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Der Martin Sellner der Grünbürgerlichen

Wenn Richard David Precht für die Philosophie das ist, was André Rieu für die Klassik ist (laut Sloterdijk), was mag wohl Rezo für die Medienlandschaft sein? Die ungarische Mädchentraube für Sommeliers? Der Boxter für Porschefans? Der Klopfer vor dem Herren, Jörg Heinrich für Fußball-Feingeister? Oder doch die Apotheken-Umschau für Journalisten? Denken Sie mal darüber nach.
Ich weiß, was Sie jetzt denken, low hanging fruits und so, ja. Geschenkt, Sie haben ja recht. Es ist simpel, den schnuckeligen Youtuber zu widerlegen. Echte Journalisten wie der von mir sehr geschätzte Constantin van Lijnden tat das bereits in seinem Video. Das Ende vom Lied: Rezo ist nicht nur selektiv, er ist auch manipulativ und intellektuell unterkomplex.

Damit wäre zu ihm alles gesagt. Fast alles.

Denn mir ist da was aufgefallen, an den Rezo Fans. Wer feiert ihn denn? Wenn man mal die paar irren Journalisten vom Spiegel und dem sogenannten Öffentlichen Rundfunk abzieht, die alles gut finden, was gegen den bösen Springer Konzern ist, bleibt ein ganz bestimmtes Milieu übrig. Sie würden sich womöglich „linksliberal“ bezeichnen. Da jedoch der Begriff ein Oxymoron ist, schlage ich „grünbürgerlich“ vor, was wesentlich besser passt, spiegelt er doch die Einkommensverhältnisse, aber auch ihr Selbstverständnis, zur Mitte zu gehören, wider.

Sie pflegen ein postchristliches, geklärtes Weltbild

Sie hören gerne Podcasts wie „Die Lage der Nation“ oder „Stimmenfang“, sind natürlich Akademiker, verdienen also nicht schlecht. Daher wohnen sie wie selbstverständlich in den ehemaligen Scherbenvierteln, die heute zu den besten Gegenden gehören. Sie sind urban und dialektlos, sprechen dafür eine Abart an über- bis falschbetonten Hochdeutsch, was mir bereits in der Hochschule tierisch auf den Senkel ging und an die Musik von „Wir sind Helden“ erinnert. Der kleine Sören wird auch erst mal mit der „sanften“, also wirkungslosen Medizin behandelt, wenn er krank ist. Der ÖPNV ist gut, die SUVs sind böse. Geflogen wird nicht, außer es muss sein. Dann aber mit einem ordentlich schlechten Gewissen,  in der Hoffnung, der Klimagott berücksichtigt die Buße, wenn der Gevatter Tod einmal vor der Türe steht.

Aus einem mir rätselhaften Grund haben sie ein schizophrenes Verhältnis zu den USA. Serien oder Late Night Shows werden, natürlich in der Orginalsprache, aus den Staaten geschaut, bis der Doktor kommt. Man ist auch sehr informiert und liest und hört die linken US-Medien. Aber so richtig für voll nehmen sie den Ami nicht. Denn die haben nicht nur Trump, sondern auch keine Ahnung, dass Hannover die Hauptstadt von Niedersachsen ist.

Jan Böhmermann ist lustig, „Neues aus der Anstalt“ macht intellektuellen Humor. Henryk Broder ist einer, der mal ganz ulkig war, aber heute ein greiser Rechtsextremist ist. Und Greta ist einfach toll.

Sie pflegen ein minutiös geklärtes, postchristliches Weltbild, das genau zwei Pole kennt. Gut und Böse.

Wenn Journalisten zu Aktivisten werden

Nun, Sie haben wieder Recht. Nicht alles im Holzschnitt, ist auch korrekt. Was aber stimmt ist, dass die Grünbürgerlichen ein ähnliches Konsumverhältnis teilen, was Medien angeht. Die etablierten Häuser werden kritisch beäugt, vorausgesetzt sie sind nicht links oder GEZ finanziert. So drückt man bei der Süddeutschen schon mal ein paar Augen zu und es wird verziehen, wenn das moralinverbrämte Heribert Grantl-Prantl mal wieder ein Interview erfindet. Und auch dem Spiegel sei vergeben, das Blatt, das Relotius erst möglich machte,  haben sie doch die viel und auch von Rezo zitierte Dokumentation. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dagegen wird hingegen hinter jedem Fehler Bösartigkeit unterstellt. Von der WELT brauche ich gar nicht reden, denn die ist ja in Springer kontaminiert.

Diesen Journalismus von Gut und Böse befeuern Tendenzbetriebe wie Übermedien. Sie verdienen damit ihr Geld, wogegen gar nichts einzuwenden wäre, würden sie sich allen Medien gleichermaßen widmen und nicht nur vornehmlich denen, denen sie nicht gewogen sind.

Eine ganz besondere und lebenlange Liaison unterhalten die Grünbürgerlichen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Denn ihrer Meinung nach ist dieser  marktwirtschaftlich befreit und politisch unverdächtig. Sie gehören zu den Guten. Die ganz Guten hören auf die Namen Georg Restle, Anja Reschke oder Dunya Halali, ihnen wird geglaubt. Nicht, weil sie einen so guten Journalismus betreiben, investigativ ist zum Beispiel keiner von denen, sondern weil sie den richtigen Journalismus machen. So zeigen sie „Haltung“ und kämpfen mit Herzblut für eine bessere Zukunft.  In dem Moment, in denen Redakteure und Moderatoren den deskriptiven Raum verlassen und die Welt normativ betrachten, in dem Moment verlassen sie den Journalisten und werden zu Aktivisten.

„Lügenpresse“ von der anderen Seite

Und da sind so bockbeinige Medien wie die WELT oder auch achgut.com den Grünbürgerlichen ein Dorn im Auge. Ich weiß nicht, wie oft ich gehört habe, dass die Achse „rechts“ sein soll, in aller Regel von Leuten, die den Webblog gar nicht lesen.

Die Denkfäule der Grünbürgerlichen beginnt spätestens an dem Punkt zu miefen, wenn es um Themen geht, von denen sie nichts wissen, aber unbedingt eine Meinung haben müssen. So ist der Kapitalismus vom Teufel, der Sozialismus zumindest eine interessante Idee. Wenn man dann fragt, können sie weder das eine, noch das andere definieren. Die Faustregel, nur über Dinge zu reden, wovon man etwas weiß,  ist für den Grünbürgerlichen keine Option. Die Haltung muss stimmen, wozu dann noch sich um die Details kümmern? Daher können sie auch mit Jungle.World oder den salonkolumnisten nichts anfangen, weil die irgendwie gar nicht kategorisiert werden können. Das gilt zwar auch für achgut.com, aber egal. Die sind bereits rechts gelabelt.

Ich war überhaupt nicht einverstanden, als Pegidas „Lügenpresse“ krakeelten. Bei aller Kritik ist der Begriff in seiner Allgemeinheit unfair. Und ich bin überhaupt nicht einverstanden, was Rezo in seinem Video „Die Zerstörung der Medien“ machte. Hochwertige Zeitungen mit einem Netz an Korrespondenten mal eben in den Schredder zu werfen, weil sie über seine Friseur nicht so geschrieben haben, wie es ihm gepasst hat. Rezo ist nicht weniger auf dem „Lügenpresse“ Trip, nur impliziter und geschickter, als die Rechten. Besser macht ihn das noch lange nicht.

Rezo ist für die Grünbürgerlichen das, was Martin Sellner für die Identitäre Bewegung ist. Posterboy, Dorfschreier, „Der, der den Finger in die Wunde legt“. Damit manifestiert sich der intellektuelle Ausverkauf eines Milleus, das von sich behauptet,  die Krone der deutschen Schöpfung zu sein, also moralisch persilrein.

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Wann schlachten wir endlich die heilige Kuh Christian Lindner?

Es ist leicht, Christian Lindner unsympathisch zu finden. Das Auftreten adrett inszeniert, der Anzug perfekt gegossen und die Statements von einer penetranten Selbstkontrolle, dass ich an die Hubots denken muss. Human Bots, die in einer schwedischen Serie maschinell und halbmenschlich den Haushalt schmeißen, bis sie dann irgendwann zum Problem werden. Wie Christian Lindner zum Problem geworden ist.

Gut, ein anderer würden sein Auftreten als professionell beschreiben. Und für sein Aussehen kann er nix. Ad hominem hin oder her, er verkörpert die Art Politiker, die ich nicht mehr sehen mag. Ja. Jedes Wort ausgeklügelt und im Politikerhirn abgewogen, längst auf Widerwort und Wider-Widerwort abgeklopft und zurecht geschliffen. Keiner Randgruppe auf die Füße getreten? Die weibliche Form genannt? Nicht zu konkret geworden? Schafft es der Satz in die BILD? Oder reicht es nur für die Wuppertaler Allgemeine?

Ab ins nonverbale Geschäft mit CL!

Politische Korrektheit kann auch zum Vorwand für Bequemlichkeit werden. Stets anzuecken, weil die sprachliche Inquisition ob des falschen Wortes an die Randgruppe droht, kann anstrengend sein. Mir hat letztens jemand gesagt, „Homo“ sei despektierlich. „Ach was!“, dachte ich, „das ist mir ja neu“. Ob er seinen Namen mit dem von ihm gewählten Pronomen tanzen, oder ihn in den Schnee pinkeln kann, konnten wir nicht klären. Also ja, ich verstehe bei Politikern, dass sie mehr als ich auf die Sprache achten müssen. Aber wenn am Ende ein seelenloser Sätzehaufen übrig bleibt, ohne Charakter, ohne Aussage und ohne Haltung, dann sollte derjenige, dann darf Christian Lindner ins nonverbale Geschäft wechseln. Oder Pressesprecher von Helge Braun werden.

