Kategorien
Kultur&Medien

Zwischen Staatsfunkliebe, Regen und Freundschaft – Meine erste FFF Demo

Von Julian Marius Plutz.

Ich lade dich zur Fridays-for-Future Demo in München ein!“, schallte es begeistert aus der Hörmuschel. Ich konnte die Euphorie, sagen wir, lediglich indirekt teilen. Weder bin ich ein Fan von Hüpfen für das Klima, noch von Demonstrationen überhaupt. Letzteres hat einen Grund: 2006, als ich mich noch als links definierte, man definiert sich ja heutzutage, kam ich in eine sogenannte Palästinenser-Demo. Was dieses Amalgam aus Sozialisten und Muslime für Parolen schwangen, war an Niedertracht und Judenfeindlichkeit kaum zu überbieten. Seit dem meide ich Demos. Es ist einfach nicht mein Fall, mit fremden Menschen zu marschieren, im Chor zu krakeelen und Fahnen zu schwingen.

Da ich jedoch bisweilen journalistisch arbeite und wenigstens zwei Medien an einer Berichterstattung interessiert waren und ich stolzer Besitzer des 9 Euro Tickets bin, sagte ich zu. „Sehr schön, da freue ich mich“, antwortete Luca Barakat, Sprecher von Fridays- for- Future. Also fuhr ich in einem maximal überfüllten RegionalExpress in die bayrische Landeshauptstadt. Warum schaffen es private Regionalbahnen, WLAN in ihre Züge zu installieren, nicht aber die Deutsche Bahn als Branchenprimus? Ein Rätsel, dass ich heute nicht mehr lösen würde.

Das Thema der Demo ist ein Klimastreik. Wird das Klima bestreikt? Oder eher für das Klima gestreikt? Wie kann man überhaupt streiken, wenn man gar keine Arbeit hat? Vielleicht kann mich ja die Homepage von FFF erhellen.

Irgendwie riecht es stark nach Sozialismus

„Gemeinsam mit Aktivist*innen aus der ganzen Welt ziehen wir die G7-Staatschef*innen zwei Tage vor ihrem Zusammentreffen zur Verantwortung: Sie müssen die am meisten betroffenen Länder des Globalen Südens für die Klimakatastrophe entschädigen! Deshalb treffen wir uns am 24. Juni um 17 Uhr am Odeonsplatz.“ Na dann kann nix mehr schief gehen.

Ich frage Luca, wofür, oder wogegen er streikt. Die Antwort kommt pistolenartig aus ihm heraus: Wir fordern konkret, dass Klimaschutz als eines der Hauptthemen beim G7 Gipfel in Garmisch-Partenkirchen werden soll.“ Ferner fordert er einen Schuldenschnitt für die Länder im „globalen Süden“, da gerade die G7 Staaten für die finanziellen Auswirkungen auf diese Staaten aufgrund des menschengemachten Klimawandels verantwortlich seien.

Klingt für mich irgendwie nach einem globalen Sozialismus, in dem Geld, das in Patenstein verdient wurde, nach Kinshasa transferiert wird. (Das ist die Hauptstadt von Kongo. Habe ich gegooglet. Ich möchte gar nicht den Anschein erwecken, ich hätte Ahnung von Geographie.) Aber was weiß ich schon. Wie man streiken kann, ohne dass man einer Arbeit nachgeht, konnte mir auch Luca nicht beantworten. Vielleicht wird mir ja ein Demonstrant Auskunft geben.

Der ÖRR ist in FFF verliebt

Am Odeonsplatz angekommen fängt es erst mal an zu regnen. Traumschön. Ich rede von einem richtigen Regen, so einer, bei dem man nach einer Minute aussieht, als käme man aus dem örtlichen Badesee. Die Laune sank insofern, da ich, übrigens wie Luca, keinen Schirm dabei hatte. Noch traumschöner.

In einer durchaus filmreifen Sprintaktion durch den Regen, um einen Schirm käuflich zu ergattern, standen wir schließlich vor einem Geschäft unter, indem ein Blazer von 8000 Euro auf 4000 Euro reduziert wurde. Schnäppchen. Doch auch die hatten keinen Schirm. Immerhin konnte ich Luca in der Zeit für die Artikel interviewen. Und als er dann bei dem Laden mit dem großen, roten „H“ und dem eben so großen und roten „M“ einen Umbrella erworben hatte, mussten wir, ebenso filmreif, zur Demo zurücksprinten, da die Zeit knapp wurde. Ich war keine Stunde in München, doch mir war bereits klar: Aktivismus ist mir viel zu anstrengend.

