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Gastbeitrag Medien

Keep it Liberal – eine Richtigstellung

Von Krissi I, Luca Tannek und Julian Marius Plutz.

Keepitliberal (KIL) ist ein Autorenblog, der sich, wie der Name unschwer erkennen lässt, mit Themen rund um den Liberalismus befasst. So sind die zehn Autoren “Genervt von schlechter Debattenkultur, Polemik und Populismus kam uns die Idee, eine Plattform für den Liberalismus abseits von Hottakes und Shitstorms zu schaffen”.

Dazu, frei nach Hans-Hermann Tiedje, folgende Richtigstellung:

Zwei Sätze mit drei Anglizismen sind eine reife Leistung. Ist das diese woke-linksliberale Jugendsprache, von denen alle sprechen? Wenn ja, dann nimmt das Interesse der Leser pro Lebensalter ab 40 exponentiell ab. Betrüblich.

Apropos Sprache: Eine Redakteurin steht für das Gendern, also die bewusste Vergewaltigung, oder „Raping“, wie man auf Keepitliberal sagen würde. Das ist ihr gutes Recht und ihre freie Entscheidung. Wer jedoch Freiheit mit Gleichgültigkeit verwechselt, also eine zu Tode akademisierte Holpersprachen von einigermaßen frustrierten Professorinnen vor Lesbarkeit, Ästhetik und sprachlicher Geschichte stellt, versteht es nicht. Liberalismus bedeutet eben nicht, dass man willfährig alle liebgewonnenen Vorstellungen über Board wirft, wenn gerade der Wind von Wokehausen kommt. Oder anders: Ein Liberalismus ohne Werte ist wie ein Bier ohne Kohlensäure. Kann man machen, ist aber abartig.

Ein anderer Beitrag befasst sich mit der Impfpflicht. Der Autor meint sinngemäß, es gäbe kein Problem mit dem Liberalismus, wenn man für die Impfpflicht “gegen” Covid 19 sei. Unter anderem wird Hayek zitiert, dass dies eben kein “Weg zur Knechtschaft” ist. Davon abgesehen, dass der Österreicher Keepitliberal nicht nicht einmal mit dem Gesäß betrachten würde, halte ich mich hier eher an Ludwig Mises, dem bei einer Sitzung der Mont Pelerin Society einmal die Hutschnur platze. Als Milton Friedman seine Vorstellung zum Thema der Geldmenge ausführte, sprang der inzwischen greise Mises wütend auf und verließ mit dem Satz “You are all a bunch of socialists” den Saal. Ich bin mir sicher, so würde der Vater der Praxeologie auch über die Impfpflicht denken.

Doch blicken wir ein wenig zurück. Sommers 2021. Traumschönes Wetter. Was stört? Richtig, schlechte Literatur von krawattigen Julis aus dem Hause KIL. Zum Beispiel ein Text über Hans-Georg Maaßen (HGM), der da heißt: „Die Schneise in der Brandmauer“. Man könnte meinen, der Autor habe von der SZ, taz oder Neues Deutschland abgeschrieben – ohne zu recherchieren, Letzteres stimmt in jedem Fall, ansonsten wäre Herr Gerczikow nicht zu solch kruden Kompositionen gekommen, HGM sei Antisemit. Begründung? Unwichtig, es genügt der Verdacht, um jemanden zu verurteilen. Doch worauf stützt der Verfasser seine These?

Es ging um folgendes: Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident saß bei Anne Will. Zu Gast war die charmante und am Boden gebliebene, sofern sie nicht gerade als Vielfliegerin vielfliegt, Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Diese behauptete, freilich ohne Beweise, HGM sei ein Antisemit. Ihre Begründung war fast so irre, wie ihre Daseinsberechtigung in Talkshows: Maaßen bediene sich rechten Chiffren wie die Neonaziwörter Kosmopolit oder Globalist.

Wenige Tage später nach der Annewill-Sendung saß HGM bei dem Publizisten und Herausgeber des Autorenblogs „Achgut“ Henryk M. Broder zum Gespräch. Broder war eben dieser Publizist, der mit dem Buch „Jedem das Seine“ Antisemitismus neu definierte. Ein Werk, das dem Keep it Liberal Autoren entgangen gewesen sein muss. Dafür unreflektiert und limitiert verarbeitet Herr Gerczikow sein überschaubares Schaffen, so dass es für den Leser eine mentale Leistung ist, den Schreiber nebst Text ernst zu nehmen.

Zum Thema „ernst nehmen“: Auch der Chef von KIL selbst, Leon Bergmann, lässt sich nicht lumpen und gibt sich auf Twitter die Ehre, seine maßgebliche Meinung zum Thema Corona zu äußern. So habe er die „Schnauze voll von pauschalen Lockdowns, Freiheitseinschränkungen, Kollektivstrafen und vielem mehr“. Nach drei Impfungen reiche „es dann auch irgend wann, mehr kann man sein Risiko nicht minimieren“. Im Anschluss des Tweets widmet er sich in seinem Thread „Leerdenker[n] und andere[n] Volldeppen“ , welche er „im Fall eine[r] Infektion nicht behandeln“ würde. „Keep it liberal“ eben. Freiheit, Freizeit…. Außer für Ungeimpfte. Schade. Doch Herr Bergmann kann sich trösten: Für solche Aussagen, früher ist man für weniger zurückgetreten, qualifiziert sich er sich für den Ethikrat seiner Wahl. Es braucht unbedingt einen männlichen Frau Buyx.

Und so ist der Liberalismus in Deutschland zwar im Arsch, aber immerhin sieht er dank KIL gut aus wie eine Beerdigung in Armani Anzügen. Hübsch anzusehende Autoren präsentieren auf einer Hochglanzseite die großen und kleinen Themen rund um die eigenen Belange, die sie Freiheit nennen. Dass sie dabei bei den Jungliberalen beginnen und exakt bei den Jungliberalen aufhören interessiert sie nicht. Ihr Tellerrand muss eine Wand sein. Nix mit „out of the box“. Keep it liberal! Bleibt gedankenlos, bleibt fad. Aber bleibt ruhig.

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