Was bei ihm erschwerend hinzukommt: Er ist so sehr Politiker, dass er es nicht mal mehr merkt. Fast jeden sprachlichen Krampf macht der Wuppertaler mit. Das „Wir“ zum Beispiel. „Wir müssen“, „Wir wollen“. In der Regierungszeit kommt dann noch ein „wir werden“ hinzu. Waren Sie schon mal im Krankenhaus und die Pflegekraft kommt ins Zimmer mit dem Satz, wie es „uns“ denn heute geht? „Für den Satz auf’s Maul!“ zuckt mein Es für eine Millisekunde, bevor meine Moralvorstellung Es einfängt. Ich weiß nicht, welcher Politiker mit dieser Kindersprache anfing, aber er muss ein wahnsinns geiler Hecht gewesen sein, dass ihm fast jeder Kollege bis heute folgt.

Die Union des Nichts ist keine Alternative

Jetzt liegt die FDP laut einer Umfrage bei 4%. Vier Prozent. Das ist gefühlt so viel, wie das honorige Monopol Magazin Abonnenten hat. Sie kennen das Monopol Magazin nicht? So geht es bald der FDP, wenn CL („CL“? Ist der Christian Fußballstar, oder was!?) weiter an der Macht bleibt. Daher erinnere ich als FDP Mitglied an den Titel dieses Textes: „Wann schlachten wir endlich die heilige Kuh Christian Lindner?“ Wenn sich die 4% in den Umfragen stabilisiert haben, oder erst dann, wenn sie sich zum Wahltag in bittere Realität verwandelt hat?

Die Performance der Lindner FDP ist wirklich erstaunlich. Erstaunlich schlecht, wenn man sich die politischen Konkurrenten ansieht. Die Union ist inhaltlich in Mitten von Nichts, von Merkel und Konsortien ausgehöhlt wie Ameisen einen Baumstamm. Die Partei ist froh, wenn das nächste Angela-Abziehbild den Kanzler stellt. Ich bin mir sicher, wenn der genannte Baumstamm sich zur Wahl stellte, er würde die Abstimmung auch gewinnen. Noch nie wie in den Merkel Jahren ist der Begriff Kanzkerwahlverein so wahr.

Von der SPD brauche ich eigentlich gar nicht reden. Das Führungsduo wurde gewählt, um aus der GroKo auszutreten, um nach einem halben Jahr noch in der Koalition zu sein. Wow, so schafft man Vertrauen. Ferner haben Nowabo und Esken nichts originelleres zu tun, als die Partei zu einer dritten Linkspartei zu machen. Doch im Zweifel wählt das Grünbürgertum eben nicht die Sozialdemokraten, sondern das Original, Die Grünen. Und für die, die es vulgärer haben wollen, gibt es die Ex-SED. Wozu dann die SPD? Gerd Schröder gewann die Wahl auch nicht mit der Kampagne „Die neue Linke“, sondern „Die neue Mitte“. Lang ist’s her.

Lindner fehlt es am rhetorischen Schneid

Die Zeit ist ideal für eine freiheitliche Partei, in der die Etatisten und Kollektivisten am Ruder sind und alle Probleme mit dem Geld anderer zu lösen glauben. Aber was macht die LindnerFDP? Kritisiert eine Mehrwertsteuersenkung, für die sie eben noch war. So geht Politikverdrossenheit.

Wo ich bei der AfD als Konkurrenz zur FDP angekommen bin. Ist sie wirklich eine Alternative zu den Liberalen? Aus vielen Gründen nein. Was Lindner an rhetorischem Schneid fehlt, die geistigen Mauern der politischen Korrektheit einzureißen, lassen vielen AfD Politikern an innere Hygiene vermissen. Stattdessen etablieren sich Provokation und Anstandslosigkeit zum politischen Geschäftsmodell. Das ist der eigentliche Sündenfall der AfD. Und auch wenn es vernünftige Leute in der Partei gibt, so müssen sie sich die Frage stellen, warum sie mit eben den anstandslosen Provokateuren gemeinsame Sache machen. Sie sind noch schlimmer als die Extremen, denn eigentlich könnten sie es anders.

Zum Beispiel in die FDP wechseln. Doch ich verstehe gut, dass die Lindnerpartei abstoßend wirken kann. Für mich tut sie es zunehmend. Lindner hat fertig, er ist durch mit der Partei. Er kann nicht nur weg, er muss weg, bevor es zu spät ist.

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„Nie wieder Opfer“ – Über das Entsetzliche von Gewalt

Was waren wir stolz, denn es war unser erster Live Auftritt vor Publikum. Am Bass stand der Fabi, der zwar nicht Bass spielen konnte, aber sich redlich mühte und vom Stef, der gar nicht so untalentiert die Gitarre bediente und sang, den grobschlächtigen Fabi in das Saiteninstrument eingelernt wurde. Und ich, Hobo, an den Drums. Ja. Hobo war mein Spitzname, in einer Zeit, in der der Nickname von Counter-Strike noch eine Bedeutung im echten Leben hatte.

Und so spielten wir „Californication“ von den roten und scharfen Chilischoten und „Holiday“ von Greenday. Wir hatten sogar eine echt schreckliche Punkversion von „Yesterday“. Ja. Aber auch eigene Songs („Sangs“ ausgesprochen) wie „Wer machts Bier?“ (Wehrmachtsbier), den wir im rotzigen Streetpunk im Stile Anal Cunt den verdutzten Zuschauerohren kredenzten. Ein Titel, der heute in Zeiten der austherapierten Neurotiker der politischen Korrektheit undenkbar ist. Damals interessierte sich unser eher alternativer Bekanntenkreis gar nicht dafür. Ich erinnere mich an eine einzige Frage eines Bekannten, der nach einer Probe lächelnd bemerkte, ob er bei dem einen Lied das mit der Wehrmacht richtig verstanden hätte. Wir waren unpolitisch und gaben einen Scheiß auf das, was andere dachten.

Ich möchte keine „Früher war alles besser“-Debatte lostreten, war es sicher nicht, aber vor 15 Jahren gab es kaum Social Justice Warrior, die in Funk, Print, Web, Politik, Kultur und an der Uni das Ruder in der Hand hatten.

Nach dem Auftritt fuhr ich zu einer ganz anderen Feier. Stolz wie Bolle, von dem eben verdienten Geld ging es mit dem Taxi (Der Bühnenstar lässt fahren!) zu einer Art Klassentreffen von Mitschülern meiner ehemaligen Schule. Meine Vic Firth Drumsticks noch in der Hosentasche, kam ich gut gelaunt in der Kneipe an. Es war warm an dem Abend. Sommerwarm, fast traumschön. Es muss weit nach Mitternacht gewesen sein, als ich mit einem Bekannten aus der Bar raus bin, die Krokodil hieß. Uns entgegen kam ein Typ, den ich versehentlich anrempelte. Lachend und kumpelhaft entschuldigte ich mich bei ihm, indem ich seine Schulter klopfte und „Sorry“ sagte. War ja keine Absicht.

Der Rest ist beschissene Geschichte. Der Typ mit dem sympathischen Ostblockakzent riss meine Hand weg mit den Worten „Schwuchtel“. Ich lag dann am Boden, und vier oder fünf Personen traten auf mich ein. Einfach so. Ein Mädchen oder eine Frau war dabei, die mit ihren hohen Schuhen besonders eifrig am Werk war. „Schwuchtel“ gehörte auch zu ihrer präferierten Vokabel. Irgendein Typ zog mich aus der Menge, meine Brille war jedoch verschollen. Das Ende vom Lied war, dass ich erstaunlich wenig verletzt war. Bis auf eine Platzwunde am Auge und ein oder zwei geprellte Rippen erinnerten mich lediglich blaue Flecken in den nächsten Tagen an diesen zauberhaften Abend. Spaßfakt am Rande der Physik: So richtig überzeugt war ich damals nicht, schwul oder bisexuell zu sein. Und gelebt habe ich es eh noch lange nicht.

Aber das war den Herren und der Dame nicht wichtig.

Seit dem Tag, oder eher Tagen und Wochen danach schwor ich mir eines. „Nie wieder Opfer“ zu sein. Nie wieder der, der da unten liegt und hofft, dass es endlich vorbei ist. Die Erniedrigung, die Gewaltopfer erfahren, das Entsetzliche, lässt dich verändern. Denn ich war im Wortsinn entsetzt, dass Menschen anderen Menschen so etwas antun. Einfach so. Ich konnte es nicht glauben. Ich kann sagen, dass ich seitdem nicht mehr Opfer war, anders auftrat, gerade was den Umgang anging mit Testosteronbolzen nach dem 3. Bier.

Am 25. Mai wurde Floyd George ermordet. Ich möchte das meine nicht mit dem Schicksal des Schwarzen vergleichen, um Gottes Willen. In meinem Leben gehörten Diskriminierungserfahrungen zur Ausname, und ich hatte – außer der Tat – nie wirklich Angst um mein Leben. Ich hatte auch vermutlich keine Nachteile im Beruf. All das oder Teile davon waren bei Floyd anders. Ich kenne seine Geschichte nicht und sie ist auch nicht relevant, weil er längst zum Symbol geworden ist. Ich habe kaum Einblick in die Verhältnisse in den USA, aber ich sehe dieses entsetzliche Video. Der Unterschied scheint mir zu sein, dass die schwarze Gesellschaft gar nicht so entsetzt war, wie ich vor 15 Jahren. Weil es dort vorkommt. Oft und immer wieder. Zu oft.

Und so bleibt mir nichts anderes übrig, als mich mit dem friedlichen Protest zu solidarisieren. Regelmäßig unterschätze ich Symbole, doch sie sind manchmal das einzige, was man tun kann. Es ist oft das, was zählt, weil man ansonsten gar nix macht. Ich habe aus guten Gründen, wie ich finde, eine Abneigung gegenüber Demonstrationen. Aber vielleicht sollte ich mal wieder zu einer hin.