Pünktlich zu Beginn der Demo hörte dann der Regen auf. Luca gab gefühlt im Minutentakt Interviews. Studentenradio München, ZDF, Bayrischer Rundfunk, alle waren sie da. Es fehlte eigentlich nur noch Al-Jazeera, die Washington Post und CNN. Im Ernst: Ich gönne Freunden, selbst wenn sie wir uns politisch gar nicht – Achtung Wortwitz – grün sind, alles Liebe und viel Erfolg. Aber dass bei einer Demonstration, bei der, wenn es hochkommt, 400 Leute Teil nahmen, beide Sender des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, der BR war im Auftrag der ARD vor Ort, verwundert doch sehr.

Gewollte Geschichtsblindheit mancher Protagonisten

An diesem Freitag wurde mir dadurch eines noch deutlicher: Der ÖRR sendet nicht aufgrund der Nachfrage ihrer Zuschauer, sondern vor allem wegen den Journalisten gewogenen Narrativen. Und „für das Klima“ zu sein, ist einfach Zeitgeist. Es passt der ARD und dem ZDF einfach zu gut ins Konzept. Das Erzählmuster muss vergoldet werden und Tagesschau und Heute-Journal müssen dies im Volke verbreiten.

Später erzählte mir Luca wie begeistert vor allem der Herr vom ZDF von Fridays for Future war. Und er fragte allen Ernstes, ob er die Fragen vorher mit ihm durchgehen sollte. Journalistische Standards, so wichtig.

Nach einigen, teils verstörenden Vorträgen, aber auch nach einer bewegenden Rede einer Polin, die über den Krieg in der Ukraine berichtete, ging die eigentliche Demo endlich los. Und was soll ich sagen? So eine Demo ist verdammt langweilig. Irgendwelche Leute, so auch Luca, hatten Lautsprecher und verbreiteten wiederum irgendwelche Parolen, die die Masse dann auch nachsingen sollen. Und als ein durchaus ansehnlicher junger Mann von der „Sozialistischen Alternativen Vereinigung“ etwas von „Klassenkampf“ krakeelte, hatte ich dann doch langsam genug.

Wissen diese Menschen nicht, dass der Sozialismus, ob von rechts, oder von links, ein Konzept ist, das denknotwendig in die organisierte Menschenvernichtung führt? Haben diese Leute keinen Schimmer von Auschwitz, oder sowjetischen Gulags wie Solowezki? Diese gewollte Geschichtsblindheit werde ich nicht begreifen. Sie hat nur ein Ziel, da bin ich mir sicher: Die eigene Ideologie moralisch zu legitimieren.

Freunde über politische Lager hinweg

Am Rande der Demo hatte ich noch ein kurzes Gespräch mit zwei jungen Herren. Der eine, eingewickelt in einer Antifa-Fahne, erzählte mir etwas von einem System, das faschistisch sei und überwunden werden müsste. Der andere wiederum beendete fix das Gespräch, als er meinen Namen googlete und merkte, für welche Medien ich so schreibe. So schnell kann’s gehen.

Am Ende des Tages, das muss ich sagen, habe ich einiges gelernt. 20 Menschen können bei einer Demonstration einen LKW ziehen, indem die Band spielt, was zugegebenermaßen konsequent ist, wenn man schon gegen unnötige CO2 Emissionen ist. Gelernt habe ich auch, dass der ÖRR völlig verzückt ist, wenn Fridays for Future zu einer Veranstaltung aufruft und jegliche journalistische Sorgfalt über Bord wirft.

Am meisten jedoch wurde ich in etwas bestätigt, was ich eigentlich schon wusste, aber in diesen Zeiten bei weitem nicht selbstverständlich ist: Ich kann mit einem grünen Aktivisten befreundet sein, obwohl wir gänzlich anderer Meinung sind. Das ist mir sehr viel wert und das ist heute, 2022, nicht mehr normal, was beschämend ist für eine Gesellschaft, die sich eigentlich als eine freie Gesellschaft definiert.

Eine Antwort auf „Zwischen Staatsfunkliebe, Regen und Freundschaft – Meine erste FFF Demo“

Schreibe eine Antwort zu Zwischen Klimastreik, Freundschaft und 30 Sekunden Sendezeit – Lucas Antwort – Neomarius Antwort abbrechen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s