merkel und Konsorten benötigt, denn er genießt, gerade im linken Lager, Merkels Unterpfand seit Jahren, hohe Anerkennung.

Ebenfalls im Dienste des neuen Autoritarismus steht der Immunologe Michael Meyer-Hermann: „Im Moment sind die Hinweise eher darauf, (…) dass der Lockdown in der jetzigen Stärke noch nicht stark genug ist, um unsere Fallzahlen in absehbarer Zeit tatsächlich zu senken.“ Auch er spannt die Büchse scharf und ebnet den Weg der Lockdown-Befürworter. Auf ihn kann sich Merkel verlassen, dass er in ihrem Sinne spricht.

Doch bleiben wir fair. Ein Lichtblick in der Expertenrunde ist der Arzt Gérard Krause. Er kritisierte schon im vergangenen Jahr Teile der Maßnahmen. Und auch in 2021 fordert er einen stärkeren Fokus auf die wahrlich vulnerablen Gruppen. Krause ist kein Scharfmacher. Aber er ist der einzige in der Runde, der am Lockdown-Kurs der Bundesregierung zumindest partiell etwas auszusetzen hat. Doch die einzige zarte Pflanze des leisen Widerspruchs macht spätestens Professor Melanie Brinkmann zunichte. „Wir müssen wirklich noch mal richtig dolle draufhauen“ sagt die Virologin. Was sie mit dieser abenteuerlich infantilen Sprache meint, ist klar: Es müssen per Gesetz noch mehr Kontakte eingeschränkt werden. Auch sie ist voll auf Kurs von Drosten, Wieler und Meyer-Hermann. Der Austausch von unterschiedlichen Ideen wird zwischen diesen Leuten nicht stattfinden.

Eine womöglich wichtige Expertise bringt hingegen Frau Professor Cornelia Betsch in das Gremium mit ein. Die Psychologin befasst sich mit dem Impfverhalten der Menschen. Inwieweit sie in die Runde einen Mehrwehrt einbringen kann, ist fraglich. Immerhin ist sie eines der Mitgliedern, die jenseits der Virenkunde forscht. Neben ihr komplettiert Kai Nagel, Professor für Verkehrssystemplanung, die Runde. Er soll die Mobilität der Bürger erforschen, sowie Rolf Apweiler. Er ist zuständig für die Datensammlung.

Keine Ökonomen, keine Lehrer

Bei aller hohen Expertise, die außer Frage steht, fehlen zwei Dinge, die das Gremium leider unbrauchbar macht. Erstens: Es kann, Herrn Krause in einzelnen Fragen einmal abgesehen, keine wirkliche Kontroverse im Bereich der Virologie, Epidemiologie und Immunologie entstehen. Wie denn auch, sind sich doch alle im Kern einig. Jedoch und auch wenn es nicht allen gefällt, gibt es andere Meinungen. Sei es John Ioannidis, Professor in Stanford, der schon im März 2020 die Wirksamkeit von Lockdowns anzweifelte und im Oktober des gleichen Jahres die Sterblichkeit von Covid-19 untersuchte. Sein Ergebnis: Eine Mortalität von 0,23% im Median. Damit lag übrigens Hendrik Streeck, der Merkels Virologen durchaus Gegenargumente liefern könnte, in seiner Heinsberg Studie ziemlich nah an Ionnidis Ergebnis, was erstaunt, wenn man bedenkt, wie kritisch die Arbeit des Bonner Virologen kommentiert wurde.

Und was – zweitens – fehlt ist Diversität in den wissenschaftlichen Disziplinen. So ziemlich alles jenseits der Virenkunde fehlt. Keine Ökonomen, die die Auswirkungen der Maßnahmen und die Zielgenauigkeit der Subventionen beleuchten. Keine Soziologen, die sich mit den gesellschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns befassen. Keine Spur von Erziehern und Lehrern. Kein Vertreter von Ausbildungsberufen, keine Psychologen. Und keine Geisteswissenschaftler, die die Denkebenen metaphysieren. Nichts davon. Dafür sehen wir einen Überhang an Naturwissenschaftlern, die sich, was die vermeintliche Bekämpfung des Virus angeht, einig sind.

Wer sich wie Merkel beraten lässt, also von Leuten beraten lässt, von denen man weiß, dass die erwünschten Handlungsempfehlungen herauskommen, lässt sich nicht überhaupt nicht beraten. Der Regierung geht vielmehr es um die Legitimation ihrer freiheitslosen Politik. In einer atemberaubenden Egozentrik und Überheblichkeit meint die Politikelite, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Frau Merkel wird ihre Haltung zur Pandemie nicht ändern. Ihre Berater sind gefällig. Ihre Politik ist dem Machterhalt verpflichtet. Sie empfindet die Demokratie als lästig und die Freiheit als ein Übel. Merkels Politik ist im Tunnel. Sie ist unfähig und Unwillens, nach rechts und nach links zu blicken. Ein pluraler Expertenkreis hätte dies ändern können. Doch dazu ist Frau Merkel schon viel zu weit vom Leben entfernt.