Ich schrieb eben von der Solidarität der friedlichen Proteste. Ja. Es ist natürlich nicht hinnehmbar, dass manch ein Protestler in den USA Gewalt anwendet. Gewalt als Mittel des Protestes ist falsch und schmälert das Anliegen der vielen Friedlichen enorm. Und es schafft neue Entsetzlichkeiten. Sie deligitimieren den Protest damit nicht, das behaupten Rechte oder wollen Rechte erreichen, aber das Geschmäckle bleibt. Bei allem Verdruss ist es tragisch, dass der enorm beteiligte Protest immer wieder durch Gewalttäter ein Stück weit demoralisiert wird. Aus dem Grund ist Martin Luther King so unfassbar integer und wertvoll und bedeutender als Malcolm X, der sich nie von Gewalt lossagte.

Am End‘ waren meine Vic Firth Sticks nicht mehr auffindbar. Meine Brille jedoch hatte ich am nächsten Tag am Ort des Geschehens wieder gefunden. Ob Schwarze, Juden, Homosexuelle oder wer auch immer Gewalt und Diskriminierung, in welcher Form auch immer, ertragen musste, teilt das eine Motto, da bin ich sicher: Nie wieder Opfer sein zu wollen.

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Zwischen Corona, Heuschnupfen und Gaga-Unterricht – Aus dem Coronaalltag eines Schülers

Nach der Krise ist vor der Krise – ein Sprichwort, das man in der Wirtschaft nur zu gut kennt: Als 2008 die Lehman-Bank Insolvenz ankündigte, trat die bis dato und nach 45 größten Wirtschaftskrisen los. Doch nachdem sich die Ökonomie erholt hatte, kam eine Dekade später wieder ein Abschwung – losgelöst durch eine Pandemie. „Nach der Krise ist vor der Krise“;  der Spruch passt besser denn je. Aber nicht nur der Wirtschaft droht eine Krise dank eines Virus, das mal eben die Weltherrschaft an sich reißen möchte, sondern auch Schüler wie ich einer bin. Lesen Sie nun von Home-Schooling, Lagerkollern und vom fatalsten Fehler in Zeiten von Corona – dem Heuschnupfen.

Vor zwei Wochen war mein erster Tag in der Schule. Ganze zwei Monate davor genossen wir „Corona-Ferien“. Es hatte ein bisschen was von Sommerferien gehabt, nur ohne Sommer und ohne Ferien. Nirgendwo hin fliegen und Urlaub machen, kein „Abhängen“ mit Kumpels, nicht mal ins Restaurant konnte man gehen. Dazu eine Brise Aprilwetter; mal sonnig und warm, und dann gleich wieder nass und kalt. Obwohl diese Corona-Ferien (nennen wir sie so mal) natürlich echten Ferien nicht gleich kommen, waren sie eigentlich schon ziemlich geil.

Kann sein, dass ich da einer der wenigen bin, aber ich habe es in vollen Zügen genossen. Jeden Tag ausschlafen, keine festen Zeiten, wann man wo wie zu sein hat. Wer weiß? Vielleicht war es die einzige Gelegenheit im gesamten Leben dem alltäglichen Stress einmal vollständig zu entkommen. Ich hatte endlich die Zeit für Sachen, die ich sonst nicht machen konnte und immer machen wollte. Beispielsweise besitze ich bei Steam eine Sammlung an Spielen, die ich in den Corona-Ferien nach langer Zeit wieder einmal abgestaubt habe. Endlich hatte ich wieder Zeit gehabt mal alte Klassiker zu zocken, für die ich normalerweise wenig Zeit finde.

Wenn Mebis nicht kollabiert ist, dann das heimische W-LAN

Auch bei Netflix habe ich die ein oder andere Serie geschaut; Ich nutze schon gelegentlich den Streaminigdienst, nur komme ich (kann sein, dass ich hier ebenfalls zur Minderheit zähle) im Alltag nicht allzu häufig in den Genuss mich hier mal umzuschauen. Auch die Mediathek bei ZDF habe ich gemeinsam mit meiner Familie einmal rauf und runter geschaut (notgedrungen natürlich, denn die Filme, die ich mag, mag meine Familie nicht so sonderlich und umgedreht). Obwohl die Öffentlich-Rechtlichen in vielerlei Hinsicht völlig zurecht in der Kritik stehen, muss ich diese hier jetzt mal in Schutz nehmen: Auch wenn ich mit 17 Jahren nicht sonderlich am Programm vom ZDF interessiert bin (das Programm spricht eher ältere Menschen an, für Jugendliche ist hier wenig dabei), muss ich zugeben, dass wir einige wahre Perlen entdeckt haben, wie „Natürlich seid ihr eingeladen“ oder „Merz gegen Merz“ (mein persönlicher Geheimtipp).

In dieser Zeit hatten wir zwar keine Schule im Real life, aber Arbeitsaufträge, die dann von den Schülern selbstständig zu hause zu bearbeiten sind, gab es trotzdem. Es war leider häufig schwierig die Arbeitsaufträge zu bearbeiten. Die Lehrer stellen alle Arbeitsaufträge samt Lösungen und so weiter auf mebis, einer Plattform im Internet, das vom bayerischen Kultusministerium betrieben wird. Lehrer können hier schulische Sachen einstellen, die die Schüler dann von allen möglichen Endgeräten einsehen können. Das Problem war aber, dass ALLE Schüler in ganz Bayern nun zu hause bleiben mussten, und fast alle Schulen mebis nutzen. Und das führte zu andauernden Überlastungen und Systemabstürze. Und dazu kommt on top, dass ich in einem Haushalt mit fünf Personen lebe, die alle im Homeoffice sind, und ebenfalls wie ich das Internet nutzen, insbesondere in Corona-Zeiten. Da macht ein normales WLAN-Gerät schnell mal schlapp.

Und als wäre das schon nicht schlimm genug, kommt dann auch noch diese enorme Variation an Programmen dazu. Jeder Lehrer macht das ein wenig anders, die meisten stellen ihre Arbeitsaufträge bei mebis rein, die anderen schicken es aufgrund der immer wiederkehrenden Probleme und Systemabstürze per E-Mail, der andere stellt die Aufgaben auf der Schulhomepage ein etc. Für Online-Unterricht/Online-Konferenzen wird Microsoft Teams genutzt, einige wenige nutzen aber auch Zoom oder andere Dienste. Wer behält denn da noch den Durchblick?! Man musste sich also immer den Kram auf zig verschieden Webseiten und Programmen zusammensuchen, Word-, Excel- und PDF-Dateien herunterladen – bis zum geht nicht mehr.  Home-Schooling war also alles andere als angenehm.

Und plötzlich war wieder Schule

Vor den Osterferien, als sich alle noch an die neue Situation gewöhnen mussten, gab es praktisch gar keine Arbeitsaufträge. Da war das alles also noch überschaubar. Nach den Ferien aber gings dann so richtig los, insbesondere für meinen Jahrgang, da ich in der Oberstufe bin und wir im Unterricht uns aufs Abitur vorbereiten. Klar, es ist wichtig, dass die Lehrer jetzt aufs Gaspedal drücken, mit Blick aufs Abi, denn den Stoff, den wir jetzt verpasst hatten, mussten wir schleunigst wieder nachholen. Blöd war nur, dass es alles zu viel war und man bei all den Arbeitsaufträgen, Programmen, Terminen für Video-Konferenzen etc. komplett durcheinander gekommen ist. Es war kaum möglich, alle Anforderungen in dieser Zeit adäquat gerecht zu werden.

Dann meldete sich nach achtwöchiger Funkstille die Schule mal wieder, und kündigte den Schulbeginn an. Die Nachricht schmiss mich erstmal vom Hocker, denn ich hatte mich eigentlich in dieses Stay@home eingelebt. Allerdings habe ich mich schon auch ein klein wenig gefreut wieder in die Schule gehen zu dürfen, da ich nun endlich meine Freunde wiedersehen konnte, einer der wenigen Dinge, die ich den Corona-Ferien wirklich schmerzlich vermisst hatte. Die Freude hielt an, bis zu dem Punkt, an dem die Sicherheitsmaßnahmen bekannt wurden: Ich meine, klar, ist ja nur gut gemeint, und einen Sinn haben die bestimmt auch, nur sind sie sehr aufwendig und dauernd vergesse ich so Sachen wie vor Betreten des Schulgebäudes die Maske aufzusetzen oder dass nur eine Person auf die Toilette gleichzeitig gehen darf. Und außerdem: Erklären Sie mal einem Grundschüler oder einem pubertierenden Teenager, dass er zu jeder Zeit einen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern zu allen Personen um sich herum einhalten muss.

„Sorry, dass ich niesen muss!“

Der neue Unterrichtsplan, den die Schule mir schickte, sah wie folgt aus: Während die eine Hälfte der Schüler eines Kurses zu hause blieb, war die andere in der Schule, in der nächsten Woche war es dann genau anders herum. Und so geht das jetzt immer im Wechsel bis zu den Sommerferien. Am „ersten“ Schultag nach langer Zeit wieder zur Schule. Während des Unterrichts hatten wir relativ häufig aufgrund des warmen Wetters die Fenster offen. Da ich allergisch auf Gräser-Pollen reagiere und zum Zeitpunkt des Schulstarts jede Menge von denen ‚rumflogen, musste ich natürlich nießen – in Zeiten von Corona ein fataler Fehler. Schnell stellte man mir die Frage, ob ich auch wirklich gesund sei. Ich behauptete zwar, dass ich „nur“ Heuschnupfen habe, trotzdem haben einige anschließend einen großen Bogen um mich gemacht. Jeder saß an seinem eigenen Tisch, nach jeder Stunde sich die Hände waschen und Desinfektionsmittel nehmen ohne Ende; dass meine Hand noch dran ist und nicht schon weggeätzt ist, grenzt schon irgendwie an ein Wunder.

