Von Luca Tannek.
Wir schreiben die 1830er Jahre. In Europa und den USA wird getüftelt und geforscht. Der britische Physiker Michael Faraday erfindet den Faradayschen Käfig, sowie den Dynamo. Mit der Entwicklung des Morseapparats glückt dem US-Amerikaner Samuel Morse eine bahnbrechende Erfindung im Bereich der Kommunikation. Die Schifffahrt dankt ihm bis heute. Physiker Alexandre Edmond Becquerel erforscht den photoelektrischen Effekt, der die Grundlage für heutige Photovoltaik-Anlagen bildet. Wo wäre unsere Fortschritt nur ohne diese Errungenschaften?
Die 1830er Jahre schenkten der Zivilisation nicht nur neue Erfindungen, sondern auch einen ganz besonderen Erfinder, nämlich den des Dynamits, Alfred Nobel. Der Chemiker kam in Schweden auf die Welt und starb in Italien. 1895 initiierte er die Nobel-Stiftung. Sie soll Menschen auszeichnen „die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben“. Im Jahre 1901 verlieh die Stiftung erstmals den Nobelpreis, das der Namensstifter jedoch nicht mehr erlebte. Nobel starb bereits 1896.
Die jährliche Vergabe des Nobelpreises durch die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hat bis heute Bestand. Letzte Woche wurden alle Preise vergeben. Zumindest fast alle. Denn diesen Montag wurde ein weiterer „Nobelpreis“ vergeben, der Preis für Wirtschaftswissenschaften. Die Gewinner waren die US-Ökonomen David Cord, Joshua Angrist und Guido Imbens. Cord wurde die Hälfte des Preises zugeschrieben, den Rest teilten sich Angrist und Imbens. Alle drei Ökonomen sind spezialisiert für die Forschung auf dem Arbeitsmarkt.
Herzlichen Glückwunsch an die drei Herren aus den Vereinigten Staaten. Aber dieser Titel hat nicht den Wert, den so mancher ihm beimisst. Im Grunde sollte der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften abgeschafft werden.
Sieger werden überschätzt
Der Ökonom Friedrich August von Hayek warnte in vielen seiner Schriften vor „einer Anmaßung von Wissen“. Gemeint ist damit, dass kein Ökonom oder Politiker wissen kann, welche genauen Folgen staatliche Eingriffe sich auf eine freie Marktwirtschaft auswirken. Der Österreicher war davon überzeugt, dass nur die Individuen in ihrer Gesamtheit selbst wissen, welche Entscheidungen sinnvoll sind. Ähnlich argumentierte er seine Kritik am Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, als er diesen 1974 gewann.
Seiner Ansicht nach sind die Wirtschaftswissenschaften ein Teil der Sozialwissenschaften und demnach zu komplex, um eindeutige Ergebnisse Mittels wissenschaftlichen Modellenfestzustellen. Er befürchte, dass der Preis Ökonomen eine gewisse Autorität verleihe, die es in den Wirtschaftswissenschaften nicht geben sollte. Die Ökonomie ist schließlich keine harte Wissenschaft wie Physik oder Chemie. Ein anschauliches Beispiel für eine „Anmaßung von Wissen“, war die Finanzkrise von 2007 und 2008. Viele renommierte Ökonomen lagen mit ihren Prognosen falsch und „kalibrierten lieber ihre Gleichgewichtsmodelle und drehten dabei eine mathematische Pirouette nach der anderen“ kritisiert die US-Ökonomin Deirdre McCloskey.
Der Name macht‘s
Ein weitaus bedeutenderer Punkt, weshalb der Wirtschaftsnobelpreis – eigentlich „Preis der SchwedischenReichsbank in Wirtschaftswissenschaft zur Erinnerung an Alfred Nobel“ -abgeschafft werden sollte, ist der Verweis auf Alfred Nobels Testament. Es war nie im Sinne Nobels, dass Wissenschaftler der Ökonomie für ihre Arbeit ausgezeichnet werden. Der Schwede listete lediglich nur die Bereiche Chemie, Physik, Medizin oder Physiologie, Literatur und Frieden auf. Von Wirtschaftswissenschaften war nie die Rede.Zumal man sich bewusst sein muss, dass Alfred Nobel von den Wirtschaftswissenschaften nichts hielt: „Ich habe keine Ausbildung in Ökonomie und hasse sie aus tiefstem Herzen“. Damit ist wohl alles gesagt.
Nur weil die schwedische Reichsbank 1968 ihr 300-jähriges Jubiläum feierte und hierzu den Anlass sah, eine Preisverleihung für Wirtschaftswissenschaftler zu stiften, heißt das längst nicht, dass der Name Nobels dafür missbraucht werden darf. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Jeder bisherige Gewinner hat große Arbeit geleistet und gehört zu den besten Ökonomen. Jeder von ihnen ist sicherlich eine Auszeichnung wert. Wenn es aber so dezidiert wichtig ist, einen Preis für Ökonomen zu verleihen, kann man auch eine ganz eigene Stiftung -ohne den Namen Nobels einzubeziehen- in die Welt setzen.
Die Kontextualisierung mit Alfred Nobel dient lediglich als Statussymbol für die Sieger. Mehr als ein Tuning für den Lebenslauf ist dieser „Nobelpreis“ nicht. Es gibt also keinen Grund, ihn weiterhin zu verleihen.