Von Julian Marius Plutz.
Im dritten und letzten Teil dieser Kolumne befasste ich mit der AfD und der Partei DIE LINKE. Nachdem mich weder die selbsternannte Partei der Arbeit, SPD, noch Grüne, CDU und die FDP auch nur ansatzweise überzeugen konnten, erhoffe ich von den beiden übrig gebliebenen Programmen wenn schon keine Zustimmung, dann immerhin Kontroverse.
Beginnen möchte ich mit der AfD und ob sie ihrem „A“, also „Alternative“, auch wirklich gerecht wird. Zunächst eine Wohltat für den Rechercheur: Die Partei ist sie bisher einzige Partei, die ihr großes Wahlprogramm nicht nur per pdf anbieten, wo man sich seine Punkte via Suchfunktion herauspicken muss. Sie bieten dem Leser ferner den Service, dass auch in der ausführliche Version die einzelnen Themen separat un in extra URLs aufgeführt sind. Das spart Zeit und sieht gut aus.
Doch es soll ja um den Inhalt gehen. Die AfD separiert das Thema „Arbeit“ in zwei unterschiedliche Kapitel, wobei in „Arbeits- und Sozialpolitik“, der für mich relevante Teil niedergeschrieben wurde.
Weniger Sanktionen bei Hartz IV
„Der gesetzliche Mindestlohn ist mit dem Wesen der Sozialen Marktwirtschaft eng verbunden (…) Er schützt sie auch vor dem durch die derzeitige Massenmigration zu erwartenden Lohndruck.“. So weit, so verständlich. Doch um welche Höhe handelt es sich? Bleibt die aktuelle Handhabe mit einer Art Mindestlohnkommission bestehen? Hier ist das Programm wage. Und dass Migration Auswirkungen auf das Lohnniveau haben kann, ist kein Geheimnis. Hier wünschte ich mir mehr Präzision. Aber immerhin ist die AfD die erste Partei, die die offenkundige Kausalität der beiden Faktoren erkennt und benennt.
„Die AfD setzt sich für eine Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I in Abhängigkeit von der Dauer der Vorbeschäftigung ein. Der Selbstbehalt bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II ist sanktionsfrei zu erhöhen“, heißt es weiter. Auch wenn ich beiden Punkten kritisch gegenüber stehe: Man bekommt eine Idee, warum Arbeiter weniger die SPD und und vermehrt die AfD wählen. Kritisch insofern, da eine sanktionsloses ALG II falsche Anreize ansetzt. Meiner Erfahrung nach ist „Hartz IV“ bereits mit den jetzigen Sanktionsmöglichkeiten sehr attraktiv.
Senkung der Abgabenlast und wager Fokus auf Behinderte
Wohltuendes lese ich einen Punkt weiter: „Der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung soll abgesenkt werden“. Wie auch die FDP hat die AfD erkannt, dass die hohen Lohnnebenkosten nicht nur Arbeitgeber, sondern vor allem den Arbeitnehmer belastet. Wie die Senkung des Beitrages im Bezug auf die Verlängerung von ALG I finanziert ist, erfahre ich leider nicht. Wie alle anderen Parteien hält es auch die AfD für nicht nötig, zumindest theoretische Rechenbeispiele zu nennen. Weiterhin möchte die AfD, dass weniger Verdienst an den Hartz IV Satz angerechnet werden. Sehr schön. Aber auch hier fehlen die Zahlen.
Immerhin: Nach der FDP ist die AfD die zweite Partei, denen Behinderte im Arbeitsmarkt einen Absatz wert ist: „Um echte Teilhabe für behinderte Menschen am Arbeitsleben zu verwirklichen, fordert die AfD die Schaffung von Anreizen in Form eines Bonussystems für alle Arbeitgeber für die Einrichtung von mehr Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung, gekoppelt mit einer fairen Entlohnung.“ klingt gut, aber Sie kennen meine Antwort: Wenig konkret.
Die Partei „DIE LINKE“ will aus dem 6% Umfrage-Ghetto hinaus. Ob sie mit dem Thema Arbeitsmarkt punkten kann? „Zeit zu handeln!“, schimpft sich das Programm und ich bin gespannt.
Marxismus 2.0
Zunächst zur Stilistik: Auch DIE LINKE packt ihr ausführliches Programm in eine praktische URL Version. Allein das spart mir 10-15 Minuten. Und gleich im ersten Punkt prescht die ehemalige PDS mit meinem Thema nach vorne. Leider, ich hatte es fast vergessen, nicht ohne einer marxistisch müffelnden Floskeleinleitung.
„DIE LINKE kämpft dafür, dass alle erwerbstätigen Menschen von ihrer Arbeit gut und sicher leben können.“ Der Kampf geht also weiter. Und weiter „Wir wollen Arbeitsplätze und Tarifverträge verteidigen und die Tarifbindung ausbauen, das Hartz-IV-System als Druckinstrument auf Löhne abschaffen, Entlassungen stoppen und die Arbeitswelt vom Kopf auf die Füße stellen.“.