Die Kantine hat zu, kein Sportunterricht, keine Nebenfächer, kein Aufenthalt an der Schule während der Pausen, nichts. Die Bibliothek bleibt ebenso geschlossen, wie der Aufenthaltsraum für die Oberstufe. Vorspielen oder Singen in Musik findet zwar weiterhin statt, ABER: Man darf nicht in die Richtung des Publikums singen, Instrumente müssen akribisch gereinigt werden und ein Sicherheitsabstand von 5 Metern zum Publikum muss ebenso gewährleistet werden, wie das Reinigen der Hände nach dem Vorspielen. Zum Glück sind die Lehrer relativ entspannt. Einige wenige Lehrer, die an ihrem Fach sehr interessiert sind, versuchten einen „Semi-Online-Unterricht“ einzurichten.

Während die eine Hälfte der Klasse analog im Klassenzimmer saß, nahm die andere Hälfte, die zuhause waren, einfach via Microsoft Team am echten Unterricht teil. Auf diese Weise kam es sogar dazu, dass wir im Religionsunterricht Referate gehalten haben, die teils online, teils im echten Leben stattgefunden haben, und von allen Schülern mitverfolgt werden konnte, unabhängig ob sie in der Schule oder zuhause waren. Leider waren es wie gesagt nur sehr wenige Lehrer, die meisten haben einfach weiter Arbeitsaufträge aufgegeben, die dann selbstständig zu erledigen sind. Wir Schüler aus der elften Klasse aber haben wenigstens alle zwei Wochen noch Unterricht und damit einen Tagesablauf, der einigermaßen geregelt ist. Meine Schwester (siebte Klasse) hat bis zu den Sommerferien nur noch einmal Unterricht (!), nämlich am letzten Schultag bei der Zeugnisvergabe

Ich bin mal gespannt, wie das nun weitergeht. Wir müssen noch einiges nachholen, was den Schulstoff angeht. Da wir nun auch keine Klausuren mehr dieses Halbjahr schreiben dürfen, bleibt Schülern wie mir, die im ersten Halbjahr nicht allzu gut abgeschnitten haben, ein Halbjahr weniger, das sie zur Verbesserung ihres Abitur-Schnitts nutzen können. Auch wenn ich die Corona-Ferien eigentlich sehr genossen habe, so hoffe ich sehr, dass sich so etwas nicht mit Blick aufs Abitur nicht wiederholt. Ich hatte zwar nur zwei Monate „frei“, aber das hat ausgereicht, dass viele Wissenslücken entstanden sind. Und daa bin ich nicht der einzige. Deshalb muss der fehlende Stoff dringend nachgeholt werden, denn sonst kann das einem später im Abitur auf die Füße fallen. Nicht, dass es kurz vorm Abi heißt: Nach der Krise ist vor der Krise.

Maxi Sondermann ist 17 Jahre alt und wohnt in München. Dort geht dort auf ein Gymnasium in die elfte Klasse. Er interessiert sich für viele verschiedene Themen, darunter Politik, Flugzeuge und Reisen.

 

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Sandra Navidi und Trumps Völkermord – Ein kleiner Briefwechsel

Ich finde es immer wieder faszinierend, was in Deutschland so alles unkommentiert geht, wenn es nur der richtige sagt. So ist es lange keine Empörung mehr, wenn reihenweise Politiker und hochrangige Richter behaupten, die DDR sei kein Unrechtsstaat. Und gegen „die Putins, Trumps und Erdogans“ dieser Welt ist auch kein Hitlervergleich zu schade, obwohl zumindest eines der drei Länder, allen Behauptungen linker Intellektuelle zum Trotz, zwar als defizitär gilt, was die Demokratie angeht, aber immerhin eine sind. Im Gegensatz zu Russland und der Türkei.

Gegen die USA und gegen Trump ist kein Bild zu schief und kein Mittel zu scharf. So sieht das auch Sandra Navidi. Die kennt zwar keine Sau, außer man schaut ntv (also keine Sau), dafür bekommt sie reichlich Sendezeit bei Markus Lanz. Warum, weiß ich nicht, vielleicht hat sie etwas gegen den Südtiroler in der Hand, wie auch immer, hat sie doch einiges zu sagen. Zum Beispiel das:

Es mehren sich die Stimmen, die Donald Trump des Völkermords beschuldigen, schon alleine im Hinblick auf die Coronakrise

Das fand‘ ich dann nicht so lustig und schrieb der Dame eine Mail, die sie auch prompt beantwortete. Doch lesen Sie selbst:

Guten Morgen Frau Frau Navidi,


ich hoffe, Sie sind wohl auf.


Ich hab da einige Fragen zu Ihrer Aussage bei Markus Lanz, die da lautete: „Es mehren sich die Stimmen, die Donald Trump des Völkermords beschuldigen, schon alleine im Hinblick auf die Coronakrise“


1. Um welche Stimmen handelt es sich, die Trump des Völkermords bezichtigen? Wenn diese sich „mehren“ würden, müsste es zumindest vier oder fünf Statements diesbezüglich geben. Ich habe keines gefunden, vielleicht können Sie mir weiterhelfen.


2. Sie sagen bei Lanz: (…)schon alleine im Hinblick auf die Coronakrise würde Trump von mehreren Stimmen des Völkermordes bezichtigt. „Schon alleine“ heißt, die mehreren Stimmen, die Sie mir in Punkt 1 genannt haben werden, haben ihn wohl auch wegen anderen Dingen des Völkermords“, als wegen Corona bezichtigt. Welche Vergehen sind das?


3. Sie als Juristin wissen sicherlich um die Definition des völkerrechtlichen Begriff des Völkermordes. Trotzdem meinen Frage: Wie definieren Sie „Völkermord“ und inwieweit passt das auf Trumps Politik?


4. Wenn also es mehrere Stimmen gibt, die Trump nicht nur, aber auch des Völkermords bezeichnen, also das systematische Ausrotten einer ethnischen oder religiösen Gruppe, inwieweit trifft das auf Corona zu? Welche Gruppe rottet Trump aus? Oder vereinfacht gesagt: Inwieweit ist Trump am Corona Virus schuld?


Um eine rasche Antwort bin ich Ihnen sehr verbunden. Ich bin zwar nicht die BILD, die twitternde Virologen lediglich eine Stunde geben, aber bis heute um 17 Uhr wäre eine Antwort dennoch fabelhaft.


Beste Grüße aus dem schönen Nürnberg
Julian Marius Plutz – Neomarius.blog

Lieber Herr Plutz,

Danke für Ihre Anfrage. Leider haben Sie sich nicht vorgestellt. Auch der Hintergrund Ihres Anliegen, der Grund für eine zweistündige Frist und der Bezug auf die BILD bleiben unklar. Sicherlich werden Sie verstehen, dass ich allein aus zeitlichen Gründen nicht alle Anfragen beantworten kann. Daher nur kurz:

Wenn Sie googeln, stoßen Sie auf zahlreiche Artikel, u.a.

https://www.nationalreview.com/news/im-being-serious-here-yale-prof-denounces-trumps-handling-of-coronavirus-as-awfully-close-to-genocide/

https://www.huffpost.com/entry/epidemiologist-coronavirus-genocide-by-default_n_5eb2a5ebc5b63e6bd96f5d81

https://www.independent.co.uk/voices/trump-coronavirus-response-international-human-rights-law-us-cases-a9459731.html

http://opiniojuris.org/2020/05/15/trumps-coronavirus-response-genocide-by-default/

https://www.ft.com/content/97dc7de6-940b-11ea-abcd-371e24b679ed

https://www.galvnews.com/opinion/letters_to_editor/article_8f42f4e9-c360-53d5-815f-0179a7fc2545.html

https://www.rawstory.com/2018/06/precursor-genocide-language-expert-explores-dark-history-trumps-dehumanizing-immigration-rants/#.Wylv7PIPqpU.twitter

Im Hinblick auf Bevölkerungsgruppen trifft COVID19 Minderheiten und ärmere Bevölkerungsschichten deutlich häufiger als andere. Aufgrund ihrer schlechteren Gesundheitsversorgung versterben diese Menschen auch häufiger.

Im Hinblick auf Ihre anderen Fragen, verweise ich auch meine Interviews aus der jüngeren Vergangenheit.

Mit freundlichen Grüßen,

Sandra Navidi

Hallo Frau Navidi,


bitte verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Julian Marius Plutz ist mein Name und ich bin Blogger und schreibe für mich – Neomarius.blog so wie,- wenn sie mich lassen, gelegentlich für andere. Die Frist, immerhin fast acht Stunden hat vor allem praktische Gründe. Man will ja fertig werden mit der Geschichte. Daher herzlichen Dank für die Antwort.


Sie schreiben, dass COVID-19 in den USA vor allem ärmere Menschen treffen. Das mag stimmen. Dennoch die Brücke zu Völkermord, bsp den Holocaust zu ziehen, ist, sagen wir es freundlich intellektuell sportlich und moralisch ziemlich heikel – um nicht zu sagen fragwürdig – um nicht zu sagen völlig plemplem. Vor allem aber insinuieren Sie mit dem Satz der ärmeren Menschen, das sei die zu vernichtenden Gruppe, die Trump wissentlich ausrotten mag. Dann müsste Trump das Virus ja wissentlich unter die Leute gebracht haben. Das halte ich doch für arg verschwörungstheoretisch. Und den Unterschied zwischen implizit und explizit, zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit muss ich Ihnen, liebe Frau Navidi, Sie als Volljuristin nicht erklären.


Würden Sie im Umkehrschluss auch Herrn Macron so wie Herrn Renzi Völkermordabsichten unterstellen, denn die Mortalitätsrate was Covid-19 oft Länder ist höher als in den USA? Oder geht es in Wahrheit eher um die Antipathie gegenüber Trump, für die es fürwahr mannigfaltige Gründe gibt?


