Von Julian Marius Plutz.
Sie kennen das: Nach dem ersten Date haben Sie tolle Laune, denn Sie fanden denjenigen ganz toll. Natürlich hoffen Sie auf Gegenseitigkeit und auf ein zweites Treffen. Doch, wie es so ist, bei ihm kommt immer wieder etwas dazwischen. Verflixt und zugenäht! Die Arbeit, die stresst. Müdigkeit am Abend, Hektik am Morgen. Oma hat einen runden Geburtstag. Hund bekommt einen Bypass und das Pferd der Nachbarin hat Aids. Immer seltener schreibt er Ihnen eine Textnachricht, bis der Kontakt ganz abbricht. Dabei hätte er es sich viel leichter machen können. Es genügte ein Satz. Der ist nicht schön, der ist nicht nett, aber er wäre in dieser Situation gerade recht: „Ich mag dich einfach nicht.“
Wo wir bei Christian Lindner angekommen wären. Ich mag ihn einfach nicht, tat ich noch nie. Sein Auftreten zu inszeniert, seine Botschaften zu Tode abgewogen. Dazu seine Abkürzung CL, als wäre er Ronaldo, zeugt von einer fulminanten Überheblichkeit. Sie merken: Ich mag ihn einfach nicht. Ja. Und er tut alles, meinen Eindruck zu bestätigen. Schaue Sie:
„Die Bereitschaft von Bundespräsident Steinmeier zu einer zweiten Amtszeit sehe ich mit Respekt und Sympathie. Er hat sich um den Zusammenhalt in unserem Land verdient gemacht. Angesichts der anstehenden politischen Veränderungen wäre Kontinuität an der Staatsspitze ratsam“.
FDP Für den Bundesstaat Europa
Wie kommt Christian „CL“ Lindner zu diesem Schluss? Was hat Frank-Walter Steinmeier, genannt der Uhu von Detmold, den ich auch „gar nicht mag“, in dem Amt als Bundespräsident geleistet? Ernst gemeinte Frage! Ich weiß es nicht. Können Sie sich an eine bahnbrechende Rede erinnern? Irgendetwas? Der Mann, der seit sagenhaften 21 Jahren absolute Spitzenposten bekleidet, gilt als das fleischgewordenes Establishment. Er hat Schröder überlebt, er wird Merkel überleben und das steht bereits jetzt im Drehbuch: Irgendwann überlebt er sich auch selbst.
Dass Lindner den Steini über nun lobt und wiederwählen will, zeugt von absoluter moralischen Flexibilität. Das Ziel ist klar: Er will seine Partei offen für diverse Ampelspielchen halten. Rot-Grün-Gelb im Bund? „Ja wenn es geht!“ denkt es im Lindner. Der Frank-Walter wäre da ein prima „Brückenbauer“, der beim „Abholen“ netterweise die Leute auch gleich „mitnimmt“ und für „Zusammenhalt“ sorgt, denn darum hat er sich ja „verdient“ gemacht. Ich frag‘ mich wiederum, frei nach Grönemeyer: „Womit hab ich das verdient?“
Aber ganz im ernst: Lindner positioniert sich eindeutig in Richtung SPD. Nicht umsonst holte er den SPD erfahrenen Volker Wissing in die Bundespartei und schickte die durchaus wackere Linda Teuteberg zurück in den Spreewald. Seitdem freut sich die Dame aus der Stadt mit dem wuchtigen Namen – König Wunsterhausen – übrigens steigender Beliebtheit, was wiederum den CL gar nicht freuen dürfte. Ob sie in der FDP noch eine tragende Rolle spielen wird, liegt wohl auch am Verbleib von Lindner. Und der scheint fester denn je im Sattel zu sitzen. Traumschön.
Die Lindner-FDP steht zwar ganz passabel da. Aber angesichts der grandiosen Schwächen von Union und SPD sind 12% für eine freiheitliche Alternative zu wenig. Ich bin überzeugt, es könnten 20% und mehr sein. So lange aber CL mit Steini die Ampel vorbereitet, so lange die FDP wie ein besoffener Teenager die EU lobt und einen Bundesstaat Europa fordert, verprellen sie die Leute, die im Zweifel nicht, oder die AfD wählen würden. Dass gerade eine Partei, bei der das „F“ für freiheitlich steht, eine solch zentralistische Forderung unterstützt, halte ich für einigermaßen abenteuerlich. Denn der Liberalismus zu Ende gedacht ist auch immer eine dezentrale Veranstaltung. Wissen ist dezentral und Macht sollte ebenso dezentral verteilt werden. Ein „Bundesstaat Europa“ ist exakt das Gegenteil davon.
Ciao, Freiheit!
Und so kommt zusammen, was zusammen gehören mag. Lindner unterstützt Steinmeier. Der Bundespräsident legt dann der SPD nahe, sich mit der FDP und den Grünen zu koalieren. Dass die beiden linken Partei mit freiheitlicher Politik nichts am Hut hat, ist kein Geheimnis und kann spätestens seit der unerträglichen Corona Politik keiner ernsthaft leugnen. Eine Partei, die Antiliberalisten wie Karl Lauterbach in den eigenen Reihen hat, wird niemals freiheitliche Politik machen können. Und eine Partei mit „Freiheit“ im Namen, die mit dem Lauterbach-Verein zusammenarbeitet, kann das „F“ im Namen streichen.
Steinmeier und Lindner mögen sich. Es handelt sich ein Date, das gelungen ist. Hier werden noch weitere Treffen folgen. Und vielleicht kommt es ja dann auch zu einer handfesten Beziehung. Niemand braucht hier faule Ausreden – der Funke ist übergegangen und der Beginn einer wunderbaren Romanze steht vor der Tür. Für den gemeinen Zuschauer, genannt Bürger, oder Wahlvieh, wird es ungemütlich. Noch mehr Dirigismus, noch mehr Paternalismus und noch weniger Freiheit.
Da kann man nur auf eine Ehekrise mit anschließender Scheidung hoffen.