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Warum die AfD keine Alternative ist

Von Julian Marius Plutz.

Zu den wahrhaft besten deutschen Serien gehört „Kir Royal“. Ja.

In dem Sechsteiler dreht sich alles um den Klatschreporter Baby Schimmerlos. Der, der für die fiktive Münchner Allgemeine Tageszeitung die vermeintlichen Skandale der Schickeria aufdeckt. „Wer reinkommt ist drin“, heißt die erste Episode und ist auch das Motto des Journalisten. Denn er bestimmt, wer zu den Stars und den Sternchen gehört und wer nicht; wer eben draußen bleibt. Die Serie gehört zu den Besten im deutschsprachigen Raum. Bis heute kam Gesellschaftskritik nie so leicht daher, ganz ohne Zeigefinger und Moralingeplänkel. Ob es um die degenerierte Zuneigung hin zu einem Diktator geht, der dem Schar gar nicht unähnlich ist. Oder wenn eine Episode von der Einsamkeit der Mutter handelt, die von ihrem Sohn vergessen wird. Kir Royal trifft mit Humor und Verstand in vielerlei Hinsicht den Nerv – jenseits von Zeitgeist und fragwürdigen Haltungstrends. Das, neben vielen exzellenten Schauspielern, macht die Serie so besonders.

In einer der Folgen sagt Baby Schimmerlos einen Satz, den ich bis heute verwende; der sich seit dem in mein Gedächtnis gebrannt hat. Auf ein zwielichtiges Angebot antwortete der sonst moralisch flexible Reporter: „Des mach i‘ net, des is‘ gegen meine innere Hygiene.“ Was für ein starker, pointierter Satz! Die Tragweite dessen wird klar, wenn man ins Detail geht. So ist „Hygiena“ ist die griechische Götting der Gesundheit und „Hygiene“ die Lehre der Gesundhaltung des Einzelnen und der Allgemeinheit. Doch der Begriff geht weiter, als das bloße Ziel der Abwesenheit von Krankheit. „Hygiene“ Heißt auch Wohlbefinden. Wenn etwas gegen die innere Hygiene geht, dann handelt es sich um eine starke Ablehnung. Das Angebot, das Schimmerlos offeriert wurde, stand so im Widerspruch seiner inneren Gesundheit, es bedrohte so stark sein mentales und emotionales Wohl, dass er es ablehnten musste. So etwas gibt es immer wieder im Leben.

Hoffnung von 2013 enttäuscht

Die AfD gehört für mich dazu. Sie ist nicht mit meiner inneren Hygiene vereinbar. Ich gehörte 2013 zu den vielen, die euphorisch der AfD beitraten. Ihre Hoffnung stand im Namen: „Alternative“. In einer Zeit, als die FDP mit ihrem verfehlten Personal beschäftigt war, statt mit dem Versuch einen angewandten Liberalismus zu etablieren. In einer Zeit, als die Merkel-CDU längst sozialdemokratische Politik machte, sehnten sich freiheitliche Menschen nach einer Partei, die sich vom Einheitswahnsinn im Parlament unterschied. In eben dieser Zeit versprach die AfD den Unterschied zu machen. Eine Zeit lang sah es auch so aus, als würden sie diesen Job erfüllen. Bis sich die Partei verlor und sie weite Teile der vernünftigen Mitglieder verlor.

Als der bemühte und ungeschickte erste Repräsentant der Partei, Bernd Lucke, das Handtuch schmiss, war abzusehen, wohin die Reise der Partei hingehen sollte. Von einer freiheitlichen und konservativen Partei hin zu einer Rechtskollektivistischen. Ich sage „rechts“ ohne Schaum vor dem Mund, halte ich ein Spektrum rechts einer Mitte so normal, wie eben links davon. Es ist dann jedoch nicht mehr die politische Heimat, die ich als die meine definieren würde. Ich kann Ihnen nicht den einen Auslöser für meine Entscheidung, sich abzuwenden, nennen. Wahrscheinlich gab es den auch nicht. Es war die Fülle an kleinen und großen Unverschämtheiten und die Masse an völlig indiskutablen, extremen Mitgliedern, die mich erst aus der Partei und dann aus dem Unterstützerkreis trieben. Irgendwann ging es gegen meine innere Hygiene.