Ich finde es äußerst geschmacklos, dass echte Völkermorde, also das systematische Ausrotten ethnischer Gruppen ständig missbraucht werden, damit sich irgendwelche geltungssüchtigen Randfichten im Fernsehen profilieren können. Wie erklären Sie Opfer von Völkermorden dies?


Beste Grüße, Julian Marius Plutz

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Per Knopfdruck Arbeitslosigkeit: Hubertus Heil und sein Kampf gegen die Zeitarbeit

Als ich das letzte mal einen Beitrag auf der Achse des Guten verfasste, hätte ich mir nicht träumen lassen, mit welchen Widrigkeiten wir es bald zu tun haben werden. Ihnen wird es nicht anders gegangen sein. Nur kurze Zeit später gingen im Lande die Lichter aus. Ein Shutdown wurde beschlossen aufgrund eines Virus, Corona sein Name.

Mein Arbeitsalltag hatte sich seit dem dramatisch verändert. Um uns herum gingen die meisten Niederlassungen, ich arbeite für einen Personaldienstleister, in die Kurzarbeit. Ein Standort verlor über Nacht de facto all seine 300 Mitarbeiter. Ich hatte Glück. Denn unser Schwerpunkt liegt in der Lebensmittelherstellung. Plötzlich war mir bewusst: Wir sind in Zeiten der Pandemie Grundversorger. Und da die Saison für einen wichtigen Kunden in der Fleisch- und Wurstherstellung gerade begann, waren wir zum rekrutieren und einstellen verdammt. Ämter machten uns einen Strich durch die Rechnungen. Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz konnten Mitarbeiter nicht mehr in den Gesundheitsämtern bekommen. Allgemein waren alle Ämter geschlossen und Ansprechpartner nicht erreichbar, was insofern problematisch war, wenn es um Arbeitserlaubnisse von Flüchtlingen ging.

Aber all das haben wir im Laufe des Märzes hinbekommen, was mich nicht ohne Stolz erfüllt. Es waren die härtesten, aber auch spannendsten Zeiten meines Arbeitslebens, die ich niemals missen möchte. Die meiste Zeit kämpften wir gegen den Staat und Bürokratien, als gegen ein vermeintlich tödliches Virus. In meinem Artikel vom Februar merkte ich bereits an, dass meine Branche von Teilen der Gesellschaft, aber vor allem von der beinahe gesamten Politik keine Anerkennung bekommt. Die vielen positiven Kommentare auf Achgut haben mir gezeigt, dass es auch anders geht. Nur einen Tag, denke ich mir, nur einen Tag sollte Arbeitsminister Hubertus Heil mit uns mitlaufen, um zu sehen, was hier vor Ort, „an der Front“, geleistet wird und welchen Wert unsere Arbeit hat.

„Werkvertrag ist nicht gleich Zeitarbeit, Herr Heil!“

Aber es ist ihm nicht nur egal, er spuckt geradezu auf uns und auf die vielen Mitarbeiter. Am 20. Mai beschloss das Kabinett das Verbot von Werkverträgen und Zeitarbeit in der Fleischindustrie, sehen Sie hier. Gerade zu lachhaft euphemistisch klingt das Gesetzesvorhaben: „Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft“. Heil reagiert damit auf die Zustände in vielen Schlachtbetrieben, die schlicht unter aller Sau waren und sind. Kein Arbeitgeber mit dem Herz am rechten Fleck und dem Gedanken nachhaltiger Profitabsicht, die langfristig durch solche Praktiken zerstört wird, kann dies wollen. Aber deswegen Werkverträge und Zeitarbeit per se in Fleischunternehmen zu verbieten, ist der falsche Weg und zeigt den massiven Realitätsverlust des Arbeitsministers.

Zunächst handelt es sich um einen Logikfehler: Wenn einige Schlachtbetriebe Schindluder treiben, warum müssen dann die Handwerksunternehmen der Lebensmittelherstellung unter einer Gesetzesverschärfung leiden? Das sind völlig unterschiedliche Betriebsarten und Geschäftszweige! Das ist so, als würde die Politik die Pizzeria in München dicht machen, weil der Auslieferfahrer in Würzburg besoffen ausliefert. Völlig absurd! Und überhaupt ist diese Art von Sippenhaft und Kollektivstrafe moralisch fragwürdig. Oder sollte man die Politik verbieten, weil es intrigante Politiker gibt? Das wäre ungünstig für Heils SPD, die wenigstens in den Spitzenriegen aus vornehmlich rotlackierten Messerfrauen und -Männern besteht, die das „S“ ihrer Partei mit allem füllen, was jenseits Menschlichkeit und sozialem Miteinander steht, wenn mal wieder ein Topfunktionär aus dem Weg geräumt werden soll.

Zum anderen ist es absurd, Werkverträge und Zeitarbeit in einen Topf zu werfen. Wir hier vor Ort arbeiten gar nicht mit Werkverträgen. Der Unterschied besteht in der Auslegung der Arbeitsart. Im Werkvertrag gibt es ein „Werk“, eine bestimmte Sache oder Dienstleistung, an denen die Arbeit geknüpft ist. Ein Unternehmen hat beispielsweise die IT- Abteilung in eine andere Firma ausgelagert. Deren Werk liegt darin, die Server zu warten oder einen neuen Arbeitsplatz einzurichten. Die Übernahme von eigenständigen und abgeschlossenen Aufgaben werden hier in toto übernommen

In der Arbeitnehmerüberlassung (=Zeitarbeit) ist der überlassene Mitarbeiter in die Organisation des Kundenunternehmens implementiert, das heißt, der Zeitarbeiter arbeitet neben dem Stammpersonal. Nicht selten war der eigene Mitarbeiter des Kundenunternehmens auch einmal bei uns beschäftigt. Der Personaldienstleister gibt in der Arbeitnehmerüberlassung das Weisungsrecht de facto, aber auch de jure an das Kundenunternehmen ab. Logisch; wir sind ja nicht vor Ort und sagen dem Mitarbeiter, an welcher Maschine er heute steht. In einem Werkvertrag behält der Dienstleister das Weisungsrecht im Rahmen des Projektmanagements bei sich.

Aber das sind für Hubertus Heil Spritzfindigkeiten. Ich bezweifle, dass er den Unterschied überhaupt kennt, geschweige denn ihn dieser interessiert. Er will ein Zeichen setzen gegen zwei Branchen, die ihm im Grunde ein Dorn im Auge sind. Zeitarbeit und Fleischindustrie. Er spricht vom System der „Sub-Sub-Sub-Sub-Unternehmen“, das zweifellos existiert, keine Frage, aber in der gesamte Branche einen Bruchteil ausmacht, weswegen er eine ganze Branche, genauer gesagt zwei Branchen, schreddern will. Zwei Branchen, die seinen Haushalt klein halten, weil viele Mitarbeiter ansonsten Arbeitslosengeld 2 erhalten würden, da sie aufgrund mangelnder Qualifikation und Sprachkenntnissen keiner einstellen würde.

Per Knopfdruck beschlossene Arbeitslosigkeit

Liberalismus heißt, nicht Gott spielen zu wollen. Und genau das tut der Arbeitsminister und das Kabinett. Wenn dieses Gesetz durch alle Instanzen geht, bedeutet das das womöglich das Ende meiner Niederlassung. Ganz sicher aber heißt es, dass wir die Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Unqualifizierte Helfer, in der Regel Ausländer, nicht selten Flüchtlinge. Eben noch im Kalkül der Linksbesaiteten zum schützenswerten Kuschelmenschen degradiert, sind sie nun das Bauernopfer in einem in sich perversen Politikerspiel ohne Moral und Haltung. Während wir jeden einzelnen Mitarbeiter wertschätzen, ihnen das Gefühl geben, dass sie gebraucht werden (und nicht nur das Gefühl. Sie sind unschätzbar wichtig und werden gebraucht!) sind sie für Heil und Co Mittel zum Zweck in einem moralinverbitterten Wettbewerb.

Zum Beginn der größten Wirtschaftskrise seit 1945 kommt aus dem Arbeitsministerium ein ganz besonderes Geschenk:Per Knopfdruck beschlossene Arbeitslosigkeit. Hubertus Heil wird die Krise nicht treffen. Er ist finanziell wohl gepampert. Aber seine Wähler, falls noch welche übrig bleiben, werden die Rezession mit voller Wucht spüren. Sie werden sich an Hubertus Heil erinnern und eine im Kern entkernte Sozialdemokratie, die gern über ihre Erfolge spricht, vorausgesetzt sie hängen nicht mit dem Namen Gerd Schröder zusammen. Der Kanzler, der die Arbeitnehmerüberlassung möglich machte und damit Millionen Menschen, hoch zufriedene Beschäftigte und Ex-Mitarbeiter, die uns stetig weiterempfehlen, in Arbeit und Würde brachte.

 

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Jebsen, Naidoo, Hildmann oder: Das Triumvirat der Hirnverbrannten

Es muss hart sein, das Leben als neuer Rechter, die im übrigen meist eher ältere Herrschaften sind. Aber das nur am Rande der Physik. Hart muss  es sein, so zu sein. Ja. Stellen Sie sich vor, sie müssen den schlechtesten Journalisten der Welt ertragen, während Sie Baklava-klebrige Schmalzmusik hören und irgendeine vegane Pampe in sich hineinstopfen. Ein Albtraum, der die Tage Realität wird. Das Triumvirat der Hirnverbrannten hört auf die Namen Ken Jebsen, Xavier Naidoo und Attila Hildmann.
Die Jungs haben mindestens eine Sache, neben der Perversion ihrer Profession, gemein. Sie erzählen die Geschichte der Verschwörung um Corona. „Neue Weltordnung“, „totale Kontrolle“ und irgendetwas über Bill Gates. Ich möchte diesen schwer debilen Mist nicht wiederholen, wirklich nicht.