Das ist die Identität dieser Partei. Im Frust um Hartz IV fusioniert und seit jeher regelmäßig in den Bundestag gewählt. Ob die immer gleichen Worthülsen und stets die selben Forderungen für die Wahl 2021 reichen, ist fraglich. Und falls Sie sich fragen, warum ich solche Floskeln nicht aus dem AfD Programm zitiert habe, so ist die Antwort simpel. Die AfD verzichtet weitestgehend auf ellenlange Vorträge ideologischer Prägung.
Recht auf alles
Was folgt ist das, was man erwartet. Niedriglohnsektor abschaffen, 30 Stunden Woche, Mindestlohn auf 13 Euro – na klar, die Konkurrenz in grün und rot haben nachgezogen -, Leiharbeit, die eigentlich Arbeit Arbeitnehmerüberlassung heißt, wollen sie abschaffen. DIE LINKE will einen Rechtsanspruch auf Vollzeit für alle, Obergrenzen für „Manager*innen“ – endlich wird auch in der ehemaligen SED gegendert, was sicher auch dem Ehepaar Honecker gefallen hätte.
Ich könnte beliebig weitermachen: Höchstarbeitszeit pro Woche auf 40 Stunden, ein Recht auf Alles: Recht auf Homeoffice, ein Recht auf Auszeiten, Recht auf familiengerechte Arbeitszeiten, ein Recht auf Arbeitszeitverkürzungen, ein Recht auf weniger Stress (Antistressverordnung) und vieles mehr.
DIE LINKE möchte offenkundig mit Befehl und Gehorsam dem Arbeitnehmer eine Arbeitswelt vorgeben, die er vielleicht gar nicht möchte und selbst wenn. Diese neue Arbeitswelt hat zwar alles durchgeplant, aber eines lässt sie vermissen: Arbeitsplätze selbst. Daran ist jedes sozialistische Experiment gescheitert und daran wird auch Deutschland mit Rot-Rot-Grün scheitern.
Fazit AfD und DIE LINKE
Die beiden Programme überzeugten im Gegensatz zu den anderen. Vor allem DIE LINKE spart, wenn man die sozialistischen Stsndardsätze abzieht, an großen Allgemeinplätzen und kommt stehe schnell zur Sache. Inwieweit, wenn man die Mindesrlohnhöhe absieht, sich das Programm von 2005 unterscheidet, bleibt mir verborgen. Ferner erinnert der autoritäre Ton an alte SED Zeiten.
Das AfD Programm ist immerhin etwas konkreter, als die der anderen Parteien (abzüglich DIE LINKE). Dennoch fehlen mir konkrete Anwendungensbeispiele und wenigstens grobe Rechenmodelle. Von einer Partei, die immer noch einen gewissen professoralen Unterbau vorweisen kann, hätte ich mehr erwartet. Inhaltlich sind die Konflikte beide Flügel in der Partei spürbar. So reiht sich das Programm, was das Thema Arbeitsmarkt angeht, irgendwo zwischen FDP und SPD ein. Beiden hat sie immerhin zwei Dinge voraus: Sie ist unverbraucht und ihre Forderungen sind immerhin etwas konkreter.
Gesamtes Fazit
In nun drei Teilen (Siehe I und Ii) befasste ich mich mit allen mir relevant erscheinenden Parteien, was das Thema Arbeitsmarkt angeht. Das Ergebnis war ernüchternd. Fast alle Parteien verzichteten auf wirklich Konkretes. Datenmaterial ihrer luftigen Forderungen konnte keine Partei liefern.
Die FDP klingt mutlos und halbliberal. Die CDU tut so, als stelle sie nicht 16 Jahre den Kanzler. Die SPD verabschiedet sich endgültig vom Label der Arbeiterpartei. Die Grünen sind ein schlechteres Abziehbild der SPD. Die Linke immerhin bleibt konsequent und macht den Weg frei in das nächste, zum scheitern verurteilte sozialistische Experiment.
Die AfD ist tatsächlich der Zyklop unter den Blinden. Auch wenn ich, neben der FDP, von der Alternative für Deutschland mehr erwartet hätte, ist es das einzige Programm mit Ansätzen, die dem Arbeitsmarkt in Deutschland gut tun könnte.
Dennoch hätte ich von der AfD, vor allem aber von den anderen Parteien viel mehr erwartet. Meine Erwartungshaltung waren konkrete Beispiele, Berechnungen. Was ich bekam, waren in aller Regel Floskeln, die die Politikverdrossenheit immer weiter manifestiert.
Eine Antwort auf „Parteiencheck Arbeitsmarkt Teil III – AfD und DIE LINKE“
[…] Parteiencheck Arbeitsmarkt Teil III – AfD und DIE LINKE — Neomarius […]
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