Doch vielleicht hatte ich zu viel erhofft. Eine fundierte Kritik an Merkels Kollektivismus von 2015 von einer neuen Partei zu erwarten, die gleichzeitig selbst ohne Kollektivismus auskommt, hat sich als naiv herausgestellt. Das sollte ich erklären: Das Kollektiv der CDU war in der Flüchtlingskrise „die Flüchtlinge“ zu schützen und nach Europa, vornehmlich nach Deutschland zu holen. Dabei war es nachrangig, ob die Personen tatsächlich von Flucht oder Vertreibung bedroht waren. Mehr noch: Durch die Grenzöffnung, konkreter das Unterlassen individueller Prüfung nach Fluchtgrund an den Schlagbäumen, wurde das Kollektiv „Flüchtlinge“ so aufgebläht, dass ein jeder, der an der Grenze das Wort „Asyl“ aussprechen konnte, in diese Kategorie fiel. Es handelt sich hierbei um den kardinalen Fehler Merkels Politik, der gleichzeitig wie ein Defibrillator für die damals de facto bedeutungslose AfD wirkte. Davon konnte sich die CDU bis heute nicht erholen und davon profitiert die Alternative für Deutschland bis heute.

Von einem Kollektivismus in den nächsten

Doch auch die AfD entwickelte sich zu einer kollektivistischen Partei. Das zu schützende Kollektiv hört auf den Namen „die Deutschen“. Nun waren es ausgerechnet die, die „hier schon länger Leben“, die auf die AfD zählen mussten, damit ihre Rechte gewahrt werden. Es ist doch wie immer: Erst wird ein Opfer definiert, dann bejammert und beweint und dann wie ein schützenswertes Wesen behandelt. Ich als Angehöriger einer Randgruppe muss Ihnen sagen, dass ich diese Art von Klientelpolitik nicht nur ablehne, ich sie auch als abstoßend empfinde. Ich brauche keinen Sonderbeauftragten für meine Belange. Ich empfinde mich nicht als Mitglied eines Kollektives. Und ich bin mir sicher, dass die meisten Deutschen auch keine Partei benötigen, damit sie zur Geltung kommen, nur weil sie in Braunschweig, oder Bamberg, oder Kiel geboren sind und ihre Vorfahren „schon länger hier leben“.

Wer die Verantwortung für sein Glück an das Bestehen eines Kollektivs knüpft, hat spätestens dann ein Problem, wenn der falsche Führer das Kollektiv leitet. Oder wie Gunnar Kaiser sagen würde: „Was soll schon groß schief gehen?“ Eine Menge. In der freiwilligen Selbstaufgabe des Individualismus kann Selbstverwirklichung im Korsett eines Kollektivs kaum stattfinden. Im ewigen Plan des großen Ganzen sind einzelne Befindlichkeiten unerwünscht. Wenn fast 30% der AfD Wähler sich einen „starken Führer“ wünschen, können Sie sich ausmalen, wohin die Reise gehen wird.

Es ist undenkbar, dass eine kollektivistische Ideologie eine andere Ideologie des Kollektivismus ablöst und am Ende echte Freiheit für den Menschen zulässt. Die AfD kann unmöglich seinem „A“ im Kürzel gerecht werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn Jörg Meuthen wackere Reden auf Parteitagen hält. Am Ende ist die Partei eine von vielen etatistischen und paternalistischen Bewegungen. Es geht seit langem nicht mehr um „rechts oder links“; so manch ein Hufeisen wird zum glatten Ring. Die Konfliktlinie definiert auf der einen Seite die Freiheit des Individuums. Auf der anderen Seite stehen die herrschenden Herrschaften, die in Kollektiven denken, weil sie am Ende des Tages der Eigenverantwortung nicht trauen. Sie sind der Meinung, dass sie selbst die finale Intelligenz sei, die für andere die richtigen Entscheidungen zu treffen vermögen.

Die Alternative für Deutschland ist mehr Establishment, als sie sich jemals erträumen vermag. Eine Rentenreform, die sich auf ein nachweislich verrecktes System stützt, der Umlagefinanzierung, ist so Mainstream, wie eine Nachrichtensendung mit Klaus Kleber. Die AfD hat fertig, noch ehe sie in Regierungsverantwortung gewesen war. Sie kontaminiert meine innere Hygiene. Sie betreibt illiberale Politik, die mich abschreckt.

Baby Schimmerlos lag völlig richtig. Er war sicher nicht der Beste aller besten Menschen. Er hat betrogen und gelogen. Doch am Ende war er Eins mit sich und seinem übrig gebliebenen moralischen Kompass. Er hatte seine innere Hygene bewahrt.

Das ist alles, was ich mir vom Anderen wünschte.