2011 erlangte der damalige RBB Moderator Ken Jebsen Bekanntheit, als er in seinem Hörfunktprogramm cruden Antisemitismus von sich gab und anschließend nach langem Zaudern vom Berliner ÖR-Sender gefeuert wurde. Es war Henyrk Broder und der Achse des Guten zu verdanken, dass die Geschichte aufgedeckt wurde. Lesen Sie Kens Mail, dann wissen Sie, was ich meine. Und so ist es auch keine Überraschung, dass Jebsen zu Gast beim – wie sagt man es konformistisch? -„israelkritischen“ Youtuber Thilo Jung war, wo er wiederum gar nicht kritisch befragt wurde und ausführlich zu Wort kam. Jebsen ist eigentlich kein typischer neuer Rechter, er ist auf seine Weise ein grenzdebiler Grenzgänger in den Extremen, der Anhänger bei Linken hat, aber auch bei Rechten oder bis dato „mittigen“ Menschen. Das ist nicht neu.

Daniele Ganser verdient so sein Geld, Uwe Steimle genießt diese Gesinnungsmelange, die Redaktion von „Neues aus der Anstalt“ mindestens dann, wenn sie mal wieder über den Einfluss der Mont Pelerin Society auf die Welt sinniert; freilich ganz künstlerisch. Es ist ja kein Wunder: Gegen USA und Israel zu sein, die ganz großen Zusammenhänge zwischen Elite, Kapital und Politik zu spinnen, ist so genuin links, wie es genuin rechts ist. Brothers from another mother oder, um die Stealers Wheels zu zitieren, „Clowns to the left, jokers to the right“.

So eignen sich die Wahnsinnsmaßnahmen in Coronazeiten ganz vorzüglich, um sich in Stellung zu bringen. Xavier Naidoo gibt es ganz offen zu, dass er die Zeit und seine Popularität dafür nutzt, „die Wahrheit“ auszusprechen. Der Sänger, der vor 20 Jahren noch völlig zu Recht Held der HipHop Szene war, als er mit „Letzte Warnung“ den Anschlag auf den schwarzen Adriano musikalisch verurteilte und zum intellektuellen Gegenschlag aufrief, hat sich von den Werten der Studentenrapper, zu denen er nie wirklich gehören wollte, emanzipiert. Das antikapitalistische, antiamerikanische ist geblieben und deckt sich mit dem heutigen Kurs des Mannheimers, garniert mit seinem Reichsbürgerkram, wo man eigentlich nur noch lachen kann, wäre es nicht so ernst.

Und da ist da noch Attila Hildmann. So wenig, wie sein Vor- zu seinem Nachnamen passt, so sehr ging mir dieser Naziveganer schon immer auf die Nerven. Wo Adolf noch halbherzig Vegetarier war, geht der Koch den konsequenten Weg. Er schafft als vertriebliches Naturtalent seine Geschichte mit seinem Veganismus und seinen Kochbüchern, zu verkaufen. Nun ist er der dritte im Bunde, auch wenn er schon mal formvollendet an einer Demonstration widerlegt wurde.

Es ist einerseits beruhigend und andererseits beängstigend, dass so viele, immerhin Tausende auf den Straßen und zehntausende im Netz, diesen drei Leuchten folgen. Beruhigend, weil sie eben nur Leuchten sind. Sie haben kein Amt, keine große Strahlkraft, sie sind wenig intelligent und politisch nicht vernetzt. Vor denen braucht man sich nicht zu fürchten (Ausnahme: Naidoos Musik). Beängstigend erscheint es mir aber, weil sie eben nur Leuchten sind. Denn stellen Sie sich vor, es kommt einer mit Strahlraft, mit Intelligenz und Vernetzung? Ich möcht‘ es mir lieber nicht ausmalen.

Es gibt aber auch noch gute Nachrichten aus dem Reich der Verschwörer. Andreas Kalbitz, der die Aura eines alkoholisierten Dynamo Dresden Fans versprüht, ist aus der AfD ausgeschlossen worden. Es ist nach Poggenburg, Sayn-Wittgenstein und Gedeon der vierte prominente, glasklare Rechtsextreme, der aus der Partei geworfen wird. Alle sind übrigens auch veritable Weltverschwörer, wo wir wieder bei unserem Gaga-Trio sind. Doch im Gegensatz zu Naidoo, Jebsen und Hildmann hatten die Politiker wirklich Einfluss, der nun gekappt wurde. Gedeon ist heute bedeutungslos, Poggenburg trollt ein wenig durch Twitter, das wars dann auch Und Frau Wittgenstein wurde nie mehr gesehen. Wie es sich mit Pitbull – Kalbitz verhält, bleibt abzuwarten.

Es bleibt die Antwort auf die Frage, warum so viele relativ vernünftige Menschen diesen wirren Theorien hinterherlaufen. Ich glaube, dass es die eine, finale Antwort nicht gibt. Für mich bleibt es bis heute ein mittleres Rätsel, warum Menschen ohne Not Halt in Religionen suchen. „Ohne Not“ meine ich hier ganz wörtlich. Mit dem Revolver an der Schläfe würde ich jeden Mist glauben, in der Hoffnung, gerettet zu werden. Aber Menschen mit geklärten Leben, Haus und Job und Geld? Genau diese Menschen oder besser, auch Leute dieser Art von Menschsein glauben nun, dass Bill Gates mit der Windows 2000 Version die Menschen manipuliert hat. „Sie nutzen doch auch Outlook? Excel und Word? Aha. Merken Sie was?“
Ich merke, dass mir Excel tierisch auf die Nerven geht. Das war’s dann aber auch. Mir scheint es, sagen Sie mir wenn ich mich täusche, es handle sich um den gleichen Schlag Mensch, der zu Globuli greift oder zum Schüssler Salz Nummer 7 gegen Gicht. (Natürlich ist nicht jeder so) Menschen, bei denen die Rationalitätstoleranz recht nedrig angesetzt ist und Emotionen im Zweifel den Verstand ablösen. Das klingt wertender, als es gemeint ist. Mein Verstand setzt regelmäßig bei der Serie  „In aller Freundschaft“ aus, die objektiv nicht schlecht ist, objektiv gute Schauspieler im Cast hat, aber objektiv echt mittelmäßige Storys bietet. Der Mensch ist eben keine Maschine und das Herz ist lediglich anatomisch betrachtet ein Muskel. Gälte diese absolute Rationalität, würden wir unter dem musikalischen Niveau von Gustav Mahler gar keine Musik mehr hören wollen.

Xaviers Plörrenmusik, die sich anhört, wie ein warmes Paderborner-Bier schmeckt, wäre da längst raus. Und auch seine unterkomplexen Thesen muss man sich nicht anhören. Geschweige denn mit ihm, oder mit Jebsen oder Hildmann reden. Was ist das eigentlich für eine unsinnige Floskel, man müsse immer mit allen Menschen reden? Was soll ich mit Rechtsextremisten über Ausländer sprechen? Um herauszufinden, dass er etwas gegen Ausländer haben? Wow. Welchen Sinn ergibt das Gespräch mit Islamisten über Homosexialität? Er mag mich also nicht, ach Herr je, echt?  Oder wozu macht ein Plausch mit Linksextremisten Sinn, über ihr Verhältnis zu Israel? Oh,, sie sind also Antizionisten, also Antisemiten. Quelle surprise! Mit Extremisten muss ich gar nicht reden, muss niemand reden. Zumindest nicht über ihre extremen Themen.

Und das Triumvirat der Hirnverbrannten ist längst im Extremismus angekommen, falls sie jemals woanders waren.

 

 

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Julians Coronatagebuch – Folge 15 – Über CDU Öl, Servicekatastrophen und ein bisschen über die Bundesliga

Deutschland ist ja bekannt für seine fulminante Servicekultur.

Ok, #Ironieoff. Noch einmal.

Deutschland ist ja bekannt für seine abgefuckte Servicewüste. Besser.

Wenn ein durchschnittlicher Ami einen teutschen Laden betritt und an der Kasse im Stakato-Aldi Tempo abgefertigt wird, als sei er auf der Flucht vor enem kannibalischen Pygmäenstamm, kriegt der gemeine Zupfer schon mal einen nervous breakdown. Das ist er nicht gewohnt und ganz ehrlich, ganz unrecht hat er nicht. Welche Bratzen, ob in der Bahn, in der Gastronomie oder im Supermarkt ihrer üblen Laune frönen, ist schon beachtlich. Frei nach dem Motto „Boah echt? Ein Kunde? Gehts noch?“

So geschehen auch zur letzten Nacht. Der Hunger kam über uns, also bestellten wir bei Lieferando. Gut, es war Mitternacht und man kann sich vorstellen, welche Qualitätsbuden es um die Zeit noch nötig haben, auszuliefern. Aber egal, das war nicht das erste mal, also bestellten wir bei dem einen eben. Ja.

Wie es so ist um 12, man ist müd‘. Wir schliefen ein und wurden nach mehrfachem Klingeln geweckt. Ich schlappte hundemüde ins Freie und der übel launige Fahrer begrüßte mich schon von weiten mit den Worten „immer Probleme mit dir!“. Jaja, diese Kunden. Nur Stress mit denen. Hätt‘ ich mal woanders bestellt.

Gut, das letzte mal hat Lieferando eine abweichende Anschrift aus den GPS Daten gezogen und der gleiche Fahrer stand verdutzt und 200 Meter weiter an einem Personaleingang der S-Bahnstation. Da wohnt wohl keiner. Und dieses mal sind wir eben eingeschlafen und der Fahrer musste ganze 5 Minuten warten. „Immer Probleme mit dir!“. Und so sagte er auch nicht danke, als ich ihm ganze drei Euro Trinkgeld gab.

Service und Deutschland sind wie die Königskinder, die nie zusammen kommen. Zum Essen muss ich sagen: Jo. War nicht gut. Das ist auch das Geschäftsmodell der Bude, auf keinen Fall zu gutes Essen zu servieren. Das würde ja das Image zerstören. In anderen Ländern würde dort niemand mehr freiwillig bestellen. Wir dagegen sind Stammkunden. Läuft.

Laufen „tun“ auch die Bundesligaprofis wieder. Und ich find‘ es gut. Ne, echt! Viele sind skeptisch. Die einen wegen der Sicherheit, die anderen, weil bei Geisterspielen der Flair verloren ist. Nun, beides hat etwas für sich. Beim ersten bleibt mir zu vertrauen, dass das sonst sehr restriktive Vorgehen von Bayern die Situation gut einschätzen kann.

Zum Thema „Spiele ohne Publikum“. Nun, das ist natürlich weder optimal, noch wünschenswert. Aber besser, als nix. Man darf nicht vergessen: Die Vereine sind auch Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, die Steuern zahlen und Sozialabgaben. Man kann dieses System nicht über Monate lahm legen und denken, mit noch mehr gedrucktem Geld könne man die Probleme lösen. Das ist eine Illusion. Irgendwann wird der Wirt kommen mit der Rechnung und dann hilft auch kein Helikoptergeld, deficit spending und sonstige vulgär-keynsianische Maßnahmen, die noch nie halfen und niemals helfen werden.

In Franken gibt es drei Profifußballvereine. Nürnberg und Fürth spielen in der zweiten Liga, Würzburg in der dritten Liga. Von Mondgehälter wie bei den Bayern sind die Vereine weit entfernt. Alle drei sind für die Region wichtige Arbeitgeber. Ein gegeneinander ausspielen (Gastro vs Fußball vs Kita) ist sinnlos und schafft lediglich Neiddebatten, die im übrigen, neben der Servicephobie, auch etwas arg Deutsches ist.

Dann schrieb mich ein Freund an, er sei ja so begeistert vom CDU Öl. Ahja, ok? Na gut, CDU Öl. Warum nicht? Öl aus Helmut Kohl.

Er meinte natürlich CBD Öl. Sie wissen schon, diese legalen THC-haltigen Tropfen, die sich neuerdings die Mittelschicht hinter die Binde klemmt. I‘ kann da nicht mitreden, aber bei Amazon überschlagen sich die begeisterten Anwender. „Entspannung pur nach einem langen Arbeitstag“, „Ein Öl, wie es nicht besser sein könnte. Nach der Einnahme fühle ich mich deutlich wohler.“ sind nur zwei Stimmen von vielen.  Und dann habe ich nachgedacht. Das wäre doch etwas für meine Arbeit.

Nicht nur für mich, das eh, aber auch für meine Mitarbeiter. Neben dem Desinfektionsmittel am Eingang könnte ich, pro forma, auch die CBD Tropfen hinstellen. Oder bei Bedarf. Mitarbeitergespräch, Kündigungsgespräch, Abmahnung, Kurzarbeit. „Ohje, der Plutz kommt wieder mit seinen Tropfen“ heißt es da. Aber man kann auch positive Gespräche mit dem Öl garnieren. Neuer Vertrag? „Nehmen Sie doch fünf Tropfen für unter die Zunge“. Gehaltserhöhung? „Ich mach‘ Ihnen einen Tee mit CBD!“. Das würde die Mitarbeiter nicht nur beamen, sondern auch binden. An das Unternehmen.

Ich wünsche euch und Ihnen eine angenehme Zeit. Und immer dran denken: Wer am Service spart, spart am Umsatz. Außer man ist in Deutschland. Da lässt man sich sogar von schlecht gelaunten Lieferfahrern beschimpfen, die schlechtes Essen bringen.

 

 

 

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Propaganda Lernen mit dem ZDF – Die Serie „Deutscher“ im Neomarius-Schredder

Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk mal wieder Moralfernsehen vorgibt, überlassen die Redakteure und Produzenten nichts dem Zufall. „Gut“ und „Böse“ sind da fein strukturiert und die üblichen und natürlichen Nuancen, die gerade politische Sendungen doch ausmachen, sind in dem Fehl fehl am Platz. Das würde ja den Erziehungsauftrag gefährden. Das deutsche Kind war so ein Film, den ich vor einiger Zeit und völlig zu Recht in den Schredder steckte. Just in den Tagen stieß ich auf die Serie Deutscher. Ich muss sagen, einen solch schwarz-weiß verblödeten Hirnfick habe ich lange nicht gesehen. Doch „first things first“ wie der gepflegte Brite es zu formulieren weiß.

Sie fragen sich vielleicht, warum ich die Serie, die ich offenkundig nicht leiden kann, trotzdem schaue. Die Antwort ist simpel. Weil sie sehr gut inszeniert ist, hochglanz und so, und sie mich unterhält. Im Ernst! Ich musste mehrfach laut lachen, weil so groteske Szenen dabei sind, die in 100 Jahren nicht im Alltag passieren würden, aber dennoch gedreht werden, da sie gezeigt werden müssen. Weil sie das Klischee verwahrheiten. Weil sie das Volk in Stellung bringen, was das Volk denn gefälligst zu denken hat.

Worum geht es in „Deutscher“? In aller Kürze: In Berlin gewinnt eine „rechtspopulistische“ Partei die absolute Mehrheit. Die Serie dreht sich um zwei Familien, Nachbarn, Kinder um die 16 , die befreundet sind. Die einen sind die Guten, die haben die Rechtspopulisten nicht gewählt und sind intellektuell. Die anderen sind, oh wunder, die Bösen. Der Mann im Haus ist Handwerker.  Bei seiner Frau ist – Stand Episode 1 – ist es noch unklar, was sie gewählt hat, aber das ist ja auch egal. Sippenhaft is a must! Genauso wie das Kind, das zwar gar nicht wählen kann, aber dennoch eine gewisse Schuld trägt. Mit gehangen, mitgefangen. Alle in einen Sack und Knüppel drauf, man trifft immer den richtigen. Die Bösen grillen übrigens ständig, was ein klarer Hinweis auf Nazigedankengut ist. Logisch. Die anderen, die Bioguten, essen bio (kein Witz). So stellt sich das ZDF also die Deutschen vor.

Wenn der Wahnsinn cineastisch wird, dann findet man ihn in den Öffentlichen. Und so ist auch der Titel der Serie „Deutscher“ kein Zufall. Deutscher! Haben Sie das Wort auch gerade mit Hitler-Akzent im Ohr? Deutsch, so denkt es in den Machern, ist schon unangenehm genug. Aber Deutscher! Also noch mehr Deutsch! Das geht mal gar nicht. Und ist ganz klar rechts. Rechter!

In der ersten Folge gewinnen also die Rechtspopulisten die Wahl.  Zwar weiß keiner so genau, was mit „Rechtspopulisten“ gemeint ist, außer, dass es irgendwie schlecht ist. Und die Vorstufe von Neonazis. Also fast Hitler. Die sind nun in Berlin an der Macht und der Handwerker, Sie werden es nicht glauben, ist entgegen der Gewohnheit nach dem Saunagang NICHT hundemüde, sondern bereit für den Geschlechtsakt. Zur Feier des Tages. Der dickliche, etwas doofe Naziwähler kriegt endlich wieder einen hoch, da der Führer den Reichstag betritt. Ja, diese Szene ist echt gedreht und gesendet worden.

Kleine Zwischenbemerkung: In Berlin wird in den nächsten Jahrhunderten nichts mehr an die Macht kommen, was jenseits der SPD ist. Berlin ist so links, wie ein Kommentar von Jakob Augstein. Berlin ist immerlinks, wie immergrün die Tanne ist. Allein diesen Punkt vergessen die Macher, oder sie ignorieren ihn, geht es doch ums große Ganze.

In die Apotheke um die Ecke, in der natürlich der perfekt angepasste Deutschtürke ohne Akzent arbeitet, kommt als Kundschaft die überaus garstige Nazitante in den Laden und kauft ihre Hämorrhoidensalbe. Nicht, ohne das Wahlergebnis zu feiern und den Mitarbeiter sein Deutschsein abzusprechen. Wir sind bei Minuten 10:55 und es sind bereits mehr Stereotype verbraten worden, als bei einem NPD Parteitag.

Minute 11:00. Ein Schüler bricht zusammen, der Vater der intellektuellen Gutnachbarn ist völlig überraschend von Beruf Lehrer. Laut einem anderem Schüler kommt der Hinweis, der Kollabierte Drogen genommen. Der heran eilende Schüler sagt dann auch noch, nachdem er die Nachricht dem Lehrer mitteilte: „Daran sind die Kanacken schuld, die verticken immer scheiß Zeug.“ Ok. Ich muss durchatmen und nachschenken. Wenn der Plot dieses Tempo an Stereotypen einhält, dann wird in Minute 25:00 Buchenwald eröffnet, ich schwör‘. Davon abgesehen wäre das Wort „Kanacke“, wenn ich Lehrer wäre, ein Verweis wert. Aber das nur am Rande.
Minute 12:00. Nazijungs pöbeln beim ausländisch anmutenden Imbiss. Der Druckt steigt.

Doch dann nimmt die Story noch mehr Fahrt auf. Der Sohn der Gutmenschen ist erkennbar von den Nachbarn, also von den Wutbürgern kontaminiert. Denn er spricht im pädagogisch überaus wertvollem, wenn auch kurzen Gespräch mit dem Lehrkrörpervater von „Kanacken“, die dealen und seinen besten Freund, der Sohn vom Nazihandwerker, „abfucken.“, also mobben. Sodann verschwindet er wütend aufs Zimmer. Die Eltern verstehen es nicht, warum der Junge so redet. „Er meint es nicht so“ erwidert die Mutter.

Die Nazifamilie hat wenigstens Humor. „Zusammen sind wir stärker als die Knallköppe von der Pampa“ sagt er aufbauend zu seinem Sohn, der von den Mobbingerfahrungen erzählt. Das ist der erste Satz, der auch von echten Menschen hätte kommen können. Immerhin.

Minute 15:00. Verliebte Teenies können sich nicht treffen, weil die Eltern aufgrund der Wahl ihren Kindern verboten haben, Abends auf die Straße zu gehen. Diese Rechtspopulisten aber auch, jetzt entführen sie schon biodeutsche Kinder. Zum ersten mal denke ich an den Abend an Corona.

Minute 21:00, ich hab‘ Kopfschmerzen. Der Apothekenmitarbeiter, der von der Nazioma doof angemacht wurde, objektiv ist er nicht biodeutsch, fährt bei einer Ampel auf ein stehendes Fahrzeug. Fernab der Unlogik, da die Ampel von rot auf grün geht und das Auto davor nicht losfährt, jedoch das vom Apotheker, OHNE, dass er nach vorne gesehen hätte, um zu merken, dass grün ist und ein Auto steht, passiert das, was passieren sollte: Ein Aufprall. Die Story muss ja weiter gehen. Aus dem Unfallauto steigen drei junge Herrschaften aus, die sofort einen rassistischen Spruch auf den Lippen haben, als sie merkten, wer da am Steuer saß. Die drei Nazis sagen zwei Nazisprüche und der „Ausländer“, doof wie er ist, lässt sich provozieren und geht in einen Kampf. Drei gegen einen. Jemanden, der mindestens eine Ausbildung gemacht hat, womöglich sogar studiert, also nicht ganz zapfendoof ist, so ein scheiß blödes Verhalten zu unterstellen, grenzt an Rassismus. Jaja. Der Türke ist aber auch so emotional. Unfassbar.

Die Serie ist jetzt schon, 25:00 Minuten geschaut, kaputt. Buchenwald hat entgegen meiner Prognose nicht wieder eröffnet, aber ansonsten läuft alles nach Plan. Was der Serie jetzt fehlt, ist ein wenig Homoerotik. Ja, wirklich. Naja, ich schau‘ mal weiter. Schwanger ist sie, die Gutmutter. Ob sie das Kind behält? Oder fiese Ausländer es ihr wegschwatten? Man weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass die Eltern ihre Kinder wie selbstverständlich in die Schule fahren. Man, das hätte ich auch gern gehabt.

Wichtig ist für die Erzählung, dass auch wirklich jedes Stereotyp sitzt. Die Rechten grillen nicht nur ständig „fettes Zeug“ (Zitat: Biolehrerpapa), sie haben auch den Drang, ins Fitnessstudio zu gehen, um Muskeln aufzubauen. Ein gewisser Olaf, offenkundig super rechts und super reich, er fährt einen Porsche Cayenne, hat einen Fittnessraum finanziert, wo der Junge aus der Nazifamilie nun hingehen will. Schwer verdächtig.

Das Ende der Episode MUSSTE dramatisch sein. Klar. Im hoch heiligen Gesang einer Hintergrundmelodie stürmen die Besitzer des erwähnten Imbisses zum Imbiss, der in Flammen steht. Ja. Das alles, weil die Rechtspopulisten die absolute Mehrheit in der Berliner Parlament gewannen. Sowas passiert von sowas. Hättet ihr mal gescheit gewählt. Dann wäre das Schnellrestaurant noch heile und der nicht biodeutsche Apotheker auch.

Es ist unglaublich, was das ZDF seinen Zuschauern zumutet. Die Episode war nicht lustig, sie war nicht spannend, sie war nicht traurig, wenn man mal die arme Existenz dieser Drecksschreiber abzieht, die so einen Sondermüll aufs Papier bringen. Die Sendung war nicht geistreich, sie war nicht originell. Sie war nicht mal Trash. Sie war gar nix. Das einzige, was die Episode hatte, war eine Agenda. Sie wollte spalten. Ganz bewusst und gnadenlos herzlos einen Strich, ach nein, einen Krater durch die Gesellschaft sägen. Hier, die moralisch Überlegenden, dort, das miese, unerhebliche Wutvolk. Was für ein Ausverkauf von Intellekt, was für eine Beleidigung an Film als kulturelles Gut.
Das hätte auch in eine Lindenstraße-Folge gepasst.

 

 

 

 

 

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Julians Coronatagebuch -Folge 14 – Hannelore…wer? – Und ein bisschen was zum Nachdenken

Früher in der Schule, also kurz nach dem zweiten Weltkrieg war es so: Jeder Schüler brachte nebst Ranzen und (vermeintlicher) Lernlust auch ein Scheit Holz mit in die Lehranstalt. Damit geheizt werden konnte, logisch. „Bring your own device“, naja, so in etwa. Wo wir doch schwupp-di-wupp im Diesseits sind. Ja! Das wäre doch DIE Lösung zum Thema fehlender Seife etc… Es bringt einfach jeder selber mit. Und wenn er schon dabei ist, warum nicht Toilettenpapier, Handtuch, Wasser, Klo, Stuhl… Da ergeben sich Möglichkeiten des Sparens.Herrgot Margot!

Beim Elektrolehrer haben die Schüler diese Probleme, pardon, diese Herausforderungen nicht. Sitzt ja jeder daheim und frönt dem wenig trauten Telelernen. Ich hatte letzte Woche ebenfalls Schulung. Natürlich durch dieses Internet. Laut unserer IT Abteilung ist dieses Streamen „Neuland“, (ja, das Wort ist gefallen) und man ist sich gerade erst am „Reinfuchsen“. Versteh ich. Ich wusste bis voriger Woche auch nicht, dass man Unterhaltungen live über diesen, wie heißt das… aja, Bildschirm, auch machen kann. Ja, ja, die Welt ist ein Karussell.

Das passiert, wenn in der IT Abteilungen wackere, wenn auch eher ältere Herrschaften sitzen und sich mit Outlook auskennen, dass es nur so kracht und heute noch von Windows 95 schwärmen. Aber so dieses Neuland, also dieses Digidale, wie mir in Frangen sagn, ist dann doch eher komplizierter. Ich entschuldige mich, falls ich jemanden zu nahe getreten bin. Ihr wisst ja, wo ihr mich findet. Zur Wahrheit gehört auch, dass viele sehr gute Beiträge dabei waren. Es ist eben schwierig, wenn man Präsenz gewohnt ist von jetzt auf gleich auf Online umzustellen. Ich mache da niemanden einen Vorwurf. Ok, klang anders. Sorrrryyyyii.

Etwas anderes: Am 29.4. läuft im ZDF „Die letzte Königin“, der letzte Film, der von mir sehr geschätzten Hannelore Elsner. Ich habe diesen Film einige Tage zuvor in der Mediathek geschaut. Es war spät und wie es so ist, wenn der Abend sich nach einem Arbeitstag ausbreitet, werden im Herbst des Tages die Augen müde, als wäre schon Winter und Schnee läge auf den Lidern. Doch bevor ich endgültig die Ausfahrt „Lummerland“ nahm, sah ich, wie Elsner eine Mutter spielt, die mit ihrer schweren Erkrankung zu kämpfen hat.

So weit, so verständlich. Doch als ich wieder aufwachte, stutzte ich. Plötzlich spielte nicht mehr Hannelore Elsner die Hauptrolle, sondern Hannelore Hoger! Und etwas später Iris Berben und noch dann noch eine andere Darstellerin. Ich war völlig verwirrt und schlief dann endgültig ein. Dachte noch im Schlaf „Ist halt Kunst, die ich mal wieder nicht verstehe.“ Heute erzählt mir mein Vadda, er freue sich bereits auf den Film „Die letzte Königin“. Ich harkte nach und verriet ihm, wie ich den Film bereits „gesehen“ hatte. Er lachte und erklärte mir den Hintergrund.

Während der Dreharbeiten verstarb Hannelore Elsner. Doch die Produzenten wollten den Film nicht einfach ad acta legen, also engagierten sie befreundete Schauspielerinnen, die den Film im Sinne der Handlung weiterspielen sollten. Gesagt, gedreht. Puh. Ich hab‘ natürlich gar nix verstanden und auch wenigstens die Hälfte verschlafen. Naja, Augen auf beim Filmschauen heißt es da und das ist in dem Fall wörtlich gemeint.

Ich wünsche Ihnen, wünsche euch, gediegene Tage. Der Lockdown wird zur Zumutung. Und ich bin noch jemand, der gerne alleine ist. Ich mag’s. Aber ich würde es mir gerne aussuchen, ob und wann. Ich habe viel zu wenig Einblick in dieses Coronading, woher auch. Mir bleibt nichts übrig, den Maßnahmen der Politik zu vertrauen. Ein Blitzstudium in Virologie wird spätestens daran scheitern, dass die Unis zu haben. Ne, im ernst. Ich probiere es erst gar nicht, mich in die Materie, mehr als der Hausgebrauch erfordert, einzulesen. Ich kann kaum die vielen zitierten Studien über den Virus, die bereits von Journalisten rezipiert wurden, beurteilen. Für das Lesen der Ausführungen fehlt mir die Zeit und die Kompetenz. Was passiert, wenn der eine oder andere Journalist Studien für sein Blatt interpretiert, erfahre ich seit Jahren in der Unstatistik des Monats.

Ich habe geschrieben, dass ich gerne allein bin. Das stimmt. Aber alte Menschen, sehr kranke Menschen, die womöglich kurz vor dem Tode stehen, werden das anders sehen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde zu meinen Liebsten trotz Kontaktverbot fahren, wenn die letzten Stunden ihres Lebens drohen. Und wenn es ein Krankenhaus ist oder ein Altenheim ist, auch.

Oder wie die Thea Dorn in der Zeit Anfang des Aprils geschrieben hat: Es gibt Schlimmeres, als den Tod. Den elenden Tod.